Samstag , 7 Dezember 2024
Startseite » Enthüllungen » Hartz IV – gewollte Armut?

Hartz IV – gewollte Armut?

Über zehn Jahre ist die „Mutter aller Reformen“ (Wolfgang Clement, bis 2008 SPD) mittlerweile alt. Während die Konservativen das unsoziale „Reformpaket“ als größte Errungenschaft der damaligen rot-grünen Regierungskoalition loben, wissen die heute lediglich mitregierenden Sozialdemokraten genau, dass sie Mitgliederschwund und mangelnde Wahlerfolge auch den sogenannten „Hartzern“ in der Bevölkerung verdanken. Kein Wunder, dass andere politische Gruppierungen das Thema weiterhin im Fokus haben und ihre Bilanz kritisch bis ablehnend ausfällt.

Hartz 4 - Gewollte Armut

Hartz IV-Bezieher – von der Gesellschaft abgehängt?

Spätestens mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte, in der auch die Bezüge von Einwanderern und Asylbewerbern unter die Lupe genommen werden, ist das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ – umgangssprachlich Hartz IV (nach Peter Hartz, Leiter der Hartz-Kommission, die das Konzept erarbeitete) – wieder verstärkt Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Zum Geburtstag am 1.1.2015 wurde der Regelsatz großzügig um 8 Euro auf 399 Euro erhöht. Toll: Dafür kann sich eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft immerhin zwei 3er-Packungen Aldi-Pizza mehr pro Monat leisten.

Christoph Butterwege, Professor für Politikwissenschaft in Köln und Hartz IV-Kritiker, meint, dass sich sowohl die unmittelbar Betroffenen als auch deren Angehörige und die mit ihnen zusammenlebenden Personen isoliert, sozial ausgegrenzt und stigmatisiert vorkommen. Gewiss erinnern Sie sich an Begriffe wie „Prekariat“ oder „bildungsferne Schichten“. Butterwege stellt ebenfalls fest, dass man heute statt vom „Land der Dichter und Denker“ vom „Land der Stifter und Schenker“ sprechen könnte. Tafeln und Sozialkaufhäuser boomen, und der Staat kann sich angesichts der Hilfsbereitschaft unter den Bürgern ohne Skrupel seiner sozialen Verantwortung entziehen. Damit nicht genug: Glauben Sie den Regierenden, dürfen Sie sich für den gegenwärtigen Wohlstand und gesunkene Arbeitslosenzahlen im reichsten Land Europas bei Ex-Kanzler Gerhard Schröder bedanken. Er verordnete seinerzeit die „Agenda 2010“ und damit die Hartz IV-Reform bzw. das Arbeitslosengeld II. Wer diese nicht als Ansporn erachtete oder generell schlechte Chancen hatte, landete in der Armut. Aus heutiger Sicht sieht es ganz so aus, als wäre dies genau so beabsichtigt gewesen. Seitdem ist aber auch von der sozialen Schere die Rede, die in Deutschland immer weiter auseinander klafft.

Das Hartz IV-Dilemma

Einer der diversen Kritikpunkte der Hartz IV-Gegner besteht darin, dass die eigentlichen Absichten, den Arbeitsmarkt grundlegend zu reformieren, fehlgeschlagen sind. Auch erwies sich die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit dem Ziel, die öffentlichen Kassen zu entlasten, als Flop. Experten vertreten zudem die Auffassung, dass der Abbau der Arbeitslosen nicht auf die Einführung von Hartz IV zurückzuführen ist, sondern auf demografische und konjunkturelle Entwicklungen sowie auf Veränderungen beim Aufbereiten der entsprechenden Statistiken. Anzumerken ist außerdem, dass Hartz IV Schluss gemacht hat mit Prinzipien des Sozialstaates, zu denen die Sicherung des Lebensstandards sowie Bestands-, Berufs- und Qualifikationsschutz zählen.

