Dienstag , 19 März 2024
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Eine Nation von „Geisteskranken“

irrenhaus_goyaWas für Schlüsse lassen sich daraus ziehen, wenn eine umfassende Studie erklärt, dass jeder fünfte Erwachsene innerhalb eines Jahres von psychischen Störungen betroffen ist? Das vorliegende, von Mail-Online veröffentlichte, detaillierte Ergebnis setzt sich zwar mit der Situation in den Vereinigten Staaten auseinander, doch soll die Zahl der behandlungsdürftigen psychischen Störungen auch in Deutschland bei acht Millionen liegen. Bringt die Natur einen derart hohen Anteil von Fehlfunktionen des Gehirns hervor oder wird uns glauben gemacht, dass es sich bei Reaktionen auf bestimmte, als normal geltende, Lebensumstände um eine Krankheit handelt?

Den Ausdruck „psychische Störungen”, anstatt „Krankheiten“ zu verwenden, wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagen, um eine Stigmatisierung der Betoffenen zu vermeiden. Wie auch immer es genannt wird, zeigt sich ein behandlungsbedürftiges Abweichen einer Normalfunktion, so wäre in erster Linie das Erforschen der Ursache naheliegend.  Doch kommen wir zuerst zu den angegebenen Zahlen:

Die gestern in Mail-Online veröffentlichte Studie bezieht sich auf das Jahr 2009. Mehr als 45 Millionen Amerikaner, was 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung entspricht, litten unter psychischen Störungen, 11 Millionen davon unter einer ernsten psychischen Krankheit. Am stärksten betroffen zeigt sich mit 30 Prozent Betroffenen die Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen. 23,8 Prozent der Frauen und 15,6 Prozent der Männer über 18 litten – während des Jahres 2009 – unter verschiedenen Formen geistiger Erkrankungen. Ohne auf die Arten psychischer Störungen näher einzugehen, gibt der Artikel nähere Werte über Depressionen an. Unter solchen litten 10 Prozent der Arbeitslosen, 7,5 Prozent der Rentner, 7,3 Prozent der Teilzeit- und 5,4 Prozent der Vollzeitbeschäftigten. Nur 64 Prozent der Fälle von Depressionen seien behandelt worden. Von den 6,1 Millionen Fällen unbehandelter psychischer Störungen, wobei hier wiederum alle eingeschlossen sind, fehlte es 42,5 Prozent an den finanziellen Mitteln, sich einer Behandlung zu unterziehen. (Vielleicht wären sie gar nicht krank, wenn sie genügend Geld hätten, sich einen Psychiater zu leisten?)

Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umstand, dass Erwerbstätige seltener unter Depressionen leiden als Pensionisten. Sollten wir ältere Menschen vielleicht doch länger zur Arbeit zwingen, um ihren psychischen Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen?

Auch wenn die Werte in Deutschland nicht ganz so hoch liegen wie in den USA, halten wir uns trotzdem vor Augen, dass es bei den 18- bis 25-Jährigen nicht weniger als 30 Prozent, also beinahe jeder Dritte, sein sollen, die unter psychischen Erkrankungen leiden. Was lässt sich daraus schließen? Entweder, dass es sich um eine gestörte Reaktion auf eine normale Umwelt oder eine normale Reaktion auf eine gestörte Umwelt handelt!

Mangels fachlicher Grundkenntnisse, unterlasse ich es, mich mit der Analyse von Details auseinander zu setzen. Würde mir gegenüber ein Experte behaupten, dass der einzige Grund, dass in Entwicklungsländern psychische Störungen wesentlich seltener diagnostiziert werden, die mangelnde Bereitwilligkeit sei, sich um Hilfe zu bemühen, könnte ich ihm nichts anderes als die Ansicht des gesunden Menschenverstandes entgegen halten. Und meines Wissens nach, gibt es für die Existenz eines solchen keinen wissenschaftlich fundierten Beweis.

Natürlich gibt es einzelne Studien, die aufzeigen, dass es in den meisten Fällen die Lebensumstände sind, die sogenannte psychische Störungen mit sich bringen. Wenn jemand seinen Job verliert, ihm die Frau wegläuft, der Hausherr mit der Delogierung droht, weil seit zwei Monaten keine Miete mehr bezahlt wurde, dann würde ich – als Laie – es nicht als Krankheit bezeichnen, wenn dieser Mann in Depressionen verfällt. Als Nichtpsychologe würde ich davon ausgehen, dass er keine Psychopille, sondern eine Finanzspritze braucht. Doch, wo sollte die herkommen? Da lässt sich doch leichter von einer heilbaren Krankheit reden, die noch dazu Umsätze bringt. Psychopharmaka werden schließlich nicht verschenkt.

Wenn ein bestimmter Prozentsatz von Rauchern an Lungenkrebs erkrankt, dann zweifelt kein Mensch daran, dass der Konsum von Zigaretten daran schuld trägt, auch wenn es eine ganze Menge von Rauchern gibt, die trotzdem gesund bleiben. Wenn regelmäßige Trinker Probleme mit ihrer Leber bekommen, lassen sich die gleichen Schlüsse ziehen. Wenn Menschen, die beruflichem Stress ausgesetzt sind, zu einem höheren Prozentsatz einem Herzinfarkt erliegen, liegt die Idee, dass bestimmte Arbeitsbedingungen krank machen können, schon nicht mehr so nahe. Und wenn ein wesentlicher Teil unserer Mitmenschen mit den modernen Lebensbedingungen nicht fertig wird, dann lässt sich die Schuld natürlich leicht auf die Betroffenen, auf ihre Gehirnfunktion, auf Krankheitsanfälligkeit schieben. Schließlich gelingt es der Mehrheit – noch – damit umzugehen. Geben wir dem Rest also Medikamente, Psychodrogen, auf dass auch sie weiter funktionieren und ihrer Schuldigkeit als Bestandteil des Humankapitals nachkommen.

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