Freitag , 26 April 2024
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Ja, nein, vielleicht – Schwarz sehen oder schwarz (drunter) tragen

lingerie_schwarzEin wichtiger Hinweis vorab: Dies ist der Versuch eines Praxisberichts, welcher den schwierigen Umgang von Frau und Mann mit dem Thema des Schwarzen und des Frivolen derart beschreibt, so dass jeder weiß, das hätte eventuell ich sein können. Bevor ich damit beginne, für sie noch ein Geständnis von mir: Es ist aus der Sicht eines Mannes geschrieben, herzlichen Dank für ihr Verständnis und nun viel Freude beim Lesen und sich wiedererkennen. Für Letzteres könnte beinahe eine Garantie übernommen werden.

Mann wünscht sich etwas. Er ruft rechtzeitig vor Büroschluss zu Hause an und kommuniziert dies auch. Frau steht mit beiden Beinen in der Waschküche und kümmert sich um die Wäsche ihrer Lieben. Ferner hat sie gerade zweimal für die Kinder und einmal für den Hund gekocht. Der Babysitter für den kommenden Abend ist abgesprungen und die Schwiegermutter kann auch nicht, sie hat Salsa-Kurs. Ach ja, die Heizkostenabrechnung für das letzte Jahr kam heute auch per Post und das Auto ging kaputt, wenn man einen demolierten Kotflügel so bezeichnen darf. Frau äußert Verständnis für den Wunsch des Gatten, findet auch, dass ihr das kleine Schwarze gut steht, auch die halterlosen Strümpfe und die wunderbare Seidenunterwäsche samt schwarzem Wonderbra, alles wäre wirklich wunderbar – nur heute eben nicht. Der Ton war nicht misszuverstehen, ein Treffer, wie man in der Fachsprache dazu sagt; nein, nein und nochmals nein.

Er versteht „vielleicht“ und verspricht, auf jeden Fall zu duschen, wenn er aus dem Büro nach Hause kommt. Schwarze Unterhosen hat er auch, nach dem Duschen zieht er sie natürlich an. Noch glaubt sie an ein Missverständnis, vorher war davon schon die Rede. Er lispelt etwas von der Freude darauf, was immer er damit meint. Sie legt einfach auf.

Bei Fleurop bestellt er umgehend zehn tiefrote Rosen und lässt diese zur Angebeteten bringen, immerhin hat sie ja fast „Ja“ gesagt. Seine Gedanken gehen spazieren, er freut sich auf sie, auf ihren Duft, auf ihre Schönheit und auf einen schönen Abend – schließlich hat sie ja gesagt. Sie in schwarz in ihrem Schwarzen, ihre hinreißende Art, mit einem deutlichen „Nein“ „Ja“ zu sagen.

Sie erhält die Rosen, freut sich und denkt an die Heizkostenabrechnung – und sie ruft ihn an. Mann freut sich auf den Anruf und fragt Frau, ob sie schon umgezogen wäre. Sie fragt ihn, ob er einen an der Waffel hat und nennt ihm die Summe, welche für Heizkosten des letzten Jahres noch zu begleichen wäre und ist ziemlich angefressen. Ja, das mit schwarz stimme, genauso sehe sie jetzt nämlich – die Strümpfe, die Unterwäsche, den Wonderbra und für den heutigen Abend.

Er liebt sie sehr, wenn sie auf 180 ist, diese Augen, diese wunderschönen, wie sie in diesem Moment funkeln. Er sagt ihr das, auch dass er sich auf den Abend freut, zu dem sie schon mehrmals „Ja“ gesagt hat. Sie ist fassungslos und legt grußlos auf.

Inzwischen ist sie zur Ruhe gekommen. Die sportliche Schwiegermutter hat Muskelkater und geht nicht zum Salsa, die Kinder werden tatsächlich von der Oma abgeholt. Die Zeit würde noch für ein entspannendes Bad reichen. Und das Schwarze über dem schwarzen wollte sie längst schon wieder einmal angezogen haben. Und dann wäre es doch real bewundernswert und schön, wie sich ihr Mann um sie kümmere, ein schöner Abend fing an, auch Frau zu umgarnen.

Für einen Abend käme auch der Verzicht auf Erinnerung an einen Kotflügel und an eine Heizkostenabrechnung zu seinem Recht.

Bis hierher ist alles im grünen Bereich. Nur hat er inzwischen aus ihrem vermeintlichen „Ja“ ein ungewisses „Vielleicht“ gemacht. Die Heizkostenabrechnung brachte sich ebenfalls ins Spiel bei ihm, der Kotflügel auch.

Nun gut, wir kürzen ab.

Er rief nochmals daheim an, wegen ihr und wegen der Heizkosten. Frau lag entspannt in der Wanne und freute sich auf den Abend und über das Vergessen der Heizkostennachzahlung. Er fragt nach dem Kotflügel und ihre Augen blitzen, dort – in der Badewanne. Sie sagt nochmals, wie sehr sie sich auf den Abend freue – und sie tut dies auch. Mann addiert in diesem Moment nochmals 50 % auf den Betrag der Heizkosten, welche bereits bezahlt sind und vermutet weitere Fallen.

Sie sagt ihm dann, dass sie sich darauf freue, das kleine Schwarze anzuziehen, damit er ihr dies im Laufe des Abends ausziehen könne. Und eigentlich, eigentlich sei er auch ein toller Mann.

Mann ist zuerst irritiert und dann über alle Maßen verwirrt. Langsam kriegt er echte Bedenken. Aber was soll es, eben hat sie laut und vernehmlich „Nein“ gesagt, sogar mehrere Male. Beleidigt wirft er ihr vor, ihn den ganzen Mittag im falschen Glauben gelassen zu haben, und jetzt dieses „Nein“.

Aber – er habe verstanden. Er würde im Büro bleiben, Arbeit habe er mehr als genug, hinterher nehme er mit Freunden noch einen Drink. Wäre einfacher gewesen für sie beide, hätte sie rechtzeitig gesagt, was sie wolle – und was nicht. Aber man kenne das ja schon, es wäre so wie immer.

Und tatsächlich, es war und ist wie immer.

© Peter Reuter

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