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21. Dez.2012: Ein neuer Zyklus ohne Coca Cola?

splash cokeDie emotionsgeladene Ankündigung wurde zwar von einem Außenminister geäußert, bezieht sich jedoch bloß auf ein entlegenes Land, Bolivien – und ist nicht einmal endgültig. Trotzdem könnte die radikale Drohung auch anderswo zum Nachdenken anregen. Wie ist es erklärbar, dass ein einziges Getränk, ungeachtet nationaler Präferenzen, überall auf der Welt heimische Hersteller verdrängt? Ist es wirklich der „einzigartige Geschmack“ oder basiert die Leidenschaft für Coca Cola, von dem niemand weiß, was es enthält, auf ausgeklügelter Manipulation?

Einem Artikel im Wallstreet Journal zufolge, gibt es auf der ganzen Welt nur drei Länder, in denen Coca Cola nicht erhältlich ist: Nordkorea, Kuba und Myanmar. Aus Indien wurde das Erfrischungsgetränk aufgrund der Geheimhaltung der Inhaltsstoffe zwar im Jahr 1977 verbannt, 1993 jedoch, gemeinsam mit Pepsi, wieder eingeführt.

choduehuanca davidBei einem spirituellen Fest in den Anden kündigte der bolivianische Außenminister David Choduehuanca, ein Vollblutindio, kürzlich das Ende für das dunkle, zucker- bzw. aspartamhaltige Gebräu an. Um der symbolträchtigen Entscheidung entsprechenden Nachdruck zu verleihen, schlug er den 21. Dezember als Stichtag zur Abschaffung des US-amerikanischen Softdrinks vor. In Anspielung auf den berühmten Maya-Kalender, dessen 5125-Jahre-Zyklus am genannten Tag zu Ende geht, gab er wörtlich von sich: „Es ist das Ende des Hasses, der Beginn der Liebe, es ist das Ende des Kapitalismus und der Beginn des Kommunitarismus.“ Ein heimisches aus Pfirsichen hergestelltes Erfrischungsgetränk namens Mocochinchi solle die entstehende Lücke füllen.

Für die Coca-Cola-Company wären die Umsatzeinbußen gewiss verschmerzbar. Trotzdem passt die Verbannung des weltweit am meisten konsumierten Softdrinks nicht in jenes Weltbild, in dem sich alle Länder unter internationaler Konzernherrschaft zusammenschließen. Da musste rasch etwas unternommen worden. Und so kam es auch gleich zu einer Stellungnahme aus dem bolivianischen Außenministerium, die besagt, das Choduehuancas Worte aus dem Zusammenhang gerissen seien. Bei der Verbannung handle es sich keineswegs um eine beschlossene Sache.

Und natürlich geht es nicht nur um das Glücksgefühl der begeisterten Coca-Cola-Fans. Eine Stellungnahme des Unternehmens verweist sogleich auf die wirtschaftliche Bedeutung des Softdrink-Giganten. Immerhin stünden Tausende von Jobs auf dem Spiel. Dass die Förderung eines nationalen Getränks gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen würde, findet dabei natürlich keine Erwähnung.

Erdacht wurde Coca Cola übrigens keineswegs als „coole“ Erfrischung für jeden Anlass. Es galt als stimulierendes Getränk, das die Nerven belebt und hilft, Müdigkeit und Schwächegefühl zu überwinden. Somit wurde das Patent im Jahre 1888 auch von einem Apothekengroßhändler namens Asa Grigg Candler erworben. Behauptungen, dass es anfangs auch den Extrakt südamerikanischer Cocablätter enthielt, wurden niemals widerrufen. (An dieser Stelle sei bemerkt, dass es sich beim Kauen an Cocablättern auch heute noch in einigen südamerikanischen Ländern um eine beliebte und legale Gewohnheit zur „geistigen Auffrischung“ handelt.)

Als die Macht der Propaganda über das Konsumverhalten der Massen im frühen 20. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten erkannt wurde, folgte der logische Schluss, dass es mehr gesunde als kranke Menschen gibt. Dementsprechend wurde die Werbestrategie geändert. Das geheimnisumwobene Getränk – die genauen Inhaltsstoffe sind bis heute nur dem Unternehmen selbst bekannt – wurde plötzlich zur Erfrischung, die man einfach zu sich nehmen musste, um der modernen Welt anzugehören. Die Geschichte der Coca-Cola-Werbung bietet jedenfalls deutliche Einblicke in die Entwicklung der Konsumentenmanipulation.

Falls Sie, lieber Leser, selbst zu den Fans von Coca Cola gehören, so bin ich mir natürlich völlig bewusst, dass Sie nicht zu den Opfern der Manipulation zählen. Sie trinken es ganz einfach, weil es Ihnen schmeckt. Wie schon an anderer Stelle bemerkt, gibt es auf der ganzen Welt ja nur zwei Menschen, die sich nicht manipulieren lassen. Der eine bin ich – davon bin ich überzeugt – und der andere sind Sie. Also, meine Anspielung auf die Gehirnwäsche durch Public Relations soll somit keineswegs als persönlicher Angriff auf Ihre Objektivität verstanden werden.

Wie die Bevölkerung Boliviens auf ein Verbot von Coca Cola reagieren könnte, fand keine nähere Erläuterung. Es ist jedoch anzunehmen, dass die jüngere Generation, insbesondere in den Städten des 10-Millionen-Einwohner-Landes, wenig Verständnis für derartige Maßnahmen aufbringen würde. Traditionell eingestellte Bewohner hätten sicher kein Problem mit dem Schlürfen von Pfirsichsaft – und zur Belebung der Sinne lässt sich nebenbei ja an den Blättern des Cocastrauchs kauen.

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