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Erhöhtes Gesundheitsrisiko durch kosmische Strahlung beim Fliegen

tragflaecheDas Fliegen gehört bekanntermaßen nicht zu den umweltfreundlichsten Möglichkeiten der Fortbewegung. Zu den negativen Folgen des Fliegens gehört dabei nicht nur der hohe Ausstoß an Kohlendioxid. Der Treibhauseffekt wird zudem auch verstärkt durch Stickoxide, Ruße und Sulfataerosole sowie durch Wasserdampf, der in einer Flughöhe von 10.000 Metern Kondensstreifen entstehen lässt. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat dabei 1999 festgestellt, dass der Ausstoß von Kohlendioxid beim Fliegen zwei bis viermal schädlicher ist als der Ausstoß der gleichen Emissionsmenge am Boden.

Verschärfend kommt hinzu, dass der Flugverkehr in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch anteilmäßig stark zugenommen hat. Das Statistische Bundesamt vermeldete erst kürzlich einen neuen Rekord von 167 Millionen Passagieren auf den 26 großen deutschen Flughäfen im Jahr 2010, 2002 waren es noch 114 Millionen Passagiere. Einen wesentlichen Beitrag zu den Steigerungen haben die Angebote von Billigfliegern geleistet. Dabei ist es nicht nur so, dass Passagiere anstelle der Bahn den Flieger nehmen, um z.B. schneller von Berlin nach Köln zu gelangen. Reisende wenden häufig auch die gleiche Zeit für das Reisen auf wie früher für das Reisen mit Bahn oder PKW. Indem sie dann allerdings nicht mehr vier bis fünf Stunden von Berlin nach Köln mit der Bahn unterwegs sind, sondern zwei Stunden nach Mailand oder sechs Stunden nach Dubai, kommt es zu einer Vervielfachung von Emissionen!

Unter der folgenden Adresse kann man übrigens berechnen, welches Ausmaß an Kohlendioxid-Emission man bei einem beliebigen Flug verursacht – verglichen mit der CO2-Emission beim jährlichen Betrieb eines Kühlschranks, dem jährlichen Kohlendioxid-Austoß eines Menschen in Indien, der jährlichen Kohlendioxid-Emission beim Fahren eines Mittelklassewagens sowie dem klimaverträglichen Jahresbudget eines Menschen (3000 kg):

http://www.atmosfair.de

Bereits mit einem Hin- und Rückflug von Berlin nach Madrid überschreitet man demnach die Jahresemissionen eines Menschen in Indien!

Fliegen wirkt sich allerdings nicht nur schädlich auf die Umwelt aus, sondern beinhaltet auch gesundheitliche Risiken für den Reisenden. Diese resultieren weniger aus einem gewissen Unfallrisiko (das ja beim Fliegen relativ gering sein soll) oder der möglichen Anwesenheit von Terroristen, als vielmehr aus einer erhöhte Belastung durch kosmische Strahlen in großen Höhen. Diese Strahlenbelastung hängt ab von der Flughöhe, Flugdauer und der Region, in der man unterwegs ist. Große Flughöhen, eine lange Flugdauer und häufiges Fliegen erhöhen das Risiko. Die Strahlenbelastung ist des Weiteren in der Nähe der Pole höher als am Äquator, was mit der unterschiedlichen Stärke des Erdmagnetfeldes zusammenhängt, welches normalerweise eine Abschirmung vor kosmischer Strahlung bewirkt. Auch der 11-jährige Zyklus der Sonnenaktivität führt zu Intensitätsschwankungen. Weiterhin kann es im Zuge von Sonneneruptionen zu kurzzeitigen stark erhöhten Strahlendosen kommen.

Auf der Erde ist der Mensch allerdings auch einer gewissen Strahlenbelastung ausgesetzt, die aus kosmischer Strahlung sowie natürlichen radioaktiven Stoffe in der Umwelt resultiert, beispielsweise das im Erdreich vorkommende radioaktive Edelgas Radon, das sich in Wohnungen anreichern kann. Diese Strahlenbelastung beträgt in Deutschland im Mittel 2100 Mikrosievert pro Jahr – mit erheblichen örtlichen Schwankungen.

