Es war der 15. August 1971, also vor genau 40 Jahren, dass der Welt Leitwährung, der US-Dollar, von jeglicher Golddeckung abgekoppelt wurde. Auch wenn alles Gold in Fort Knox nur einen Bruchteil der in Umlauf befindlichen Dollarmenge tatsächlich decken konnte, so gab es bis zu diesem Tag die Garantie dafür, jeweils 35 US-Dollar gegen eine Unze puren Goldes einzulösen zu können. Es war Präsident Nixon, der diesen letzten, wenn auch bereits ins Wanken geratenen, Stabilitätsfaktor auflöste. Die teilweise Golddeckung europäischer Währungen wurde während der folgenden Jahre Schritt um Schritt aufgehoben. Seit nunmehr vier Jahrzehnten lassen sich Geldmengen, dem Gefallen der Banker entsprechend, beliebig ausdehnen. Seit vierzig Jahren verfügt Geld über nicht den geringsten inneren Wert.
Die überwiegende Mehrheit der Menschen stellt sich gewiss niemals die Frage, was Geld überhaupt ist. Sie fragt nicht, wie viel Geld existiert. Sie fragt nicht, wo es herkommt. Felsenfest glaubt sie daran, dass staatliche Zentralbanken die Verantwortung tragen. Bedenken nichts anderes als die derzeitige Kaufkraft. Glauben den Unsinn eines möglichen Konjunkturaufschwungs. Und unterlassen es kategorisch, Informationen über die tatsächlichen Umstände einzuholen. Wohin eine ignorante Mehrheit in einem demokratischen System letztendlich hinführt, erkennen wir dieser Tage deutlicher denn je.
Die Geldschöpfung durch Geschäftsbanken wurde natürlich schon lange vor 1971 praktiziert, allerdings mit deutlich mehr Einschränkungen als heute. Auch die amerikanischen Bürger profitierten nur beschränkt von der Golddeckung ihrer Währung. Seit 1933, die Zeit, als die damalige Wirtschaftskrise ihren ersten Höhepunkt erreicht hatte, war privater Goldbesitz, mit Ausnahme von Schmuck und Sammlermünzen, streng verboten. Zuwiderhandelnden drohten bis zu zehn Jahren Haftstrafe. (Was für ein demokratisches System!) Trotzdem, der US-Dollar war, den Abkommen von Bretton Woods entsprechend, die Leitwährung. Die bedeutendsten Weltwährungen richteten sich somit nach dem Dollar aus. Buchgeld, also von Geschäftsbanken erschaffenes und gegen Zinsen verliehenes Geld, das nicht als Banknote, sondern nur als Eintrag auf einem Konto existiert, lässt sich jederzeit zum Kurs von 1 : 1 gegen „richtiges Geld“, also von Zentralbanken ausgegebene Noten, einlösen. Geldmengen in D-Mark, Schilling oder Franken korrespondierten mit einer bestimmten Dollarmenge und diese korrespondierte wiederum mit einer festgesetzten Menge an Gold. Wie erwähnt, $ 35 pro Feinunze.
Auf den Bürger übte dies relativ wenig direkten Einfluss aus. Wer D-Mark in Gold wechseln wollte, konnte sich natürlich den Umweg über den US-Dollar sparen und jederzeit Münzen zu einem praktisch unveränderten Preis am Bankschalter kaufen. Die erwähnte Garantie wurde ja ohnehin nur anderen Staaten und Geldinstituten gegenüber ausgesprochen.
Am 15. August 1971 wurde diese Zusage der Vereinigten Staaten, unter Präsident Nixon, jedoch restlos aufgehoben. Der Einfluss machte sich anfangs überhaupt nicht, und auch später erst langsam bemerkbar. Dem Bürger, der sich des Wirtschaftswunders erfreute, können wir gewiss keine Vorwürfe machen. Den damals verantwortlichen Politikern, die plötzlich eine ungedeckte Leitwährung akzeptierten, aber durchaus.
Die folgende Graphik zeigt den Anstieg der $-Geldmenge von 1960 bis 2009. Nachdem die US-Notenbank seit dem Jahr 2006 keine Angaben mehr über die bedeutendste Geldmenge M3 veröffentlicht, lässt sich nur erahnen, wie hoch diese während der vergangenen fünf Jahre angestiegen sein könnte.
Wenn der Markt mit einem bestimmten Produkt überschwemmt wird, dann sinkt der Preis entsprechend. Erhöht sich die in Umlauf befindliche Geldmenge, nimmt der Wert der Einheit entsprechend ab – Inflation.
Inflation und Preissteigerung sind jedoch nicht dasselbe. Ich erkläre dies an einem einfachen Beispiel:
Verdoppelt sich die Geldmenge innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, so entspricht dies einer Inflation von 100%. Reduzieren sich im gleichen Zeitraum die Produktionskosten für ein bestimmtes Produkt, dank technischer Errungenschaften und Leistungsmaximierung, um 40%, müsste der Preis entsprechend abnehmen, sagen wir von 1000 Euro auf 600. Nachdem der eigentliche Wert eines Euros, im Vergleich zum Beginn der angenommenen Periode, jedoch nur mehr 50 Cents beträgt, kostet das besagte Produkt nun 1.200 Euro. Das bedeutet in diesem Fall, dass trotz 100%iger Inflation die Teuerungsrate nur 20% entspricht.
Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Beispiel schlicht um ein Gerüst, das durch Veränderungen von Wechselkursen, Preisschwankungen für Rohmaterialen und einer ganzen Menge anderer Einflüsse enorm verzerrt wird. Solange die Wirtschaft einer stabilen Wachstumsrate unterliegt, von relativ gleichbleibenden Zukunftsprognosen begleitet, handelt es sich bei Börsenindexen um den relativ verlässlichsten Anhaltspunkt, um die tatsächliche Inflationsrate abzuschätzen. Theoretisch sollte auch die Entwicklung des Goldpreises Aufschlüsse geben, doch auf Grund einer relativ niedrigen verfügbaren Goldmenge, ließ sich dieser Preis von den „großen Spielern“, über viele Jahre hinweg, beinahe beliebig manipulieren.
Die folgende Graphik zeigt die Entwicklung des bedeutendsten Index der New Yorker Börse, des Dow Jones, von 1955 bis jetzt:
Verglichen mit dem Jahr 1971 liegt der Dow Jones Index heute rund elfmal höher. Der DAX ist in einem ähnlichen Verhältnis angestiegen. Die $-Geldmenge, im Vergleich zu 1971, ist etwa zwanzigmal größer. Die durchschnittlichen Einkommen in den USA, ebenso wie die Preise, der offiziellen Teuerungsrate folgend, haben sich im gleichen Zeitraum jedoch nur versechsfacht.
Diese Ungleichheit in der Entwicklung brachte, ohne dass es dem gemeinen Bürger aufgefallen wäre, zwei einschneidende Probleme mit sich.
Das erste wäre, dass der Bürger um die Früchte des Fortschritts betrogen wurde. Damit meine ich nicht, dass ihm neu entwickeltes Spielzeug vorenthalten wurde, sondern die, durch neue Errungenschaften bedingte, Reduktion der Produktionskosten wurde nur in bestimmten Einzelfällen an den Verbraucher weiter gegeben. Ja, natürlich gibt es eine Menge von Beispielen, in denen sich die wirtschaftliche Situation Einzelner im betroffenen Zeitraum verbesserte. Während der Jahre des Aufschwungs durfte praktisch auch jeder arbeiten so viel er wollte, konnte sich somit mehr Komfort leisten, verdiente vielleicht auch genug, um die Anzahlung für ein Eigenheim aufzubringen. Doch gleichzeitig, und zwar insbesondere seit den 1990er-Jahren, wird die Zahl derer, die in empflindliche Armut abgleiten, regelmäßig größer. In Deutschland wird dieser Knick sehr gerne durch die Wiedervereinigung erklärt. Nachdem die Entwicklung in allen anderen westeuropäischen Staaten und auch in den USA ziemlich parallel verlief, kann dies mit dem Fall der Berliner Mauer im Kern jedoch nichts zu tun haben.
Als wesentlich dramatischer rückt mittlerweile jedoch das zweite Problem in den Vordergrund. Der größte Teil des Kapitalzuwachses landete nicht auf den Konten der Bürger, sondern auf denen der Geldinstitute, Hedgefonds etc., kurz gesagt, in den Händen jener Elite, zu dessen Gunsten dieses System auch erdacht ist.
Preise setzen sich immer aus drei Komponenten zusammen: Arbeitskraft, Rohmaterialen und Kapital. Im Gegensatz zum Menschen, arbeitet Kapital jedoch nicht. Trotzdem erhebt es den Anspruch für sich, Gewinne einbringen zu müssen.
Ungeachtet einer vorhandenen bzw. nichtvorhandenen Deckung, es wird gerne erklärt, dass Geld zwei Aufgaben erfülle: Es ist Tauschmittel und dient gleichzeitig zur Wertaufbewahrung. Der zweite Punkt bedarf jedoch einer Ergänzung. Denn von den „aufbewahrten Werten“ wird schließlich auch erwartet, dass sie Profite bringen. Das bedeutet, dass die Arbeitskraft des Menschen im Konkurrenzkampf mit einem übermächtig aufgeblasenen Finanzapparat steht. Und wer dabei als Endsieger hervorgehen wird, falls nicht im letzten Moment noch die Notbremse gezogen wird, ist nicht schwer zu erraten.
Unsere Politiker, die entweder völlig ahnungslos oder unverzeihlich korrupt sind, scheinen dieses System bis heute noch nicht durchschaut zu haben. Sie faseln weiter von Konjunkturaufschwüngen, von einer erwarteten Reduktion der Arbeitslosenzahlen, geben sich überzeugt, dass sich die Situation durch einige weitere Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen in den Griff bekommen lässt – und all den üblichen Unsinn. Unser System ist am Ende. Die Hochfinanz hat gewonnen. Die einzig mögliche Rettung – und die Tage dafür sind gezählt – wäre eine restlose Umstellung des Bankensystems. Und dies meine ich im Sinne von Verstaatlichung. Und jeder Leser, der glaubt, dass dies undemokratisch wäre, soll darüber nachdenken, ob die derzeitigen Praktiken wirklich der Mehrheit zugute kommen. Demokratie bedeutet, dass das Wohl der Bürger an erster Stelle stehen sollte, und nicht das einer unsagbar reichen Elite.
Doch alles, was die Damen und Herren in Berlin vorzuschlagen haben, ist ein Verbot von Leerverkäufen, ein kleines Detail in der Welt der großen Börsenspieler. Die Wirtschaft benötigt finanzielle Mittel, doch sie braucht keine Spekulanten, die Billionen von Dollars und Euros in Form von unkontrollierten Derivaten verschieben. Die Wirtschaft braucht Menschen, die über akzeptable Einkommen verfügen und dieses Geld wieder ausgeben. Ob dieses Geld einer teilweisen Golddeckung unterliegt, ob es durch Silber gesichert wird oder schlicht durch ein überschaubares System, das öffentlicher Kontrolle untersteht, ist für den Moment zweitrangig. Von größter Bedeutung wäre, das gesamte Geldsystem, umgehend, in die öffentliche Hand zu nehmen.
Sind wir nicht Bürger demokratischer Länder? Hat man uns nicht erzählt, das Recht ginge vom Volke aus? Wie lange wollen wir noch zuwarten, dieses unser Recht einzufordern? Was werden Sie eines Tages Ihren Kindern erzählen, wenn Sie von diesen gefragt werden: „Warum hast du das alles denn zugelassen?“ Werden Sie Ihrem Sohn dann verlegen erklären, dass Sie von all dem nichts gewusst haben?