Freitag , 26 April 2024
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Sind Deutsche islamfeindlich?

moschee_wuppertalEine kürzlich von der französischen Zeitschrift Le Monde in Auftrag gegebene Umfrage ergab, dass ein nennenswerter Anteil der Deutschen ebenso wie der Franzosen den Islam als Bedrohung ihrer eigenen nationalen Identität beurteilen. Noch mehr kritisiert wird die angeblich mangelnde Bereitwilligkeit zur Integration. Während Medien in erster Linie die Einstellung der Bewohner der Gastländer hinterfragen, mögliche ökonomische Ursachen analysieren, bleibt der Kern des Problems unangetastet. Das vom Islam geprägte Weltbild lässt sich nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen mit christlicher Tradition oder  modernem Rationalismus harmonisieren.

Durchgeführt wurde die Umfrage vom französischen Institut IFOP. Befragt wurden jeweils 800 Franzosen und 800 Deutsche. Im Vergleich zum Rest Europas ist der Anteil muslimischer Glaubensangehöriger in diesen beiden Ländern besonders hoch. 40 Prozent der Deutschen sind demzufolge der Ansicht, dass der Islam eine Bedrohung für die nationale Identität darstelle. In Frankreich teilen sogar 42 Prozent diese Meinung. 67 Prozent der Deutschen erachten den mangelnden Willen zur Anpassung als Ursache für Integrationsprobleme. 61 Prozent der Franzosen sind dieser Auffassung.

Zuerst zum Begriff der Islamfeindlichkeit. Eine solche wäre dann gegeben, wenn jemand grundsätzlich eine tiefe Abneigung gegen diese Religion verspürt, ungeachtet, in welchem Land sie praktiziert wird. Wer also danach strebt, Afghanen, Perser, Iraker etc. in ihren eigenen Ländern zu Rationalisten (oder Christen) umzuerziehen, der ist dem Islam gegenüber eindeutig feindselig eingestellt. Mir ist kein diesbezügliches Umfrageergebnis bekannt, doch bin ich überzeugt, dass nicht viele Deutsche in diese Kategorie fallen würden.

Anders ist die Situation, wenn wir uns mit dem Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft auseinander setzen. Und hierbei geht es überhaupt nicht um Äußerlichkeiten wie Kopftücher, traditionelle Kleidung im allgemeinen, Besuche in der Moschee und Arbeitsunterbrechungen zur Gebetsstunde. Nicht die externen Merkmale stellen das Problem dar, sondern die Denkweise, die dahinter steckt. Wie soll es möglich sein, dass Menschen in Harmonie miteinander leben, wenn ihre Lebensziele, ihre Anschauungen, ihr Weltbild, in konträren Richtungen verlaufen.

Ich will hier keineswegs behaupten, dass es sich bei der modernen rationalen Denkweise um die bessere oder die der Wahrheit am nächsten kommende handelt. So wie in jeder Philosophie steckt auch in jeder Religion ein wahrer Kern. Wer würde das bekannte Zitat im Lukasevangelium (10:27), Gott von ganzem Herzen und seinen nächsten wie sich selbst zu lieben, als Unsinn abtun? Ersetzen wir das Wort „Gott“ durch Schöpfung, kosmische Harmonie oder schlicht Natur, könnten selbst überzeugte Atheisten den Wert dieser Empfehlung wohl kaum anzweifeln. Und mit Sicherheit finden sich Parallelen in allen anderen religiösen Konzepten. Was Religionen nach außen hin voneinander unterscheidet und oft genug zu offenen Konfrontationen führt, sind dogmatische Auslegungen der Kernaussagen.

Einem Glauben und den dazugehörigen Ritualen zu folgen, Gebete, Meditationen und andere Übungen als Leitfaden für ein moralisches Leben zu praktizieren, kann und soll keinem Menschen vorgeworfen werden. Auch beim Versuch, andere Menschen vom eigenen Lebensbild zu überzeugen, sofern notwendiger Respekt nicht außer Acht gelassen wird, handelt es sich um eine unumgehbare Kommunikation, auf der das Zusammenleben in der Gemeinschaft beruht. Was, wenn nicht gemeinsames Gedankengut, sollten wir sonst mit unseren Mitbürgern teilen?

Auf intellektueller Ebene lassen sich viele Konfliktpunkte neutralisieren. Treffen zwei oder mehr Menschen aufeinander, denen es gelungen ist, ihre Meinung durch das Abwägen verschiedenster Informationen aus unterschiedlichen Bereichen zu formen, so ist ihnen die Anschauung des jeweils anderen nicht fremd. So wird es auch möglich, Gemeinsamkeiten in gegensätzlichen Denkweisen zu finden, liegen diese scheinbaren Gegensätze letztendlich oft genug in bloß unterschiedlichen Betrachtungsweisen, die aber trotzdem durchaus vergleichbare Ziele verfolgen.

Basiert die eigene Meinung auf Bildung, steht naturgemäß ein breiter Spielraum für Flexibilität, für das Akzeptieren anderer Denkweisen zur Verfügung. Anders jedoch, wenn die Meinung durch einseitige Beeinflussung geformt wurde. Einseitigkeit beschränkt sich dabei keineswegs auf die Indoktrinierung durch fundamentalistische Prediger, auch ein sogenanntes rationales Weltbild basiert in genügend Fällen nicht auf intellektuellem Verständnis, sondern auf der regelmäßigen Konfrontation mit einseitiger Berichterstattung. Während in einem Fall eine Schöpfungskraft, die ein bestimmtes Ziel verfolgt, als Axiom vorausgesetzt wird, beschränkt sich alle Existenz für Rationalisten auf physikalische Gesetzmäßigkeiten und vom Zufallsprinzip bestimmte Veränderungen, die als Evolution bezeichnet werden – um auf einen grundsätzlichen Unterschied zwischen religiöser und nicht-religiöser Denkrichtung zu verweisen.

Doch wer ist schon bereit, seine eigene Meinung zu analysieren, zu hinterfragen? Die meisten von uns tendieren eher dazu, das eigene Weltbild zu verteidigen. Gelingt es selbst Gelehrten selten, Argumente zu finden, deren Überzeugungskraft ausreicht, um vorgefasste Meinungen in eine andere Richtung zu lenken, so führt eine Konfrontation mit Dogmen lediglich zur Verhärtung der eigenen Anschauung. Der Muselman lernt schon als Kind im Religionsunterricht, mit „Ungläubigen“ erst gar nicht zu diskutieren. Der Rationalist ebenso wie der tolerante Christ lernt gleichzeitig, den Getreuen Mohammeds Respekt entgegen zu bringen und ihre Lebens- und Denkweise zu akzeptieren. Die Frage nach Gemeinsamkeiten innerhalb der Gemeinschaft scheint dabei keineswegs von Relevanz zu sein.

Wenn zwei Gruppen nebeneinander leben, verschiedene Sprachen sprechen, anderes Essen zu sich nehmen, oft unterschiedliche Kleidung tragen und kaum harmonisierbaren Lebenszielen folgen, was könnte diese beiden Gruppen zu einer Einheit zusammenfügen?

Von all den Ländern, in denen Christen und Muslime zusammen leben, kann Libanon als Musterbeispiel hergenommen werden. Anders als in Ägypten, wo alle öffentlichen Ämter ausschließlich von Muslimen bekleidet werden und es von rechts wegen verboten ist, zum christlichen Glauben zu konvertieren, wurde im Libanon, nach lange andauernden blutigen Konflikten, beschlossen, die Führung des Landes zu teilen. Präsident Michel Suleiman ist Christ, Premierminister Saad Hariri Sunnit und der Vorsitzende des Parlaments Nabih Berri ist Schiit. Christen und „Mohammedaner“, wie sich die dortigen Muslimen in ihrer eigenen Sprache nennen, obwohl dieser Begriff in unseren Landen als „politisch inkorrekt“ zum Unwort erklärt wurde, formen gemeinsame Freundschaften, essen und trinken gemeinsam und sprechen sich gegenseitig sowohl Glückwünsche zu Weihnachten als auch zum Ramadan aus. Könnte die Zukunft in Deutschland eine ähnliche Form annehmen?

Die gegebene Situation im Libanon besteht seit mehr als tausend Jahren. Christen und Muslime teilen gemeinsame Wurzeln, gemeinsames Kulturerbe, sprechen die gleiche Sprache und keine der beiden Gruppe kann die andere als Eindringlinge bezeichnen. Auch Zuwanderer aus Nachbarländern, Syrier oder geflüchtete Palästinenser stammen aus der gleichen Region und sprechen lediglich einen anderen Akzent.

In Deutschland ist die Situation jedoch eine völlig andere. Wesentlich weniger Berührungspunkte bieten sich. Das soll keineswegs bedeuten, dass es nicht trotzdem interreligiöse Freundschaften und auch Eheschließungen gibt, doch, dass solche eher als Ausnahmen gelten, ist wohl unumstritten. Es ist ja auch nicht so einfach, türkische Freunde zum Abendessen einzuladen, wenn ich mich zuerst über die Regelungen bezüglich der Nahrungsmittel informieren muss. Schließlich genügt es nicht, auf Schweinefleisch zu verzichten. Auch Rind oder Hammel muss „halal“ sein. Auf den Schuss Weißwein in die Soße muss dabei ebenso verzichtet werden wie auf das Glas Bier zum Essen.

Auch wenn sich die Probleme, die das Zusammenleben grundverschiedener Kulturen mit sich bringen, anhand einzelner Beispiele endlos analysieren ließen, so gibt es meiner Auffassung nach nur drei Möglichkeiten, eine anhaltende Harmonie in der Gemeinschaft herbeizuführen. Die gegensätzlichen Denkweisen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, würde vermutlich mehrere Generationen in Anspruch nehmen und bedarf gewiss auch eines weltweiten Umdenkens. Somit wäre die erste, und vermutlich begrüßenswerteste Möglichkeit, dass Menschen, die Deutschland freiwillig zu ihrem Wohnsitz erkoren haben, die Konsequenzen ziehen und sich der gewohnten Lebensweise anpassen. Diese Bereitwilligkeit würde sich zu aller erst dadurch ausdrücken, dass Eltern ihren Kindern erlauben, sich von der neuen Umwelt, von den Gepflogenheiten des Gastlandes, prägen zu lassen. Trinkt der junge Ali ein Glas Bier zum Schweinebraten, dann sollte seine Familie stolz darauf sein, dass ihr Sohn über so viel Flexibilität verfügt. Wer möchte seine eigenen Kinder zu Außenseitern der Gesellschaft erziehen? Die meisten Deutschen, die im Ausland leben, würden es zumindest so betrachten.

Manche Menschen werden diesen Vorschlag vermutlich nicht für gut heißen. Das Erhalten der eigenen Kultur sollte gefördert werden, die eigene Sprache und natürlich auch die Religion der eigenen Väter. Genau hier liegt ja das Problem, das Gemeinsamkeit verhindert. Vielleicht nach dem Motto „der Klügere gibt nach“ ließe sich eine Gemeinsamkeit auch durch das Anpassen der eigenen Lebensweise erreichen. Nachdem die christliche Religion im Leben der meisten Deutschen keinen besonderen Stellenwert einnimmt, könnten wir unsere Kinder in den islamischen Religionsunterricht schicken. Das wäre Möglichkeit zwei.

Eine dritte Möglichkeit wäre noch gegeben, auch wenn sie sicher nicht wünschenswert ist. Es wäre das Auftauchen eines äußeren Feindes, der das Leben im eigenen Land, sowohl für Einheimische als auch für Zuwanderer, derart bedroht, dass der Überlebenskampf zum gemeinsamen Ziel wird, der alle anderen Unterschiede und Gegensätze in den Hintergrund drängt.

Welche der drei genannten Möglichkeiten erscheint als die naheliegendste? Was brachte die Umfrage zu Tage? 67 Prozent der Deutschen vermissen bei muslimischen Zuwanderern den Willen zur Anpassung. Man könnte diesen zwei Dritteln nun vorwerfen, dass sie Ausländern gegenüber feindlich gesinnt seien. Man könnte aber auch davon ausgehen, dass sie sich nach nichts anderem als Frieden und Harmonie im eigenen Land sehnen. Vielleicht sollte man dieser Mehrheit in einem demokratischen Land entgegen kommen und die Gäste mit etwas mehr Nachdruck dazu einladen, zumindest ihre Kinder zu Deutschen werden zu lassen. Derartige Bemühungen würden innerhalb einer Generation den nicht tragbaren Mulikulturalismus beenden und letztendlich die eigene Kultur sogar durch neue Einflüsse bereichern. 

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