Durch einen einzelnen Kurzstreckenflug erhöht sich diese Strahlenbelastung dabei nur geringfügig. Beispielsweise beträgt die zusätzliche Strahlenbelastung für einen einfachen Flug von Frankfurt am Main nach Rom laut Bundesamt für Strahlenschutz lediglich 3 bis 6 Mikrosievert (maximal plus 0.3 Prozent). Bei einem Flug nach New York oder San Francisco sind es allerdings bereits 32 bis 75 (plus 3.6 Prozent) bzw. 45 bis 110 Mikrosievert (plus 5.2 Prozent). Für Vielflieger, die häufig auf langen Strecken unterwegs sind, summiert sich die Belastung dementsprechend.

Laut Strahlenschutzverordnung darf die jährliche zusätzliche Belastung für Personen der Normalbevölkerung maximal 1000 Mikrosievert betragen (§ 46 Abs. 1). Bei fliegendem Personal wurde für Deutschland im Jahr 2004 eine mittlere Jahresdosis von 1900 Mikrosievert festgestellt. Bei beruflich strahlenexponierten Personen, zu denen auch das Flugpersonal zählt, beträgt der Grenzwert allerdings 20.000 Mikrosievert (§ 55 Abs. 1). Bei berufstätigen Schwangeren gilt wiederum für das ungeborene Kind der Grenzwert von 1000 Mikrosievert (§ 55 Abs. 4). Es gibt aber strenggenommen keinen Grenzwert, unter dem ein gesundheitliches Risiko völlig ausgeschlossen ist. Daher ist in der Strahlenschutzverordnung festgelegt, dass jede unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden und zusätzliche Strahlenbelastung soweit wie möglich zu verringern sind (§ 6).

Das GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit spricht zwar von einzelnen Hinweisen, die auf ein leicht erhöhtes Gesundheitsrisiko hindeuten, sieht allerdings insgesamt keinen Anlass, vom Fliegen abzuraten. Dies gilt auch für Schwangere und Kinder, so weit keine anderen medizinischen Gründe gegen einen Flug sprechen. Am ehesten scheint es ein dreifach erhöhtes Risiko für eine Erkrankung am Grauen Star bei Piloten zu geben, wobei die zugrundeliegende Studie allerdings aufgrund methodischer Probleme kritisiert wird. Wobei Feldstudien aber zwangsläufig methodische Probleme beinhalten.

Weitere Informationen des GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (Helmholtz Zentrum München): Kosmische Strahlung beim Fliegen

Mit Hilfe des Programms EPCARD, welches standardmäßig von vielen Fluglinien zur Errechnung der Strahlenbelastung für das Personal verwendet wird, kann man auch seine individuelle Strahlenbelastung bei bestimmten Flügen berechnen: http://www.helmholtz-muenchen.de/epcard-portal/

Es stellt sich jedoch die Frage, ob man auch weiterhin von einem solch geringen Gesundheitsrisiko ausgehen kann: Üblicherweise bietet das Magnetfeld der Erde einen Schutz vor der kosmischen Strahlung. Allerdings findet im Durchschnitt aller 200.000 Jahre eine Umpolung des Magnetfelds statt. Eine solche Umpolung nimmt normalerweise einen Zeitraum von mehreren Tausend Jahren in Anspruch, wobei das Magnetfeld in seiner Intensität stark abnimmt und zeitweise fast nicht mehr vorhanden ist. Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine solche Umpolung längst überfällig ist, da die letzte Umpolung bereits 780.000 Jahre zurückliegt. Und es gibt Anzeichen, dass eine solche Umpolung bereits im Gange ist. So hat das Magnetfeld weltweit seit 1979 durchschnittlich um 1.7 Prozent abgenommen, im Bereich des Südatlantiks sogar um mehr als 10 Prozent: http://lexikon.astronomie.info/erde/magnetfeld.html

Ein geschwächtes Magnetfeld hätte vor allem Beeinträchtigungen unserer modernen Kommunikations- und Energieversorgungsnetze zur Folge. Am Erdboden schützt uns selbst auch die Atmosphäre vor kosmischer Strahlung.

Beitrag von Falk Richter – http://www.falkrichter.de

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