Freitag , 26 April 2024
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Afghanistan – Das zehnte Kriegsjahr

afghanistan_kriegNeun Jahre Krieg sind eine lange Zeit. Regelmäßig neue Anschläge, gefallene Soldaten, tote Zivilisten, die nicht einmal gezählt werden. Steht ein Sieg in Aussicht? Was für ein Sieg? Gegen wen? Gegen das afghanische Volk, gegen die Taliban, gegen Terroristen. Weswegen wurde Afghanistan angegriffen? Fast vergessen ist der lange zurückliegende Anlass. Ging es nicht um Osama Bin Laden und Al-Kaida, nach den Terroranschlägen auf New York und das Pentagon? Bin Laden, sofern er noch lebt, hält sich dort nicht mehr auf. Von Al-Kaida gibt es wenig zu berichten. Was bewegt die NATO-Allianz weiterhin, den Krieg, der angeblich gar keiner ist, weiter zu führen?

Wenn bewaffnete ausländische Soldaten in ein Land einfallen, dann handelt es sich um Krieg – und um nichts anderes. Jede andere Formulierung dient als sprachliche Beschönigung, so wie der Waidmann ein Tier erlegt, anstatt es zu töten, Personal freigestellt wird – und nicht entlassen.

Die Vorfälle vom 11. September 2001 haben die Welt erschüttert. Auch wenn es durchaus als sonderbar erschien, dass Osama Bin Laden und Al-Kaida innerhalb weniger Stunden als Verantwortliche entlarvt waren, Emotionen waren geschürt. Der Täter dieses unglaublichen Verbrechens musste zur Rechenschaft gezogen werden. Hat sich die damalige Taliban-Regierung nicht angeboten, Bin Laden an die USA auszuliefern, sobald diese Beweise vorgelegt hätte, dass dieser wirklich der Drahtzieher war? Der, online vom FBI veröffentlichte, Steckbrief für Bin Laden verweist auch heute noch nicht direkt auf den genannten Terroranschlag.

Der angeblich meistgesuchte Mann der Welt, auf dessen Kopf nicht weniger als 25 Millionen Dollar ausgesetzt sind, ist spurlos verschwunden. Gut, damit wir ihn nicht ganz vergessen, taucht hin und wieder eine Botschaft von ihm auf. Anfangs waren es Videos, mittlerweile sind es nur mehr Tonaufzeichnungen, die üblicherweise von Al-Jazeere ausgestrahlt werden, und deren Echtheit nicht wirklich Bestätigung findet. Wo immer er sich auch aufhalten mag, in afghanischen Höhlen wird er schon lange nicht mehr vermutet.

Auch die, den Amerikanern nicht genehme, Taliban-Regierung ist schon lange gestürzt. Abgesehen davon, ob dies wirklich die Aufgabe des Westens war, sich in innenpolitische Angelegenheiten einzumischen, soll dies als Rechtfertigung dienen, den Krieg nun ein zehntes Jahr weiter zu führen? Ja, aber die Taliban, deren eigene Stärke auf nicht mehr als 25.000 Mann geschätzt wird, erfreut sich immer stärkerer Unterstützung durch die Zivilbevölkerung. Was für ein Wunder. Glaubt wirklich irgend jemand daran, dass bewaffnete Männer und Frauen, die aus weiter Ferne in ein Land einströmen, Bomben abwerfen, Granaten feuern, um sich schießen, als „Befreier“ willkommen geheißen werden könnten? Die Toten und Verletzten unter den Eroberern werden exakt aufgelistet. 1.323 Amerikaner, 340 Engländer, 152 Kanadier, 49 Franzosen, 45 Deutsche, insgesamt 2.144. Um die Zahl getöteter afghanischer Zivilisten scheint niemand wirklich besorgt zu sein. Die Schätzungen liegen zwischen 11.000 und 34.000. Kein geringfügiger Unterschied!

Wie der kritische US-Filmemacher Michael Moore in einem Artikel zum Jahrestag des Einmarsches, am 7. Oktober, in Erinnerung rief, gelang es von Dschingis Khan bis Leonid Breschnew bis jetzt noch niemandem, Afghanistan einzunehmen. Gleichzeitig verwies er auch darauf, dass es vom Einfall der US-Truppen in der Normandie bis zur restlosen Kapitulation Deutschlands nicht länger als elf Monate in Anspruch genommen hatte. Was oder wem dient dieser scheinbar endlose Krieg in Afghanistan?

Michael Moore verwies auf das Unternehmen Halliburton, bei dem es sich mit Sicherheit aber nicht um den einzigen Kriegsgewinnler handelt. Auch blüht der Opiumhandel wieder, dem die Taliban, vor dem Einmarsch, ein rigoroses Ende gesetzt hatte. Ganz beiläufig hörte man auch gelegentlich von einer strategisch wichtigen Pipeline. Könnte dies als Rechtfertigung für einen Krieg, der Zehntausenden von Menschen das Leben kostete und noch vielen mehr tragisches Leid beschert, dienen?

Im Juni dieses Jahres wurde auch bekannt, dass „ganz plötzlich“ enorme Vorkommnisse von Bodenschätzen entdeckt wurden. Zwar nicht Erdöl, doch seltene Metalle, wie Lithium, Caesium, Tantal und Niob, die für die moderne Technologie, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich, von größter Bedeutung sind.

120.000 Soldaten aus 48 verschiedenen Ländern sind in Afghanistan im Einsatz. Ein beachtlicher Teil der Welt ist an diesem Krieg beteiligt. Die Zahl der Deutschen Kämpfer wird mit 4.590 angegeben. Es ist kein Geheimnis, dass die Mehrheit in Deutschland sich gegen diesen Krieg ausspricht. Und diejenigen, die ihn unterstützen, sind überwiegend von der humanitären Mission überzeugt. Religionsfreiheit, Frauen ohne Schleier, Anschluss an den modernen Westen, was immer sich die Befürworter auch erträumen mögen. Die wahren Hintergründe bleiben aber weiterhin im Verborgenen. Wir als Bürger, vor allem aber die Medien, von denen wir uns letztendlich mehr vertreten fühlen als von unseren eigenen, gewählten Politikern, sollten die Frage regelmäßig aufwerfen. Nach so vielen Jahren Krieg, wäre es wohl endlich an der Zeit, über die wahren Gründe offiziell informiert zu werden.

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