Samstag , 20 April 2024
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Fukushima – Wer spricht über die anhaltende menschliche Tragödie?

kinder von fukushima 250Am 11. März des Vorjahres bebte in Japan die Erde mit einer Stärke wie nie zuvor. Erst folgte ein Tsunami und dann der Supergau im Atomkraftwerk von Fukushima. Gestern wurde der 19.000 Todesopfer gedacht. Erwähnung fand zwar auch, dass 340.000 Menschen ihre Häuser, ihre Heimat verloren. Doch wie sieht es mit der Strahlenseuche aus? Wer gedenkt der Millionen, die nicht wissen, wann der Krebs bei ihnen oder ihren Kindern einsetzen wird? Millionen von Einzelschicksalen. Menschen, denen ihre Heimat nur Kummer, Angst und Sorge beschert. Menschen, die ihre Heimat aufzugeben bereit wären, liebend gerne wegziehen würden, denen es aber an den finanziellen Mitteln fehlt. Denn der japanische Staat, wie überall anders auch, unterstützt die Atomlobby, im dortigen Fall TEPCO, und nicht die Bevölkerung.

Unmengen an verseuchtem Kühlwasser wurden gesammelt und niemand hat auch nur die geringste Ahnung, was damit geschehen soll. Ebenso auf Jahrzehnte oder Jahrhunderte strahlendes Erdreich wird irgendwo provisorisch aufbewahrt. Wohin damit? Wer den Reaktoren zu nahe wohnte, wurde in Sporthallen und Gemeindesäle verfrachtet, wartet dort Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat auf eine Antwort auf die Frage: Wie soll das Leben weitergehen?

Und wie sieht es mit den Menschen aus, die ein paar Kilometer weiter entfernt leben, deren Wohnsitz nicht mehr in der Evakuierungszone liegt. Die Regierung stellt Bescheinigungen der Unbedenklichkeit aus. Mit Schutzmasken vor dem Mund besuchen Kinder die verseuchten Schulen, nehmen verseuchtes Wasser und verseuchte Nahrung zu sich; unterlassen es, im Freien zu spielen. Und sollten wir wirklich glauben, dass sie in kindlicher Naivität darüber hinwegsehen, wie es um ihre Zukunft steht? Japan war das erste Land der Welt, das mit Massenvernichtungswaffen angegriffen wurde, ein Verbrechen, das niemals einen Richter fand. Jeder Japaner weiß, was Strahlenkrankheit bedeutet. Hunderttausende waren davon betroffen. Millionen von Menschen waren der Radioaktivität, nach den Bombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki, ausgesetzt. Karl Buckner hatte das damalige Schicksal am Beispiel eines jungen Mädchens beleuchtet. „Sadako will leben“ wurde zum Weltbestseller. Wie viele Sadakos gibt es heute in Japan, die leben wollen?

Sind wir überhaupt dazu fähig uns vorzustellen, wie ein Alltag vor sich geht, wenn man sich zu jedem Zeitpunkt bewusst ist, dass die gesamte Umgebung, das kleinste Sandkorn, jeder Wassertropfen verstrahlt ist? Wer versteht schon, was die verschiedenen Messungen bedeuten? Wie viel Gift lässt sich einnehmen, bevor es uns vergiftet? Wie vertrauenserweckend sind Grenzwerte, wenn diese ums Zehnfache angehoben wurden? Wie glaubwürdig sind die offiziellen Angaben, wenn eine mächtige Lobby zu beschönigen versucht?

Wer sich mit einem Messer verletzt, der blutet. Wer verdorbene Nahrung zu sich nimmt, leidet an Krämpfen und an Erbrechen. Doch wie macht es sich bemerkbar, wenn wir erhöhter Strahlung ausgesetzt sind – von ganz extremen Fällen natürlich abgesehen? Wie viele Jahre warten wir auf das Krebsgeschwür, von dem uns dann noch erzählt wird, dass Mangel an Bewegung, falsche Ernährung oder gar Zigarettenrauch dieses ausgelöst hätte?

Wie hoch sind die Krebsraten weltweit angestiegen, seit mit Atomenergie experimentiert wird? Auch ohne Reaktorunfall in der näheren Umgebung muss jeder zweite Mann und jede dritte Frau damit rechnen, eines Tages an Krebs zu erkranken. Und was schreiben die Medien dazu, wenn solche Zahlen wirklich einmal Veröffentlichung finden? Es läge daran, dass die Menschen nun länger lebten. Und an der falschen Ernährung. Und am Mangel an Bewegung. Kein Wort von nuklearer Belastung (oder von Chemikalien oder von beruflichem Stress).

Gelegentlich finden sich Berichte, die besagen, sogar in Tokio sei die Strahlenbelastung weit über dem akzeptablen Niveau. Angstmacherei, sagen die Einen. Beschönigung, die Anderen. Die Atomgegner überspielen den Vorfall. Die Atomlobby unterdrückt die Wahrheit.

Ich persönlich würde mich wohler fühlen, wenn dieser Dschinn seine Flasche niemals verlassen hätte. Und viele Japaner werden es heute, seit ihr Leben von diesen unsichtbaren, todbringenden Schatten begleitet wird, wahrscheinlich ähnlich sehen. Ist noch immer nicht genug Unheil im Namen des Fortschritts angerichtet worden?

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