Freitag , 26 April 2024
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Toleranz beginnt mit Fragen und Verstehen!

toleranzToleranz ist ja ein ziemlich dehnbares Wort. Da toleriert man noch den Grillgeruch aus dem Nachbarsgarten, die sonderliche, spleenige Bekannte und auch das fröhliche Geschrei der Kinder, aber bei Emos*, Ausländern oder gar Kopftuchträgerinnen wird’s dann schon kritisch. Mit dem Tolerieren, meine ich. Was verstehen Sie eigentlich unter dem Wort Toleranz und sind Sie tatsächlich so offen im Bezug auf andere Menschen, und somit deren Aussehen, Reden oder Denkweise? Lassen Sie uns doch heute einmal darüber sprechen, was Toleranz im eigentlichen Sinne bedeutet und vor allem auch wann Toleranz überhaupt beginnt! 

Toleranz. Laut Wikipedia handelt es sich hierbei um „ein Gelten- und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Gemeint ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung unterschiedlicher Individuen.“ Auch eine gewisse Duldsamkeit bedeutet ein tolerierendes Verhalten gegenüber anderen Lebewesen. Hört sich doch gut an, aber sagen Sie mal, wie viel dieser Duldsamkeit legen Sie eigentlich an den Tag? Ich selbst pflege ja das tägliche Motto „Leben und leben lassen“ und denke schon mal gar nicht in Schubladen. Würde ich ja auch nicht wollen, dass andere ihren Gedankenschrank bei Bedarf Schublade für Schublade öffnen und mich dann nach vorgefassten Meinungen oder einst durchlebten Ereignissen mit anderen Menschen irgendwo da reinstecken. Leider tun das noch viel zu viele hier im Land. Gleichzeitig wird jedoch die Toleranz in der Öffentlichkeit lautstark propagiert: „Ich bin absolut tolerant!“. Klar, sicher, allerdings nur bis zu einer bestimmten Grenze und die liegt bei zahlreichen Männern und Frauen doch reichlich nah am gedanklichen Horizont.

Toleranz ist eng mit dem Gefühl der Unwissenheit und der daraus resultierenden Angst verbunden. Was ich nicht kenne oder im ersten Moment als fremd ablehne, rührt an inneren Überzeugungen, die sich im Laufe des Lebens durch das Elternhaus, Freunde und die Gesellschaft geprägt haben. Kleine Beispiele gefällig? Kennen Sie noch das Spiel aus der Kindheit „Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?“ bei dem eines der Kinder den „gefährlichen schwarzen Mann“ darstellte, der all die anderen spielenden Kinder fangen wollte? Ein Spiel, das augenscheinlich nur ein Spiel ist, jedoch bei genauerer Betrachtung die Ängste der früheren Generationen gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe offenbart. Bis heute haben es Frauen, Männer und Kinder mit dunkler Haut schwer im Land und ich habe schon oft genug mitbekommen, wie Eltern ihre Kinder davor warnten sich in die Nähe „der Schwarzen“ zu begeben. Ein anderes Beispiel findet sich bei dem Thema kopftuchtragende Frauen. Wie denken Sie denn über dieses Thema und vor allem über die Frauen, die ein Kopftuch tragen? Haben Sie schon einmal eine Frau gefragt, warum sie das Stück Stoff auf ihrem Haupt trägt, wie sie sich fühlt, was sie im Alltag damit erlebt und überhaupt?

Hier sind wir auch schon da, wo Toleranz wirklich beginnt: Beim Fragen und Verstehen! Was ich nicht weiß, lässt mich grübeln und das vermischt sich dann mit vielen einzelnen Elementen aus erlebtem, gehörtem oder anerzogenem. Aber wirklich wissend werde ich dadurch nun mal nicht. Da hilft nur, je nach Thema, mit Fingerspitzengefühl nachzufragen. Eingehen auf das angebliche Anderssein (wir sind alle anders in diesem Sinne und werden folglich auch so von Mitmenschen wahrgenommen), dezent und offen fragen, was einen interessiert, den Horizont Stück für Stück erweitern, lernen und verstehen, warum ein Mensch sich nur in Schwarz kleidet, ein Kopftuch trägt, sich das Gesicht mit Piercings bedeckt oder gerne barfuß durch die Stadt läuft und das unabhängig der Jahreszeit. Haben Sie das schon einmal getan und sich somit nicht nur eine eigene Meinung im Bezug auf ein Gegenüber gebildet, sondern sich folgend die wertvolle Eigenschaft der Toleranz angeeignet?

Ich finde, dass in solch einer Denk- und Vorgehensweise sehr viel Positives steckt, denn somit bleibt man erst einmal offen für andere Individuen, kann vieles lernen und Sie werden lachen, folgend auch so einiges mit in das eigene Leben einfügen. Letzteres gerade dann, wenn man feststellt, dass vieles, was einem unverständlich erscheint, weitaus mehr an Gutem beinhaltet, das sich wiederum in das eigene Leben herrlich und bereichernd integrieren lässt. Dass ich allein schon wegen meinem Motto den Menschen mitunter Löcher in den Bauch frage, erwähne ich mal der Vollständigkeit halber. Wie oft fragen Sie andere, warum sie so sind wie sie sind oder etwas tun, das Ihnen unverständlich und beängstigend erscheint?

Trauen Sie sich offen und  voller Neugier auf andere zuzugehen, denn dann wird das Googeln nach dem Wort „Toleranz“ reichlich unnötig. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Toleranz, die übrigens auch damit beginnt, dass Sie unsere Jungs der Fußball-Elf nicht rund machen, nur weil sie vielleicht heute Abend den einen oder anderen Patzer auf dem südafrikanischen Spielfeld hingelegt haben!

Herzlichst

Ihre Claudia

 

*Keine Ahnung was „Emos“ sind? Hier die Erklärung bei Wikipedia

 

Ein Beitrag aus der Reihe „Claudia spricht“

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