Vonseiten derer, die Hartz IV als grundsätzlich gelungenes Modell betrachten, wird immer wieder die Missbrauchsdiskussion geschürt und der Vorwurf laut, der Abstand zwischen ALG II und dem Nettoeinkommen von Beschäftigten im Mindestlohnbereich sei zu gering, um einen Anreiz für die Erwerbstätigkeit zu schaffen. Dieses Argument klingt wie reiner Hohn angesichts der Tatsache, dass unzählige Hartz IV-Empfänger mit schweren Existenzängsten leben. Sie betrachten die spärlichen Bezüge, die sie erhalten, nicht als soziales Netz, sondern fühlen sich in der Armutsfalle, aus der sie kein Entkommen sehen. Es soll unter Jugendlichen schon eine zweite Hartz IV-Generation heranwachsen, die höchstens noch Chancen auf Minijobs besitzt. In manchen Städten hierzulande gibt es bereits „Hartzer-Gettos“, während andernorts die Luxusquartiere aus dem Boden schießen. Dass sich manche als „Loser“ in dieser Gesellschaft angesehen fühlen und besonders stark von der großen Anzahl der Flüchtlinge bedroht fühlen, soll nicht unerwähnt bleiben.

Braucht unser Staat etwa eine registrierte Schar von Armen?

7,6 Prozent der Bevölkerung in Deutschland lebt derzeit auf Hartz IV-Niveau und damit an der Armutsgrenze. In der politischen Schaltzentrale Berlin sind es 16,5 Prozent der Einwohner. Knapp die Hälfte davon bezieht seit mehr als vier Jahren ALG II. Auch der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat schon seine Bedenken geäußert, was den „angemessenen Lebensstandard“ in dieser Republik angeht.

Glauben Sie auch, es steckt Absicht dahinter, ein so riesiges Kontingent von Bürgern auf dem Existenzminimum zu halten und damit Kinder- sowie Altersarmut zu programmieren? Oder gehört dieser Vorwurf in den Bereich der Verschwörungstheorien von linksorientierten Sozialromantikern? In diesem Zusammenhang ergibt sich zumindest die Frage, wer eigentlich von dieser vielschichtigen Bevölkerungsgruppe der Bedürftigen und Nichtwähler profitiert. Die Parteien und Kommunen wohl kaum, eher schon die Discounter und die Vertreiber von Ramsch und Plunder. Und natürlich die Arbeitsagentur, die für die Arbeitsvermittlung kaum noch Relevanz besitzt, aber dennoch als aufgeblähter Verwaltungsapparat ihre Existenzberechtigung verteidigt. Auf jeden Fall ist der Einfallsreichtum in dieser Behörde enorm, wenn es darum geht, Hartz IV-Empfänger in sinnfreien Maßnahmen zu beschäftigen oder sie regelrecht zu schikanieren. Zyniker hingegen werden behaupten, es handele sich insofern um „gewollte Armut“, als dass sich Millionen „Hartzer“ mit ihrer Lage eingerichtet haben.

Bild-Urheber: ginasanders / 123RF Lizenzfreie Bilder

Check Also

Atomklo Gorleben – Die Lüge vom sicheren Endlager

Inhaltsverzeichnis1 Atomklo Gorleben – Die Lüge vom sicheren Endlager2 Problematik Einlagerung in Salzformationen3 Gründe die …

Ein Kommentar

  1. Stundenlohn vom Leiharbeiter im Jahr 2004 6,85€ heute 8,50€ Brutto. Macht Jährlich 0,14 Cent Stundenlohn Erhöhung Brutto. Und wenn Mann die Mieten vergleicht wie hoch die erhöht wurden alle 3 Jahre(bis 30%) haben wir den Armut Beförderung im Klaren da stehen.Was keiner es sagt oder wenig sagt es ist Scheiß leih arbeit die uns zum Armut befördert hat. Sie haben keine Schanze ohne Zeitarbeit irgendwo zu anfangen. Wenn Sie ein mal in dem System fallen da fallen Sie immer tiefer. jeder Politiker weis es das Mann heute mit solchen Stundenlohn als Arme da stehen. Aber leider die Politiker rutschen weiter Tiefer in Ärsche vom Millionären. Medien und Verkaufte Gewerkschaften schauen einfach weg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert