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Diktatur, Militärregierung – und dann Demokratie

pyramiden_gizaVor genau zehn Tagen, am 2. Februar, veröffentlichte The Intelligence einen Artikel, der eine vorübergehende Militärregierung in Ägypten als wahrscheinlichste Entwicklung erklärte. Dem bisherigen Verhalten der Armeekräfte entsprechend, war auch durchaus zu erwarten, dass das ägyptische Volk mit dieser Lösung einverstanden sein müsste. Nachdem der bisherige Herrscher des Landes, Hosni Mubarak, am Freitag seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte, stellte sich ein, aus ranghohen Militärs bestehender, Rat an die Spitze des Staates. Ruhe und Ordnung sollten dadurch gesichert sein. Ebenso wie der Weg in eine Demokratie. Und nach wessen Wünschen wird sich diese ausrichten?

Das Verhalten der Armee während der 18 Tage dauernden Demonstrationen in Ägypten sorgte wiederholt für Verwunderung. Während der drei Jahrzehnte dauernden Herrschaft von Hosni Mubarak stand dieser ständig in bestem Einvernehmen mit der Armeeführung. Warum wurde er von seinen Vertrauten im Stich gelassen? War es die Einsicht, dass Mubarak dem Land mehr Schaden als Nutzen brachte? War es Verständnis für die Beweggründe der Demonstranten? Spielte internationaler Druck eine Rolle?

Die ägyptische Armee verfügt über rund 400.000 aktive Soldaten und noch einmal so viele Reservisten. Eine Niederschlagung des Volksaufstandes wäre gewiss einfach durchzuführen gewesen. Doch wie hätte die Weltöffentlichkeit auf ein brutales Blutvergießen reagiert? Welchen Einfluss hätte eine derartiges Vorgehen auf eine weitere Zusammenarbeit mit den Verbündeten, allen voran die USA und Israel, ausgeübt? Kurz gesagt: Wären in Ägypten Hunderte oder gar Tausende Menschen ums Leben gekommen und die Vereinigten Staaten hätten sich von dieser Regierung nicht distanziert, in welchem Licht wäre das von den USA propagierte Demokratiesystem gestanden? Als die chinesische Führung im Juni 1989 den Monate andauernden Volksaufstand mit Panzern überrollte, was als Tian’anmen-Massaker in die Geschichte einging, befand sich das Internet noch in den Kinderschuhen. Informationen fanden fast ausschließlich durch die etablierten Medien Verbreitung. Das anfängliche Entsetzen in der westlichen Welt verblasste damals parallel mit dem Ausbleiben weiterer Berichte. China lag nicht nur in entsprechender räumlicher Distanz, das bevölkerungsreichste Land der Welt befand sich 1989 auch auf anderen Ebenen noch in einem Zustand der Isolation. Und als einige Jahre später rege Handelsbeziehungen einsetzten, war der brutale Mord an geschätzten 3.000 Menschen schon lange wieder vergessen. Heutzutage, auch wenn inzwischen nur drei Jahrzehnte vergangen sind, würde ein Massenmord vermutlich nicht mehr so rasch und ohne jegliche Konsequenzen in Vergessenheit geraten.

Der, am 2. Februar von The Intelligence veröffentlichte Artikel, der sich mit einer möglichen Militärregierung auseinander setzte, nannte zwei mögliche Betrachtungsweisen eines derartigen Szenarios. Dementsprechend könnte sich die Armeeführung dafür einsetzen, das autoritäre politische System in Ägypten zu einem Ende zu bringen und freie demokratische Wahlen, wie für September versprochen, organisieren. Nicht ignoriert werden sollte jedoch die Möglichkeit, dass es sich dabei von Anfang an um Plan B gehandelt haben könnte. Noch am Donnerstag hatte Hosni Mubarak verkündet, bis zu den versprochenen Wahlen im Amt zu verbleiben. Die Demonstranten reagierten heftig. Schwere Ausschreitungen nach dem Freitagsgebet wurden befürchtet. Bevor es jedoch so weit kommen konnte, wurde plötzlich doch Mubaraks Rücktritt verkündet. Dass bis auf weiteres die Kontrolle des Landes von den Armeekräften übernommen wird, stieß auf allgemeine Begeisterung. Schließlich hatte die Zurückhaltung der Militärs während der Massenkundgebungen entsprechendes Vertrauen mit sich gebracht.

Die Demonstrationen sind zu einem Ende gekommen. Die Straßen werden geräumt und gesäubert. Gewiss bringt jeder in Ägypten Verständnis dafür auf, dass ein harmonischer Übergang zu „wahrer Demokratie“ entsprechende Zeit erfordert. Es stehen nun sieben Monate bis September zur Verfügung, um eine neue politische Führung entstehen zu lassen. Zweifellos hoffen die Menschen Ägyptens darauf, dass sich respektierte Persönlichkeiten des Landes, ohne Einfluss internationaler Kräfte, zur Wahl stellen werden und dass das Wohlergehen des Volkes von nun an im Vordergrund stehen wird.

Über mögliche Kandidaten wird bislang wenig gesprochen. Wer immer sich zur Verfügung stellen wird, kann allerdings auf finanzielle Mittel für das Führen eines Wahlkampfes, für die Bekanntmachung von Ideen und Zukunftsplänen, nicht verzichten. Und wer wird diese zur Verfügung stellen? Was von Wahlversprechen zu halten ist, damit hat zwar jeder Bürger westlicher Länder bereits ausreichende Erfahrungen. In Ägypten sind freie Wahlen jedoch etwas Neues. Somit lässt sich auch erwarten, dass Versprechungen noch ernst genommen werden. Und ebenso ist zu erwarten, dass die Armee auch wirklich die Regierungsgeschäfte an die Sieger der kommenden Wahl abgeben wird. Ob die kommenden Veränderungen auch die erhofften Verbesserungen mit sich bringen werden? In welcher Form hat sich die Lebensqualität der Bürger westlicher Demokratien während der vergangenen Jahrzehnte verbessert?

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