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Volkskrankheit Diabetes – jeder 10. Deutsche ist bereits betroffen

liebesaepfelFür manchen mag Diabetes mellitus eine Krankheit vor allem älterer Menschen sein. Ist sie allerdings nicht. Gerade der früher als „Altersdiabetes“ bezeichnete Typ-2-Diabetes findet sich mittlerweile gehäuft auch bei jüngeren Menschen. Dabei spielen vor allem Übergewicht, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel eine wichtige Rolle. Der Begriff Diabetes mellitus bedeutet wörtlich „süßer Durchfluss“ und weist darauf hin, dass diese Krankheit in der Antike anhand eines süßlichen Geschmacks des Urins der Betroffenen diagnostiziert wurde. Es handelt sich dabei um eine ganze Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen, deren Gemeinsamkeit eine Überzuckerung des Blutes aufgrund einer Störung des Insulinstoffwechsels ist. Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) unterscheidet im wesentlichen die Diabetes-mellitus-Typen 1 und Typ 2 sowie weitere spezifische Diabetes-Typen von zahlenmäßig untergeordneter Bedeutung.

Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin bewirkt normalerweise eine Aufnahme von Glukose aus dem Blut in das Innere der Zellen, die daraus ihre Energie gewinnen, sowie eine Speicherung von aktuell nicht benötigter Glukose in Form von Glykogen in Leber und Muskelzellen. Ohne Insulin würde die Leber selbst täglich bis zu 500 Gramm Glukose produzieren, was jedoch durch das Insulin unterdrückt wird. Des weiteren bewirkt Insulin auch den Aufbau von Körperfett. Ein anhaltender Insulinmangel bewirkt daher neben einem erhöhten Blutzuckerspiegel auch den Abbau von Fett und Muskeleiweiß, was zu einer extremen Gewichtsabnahme führen kann.

Typ-1-Diabetes (früher auch „jugendliche Diabetes“ genannt) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der eine Zerstörung der für die Insulinproduktion notwendigen Zellen in der Bauchspeicheldrüse stattfindet. Die Folge ist ein absoluter Insulinmangel. Dadurch kommt es zu einer raschen Gewichtsabnahme und zu einer Austrocknung aufgrund der ständigen Ausschwemmung der überflüssigen Glukose über die Nieren. Die Patienten müssen häufig Wasser lassen und haben ständig Durst. Dazu gesellen sich allgemeine Symptome wie Müdigkeit, Sehstörungen und Konzentrationsstörungen. Typ-1-Diabetes wird auf ein Zusammenwirken unterschiedlicher Ursachen zurückgeführt, darunter sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse. Allerdings ist die familiäre Häufung bei diesem Diabetes-Typ gering.

Beim Typ-2-Diabetes (früher auch „Altersdiabetes“ genannt) produziert die Bauchspeicheldrüse dagegen zunächst ausreichend Insulin. Allerdings bewirkt eine Insulinresistenz der Zellmembranen, dass das vorhandene Insulin nicht seine volle Wirkung entfalten kann. Diese Insulinresistenz ist zunächst durch eine Überproduktion von Insulin kompensierbar. Später kann es allerdings auch hier zu einer eingeschränkten Insulinproduktion kommen.

Die Insulinresistenz bei beim Typ-2-Diabetes steht in engem Zusammenhang mit Übergewicht und nicht bedarfsbezogener Ernährung. Die bereits ausreichend mit Glukose versorgten Zellen produzieren dabei bestimmte Botenstoffe, die dem Insulin entgegenwirken, indem sie die weitere Aufnahme von Glukose aus dem Blut verhindern. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes zeigt sich hier nur sehr selten eine Gewichtsabnahme. Nur bei massiv erhöhten Blutzuckerwerten ist ein erhöhter Drang zum Wasserlassen sowie erhöhter Durst festzustellen. Zu Beginn der Erkrankung stehen unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen sowie eine allgemeine Infektneigung im Vordergrund. Typ-2-Diabetes wird im allgemeinen zu spät erkannt, da sich oft jahrelang keine Symptome zeigen. Menschen ab 60 Jahren sind zu 18 bis 28 Prozent von Typ-2-Diabetes betroffen. Allerdings wird diese Erkrankung auch bei immer mehr jungen Menschen diagnostiziert. Eine wichtige Rolle dürfte dabei der steigende Anteil übergewichtiger junger Menschen spielen. Diabetes Typ 2 tritt in hohem Maße familiär gehäuft auf. Dabei dürfte neben genetischen Faktoren, die sich auf Übergewicht und Insulintoleranz auswirken, auch das im Elternhaus vermittelte Ernährungsverhalten eine wichtige Rolle spielen.

Typ-1-Diabetiker sind lebenslang auf die externe Zufuhr von Insulin durch Spritzen oder Insulinpumpen angewiesen. Diabetes vom Typ 2 lässt sich dagegen zunächst ohne den Einsatz von Medikamenten und Insulin behandeln. Nach den Behandlungsleitlinien der DDG  steht dabei an erster Stelle die Umstellung der Ernährung und des Lebensstils, verbunden mit Gewichtsreduktion und regelmäßiger Bewegung. Erst wenn diese Basistherapie nach drei Monaten keinen Erfolg bringt, sollen spezielle Medikamente eingesetzt werden, und erst an dritter Stelle steht die zusätzliche Gabe von Insulin.

Bei der Hälfte aller Neudiagnosen führt bereits eine Gewichtsreduktion um 10 kg zu einer Remission, d.h. die Laborwerte für den Blutzuckerspiegel liegen dann wieder im Normalbereich! Insbesondere Ausdauersport steigert den Energieverbrauch, verbessert die Sensitivität der Zellmembran für das Insulin und senkt so den Blutzucker. Allerdings scheinen viele Betroffene eher die Einnahme von Medikamenten als eine Veränderung des Lebensstils zu akzeptieren.

Eine Umstellung der Ernährung bedeutet dabei „nur“ eine gesunde und ausgewogene Ernährung (bedarfsbezogene Kalorienzufuhr, ballaststoffreich, vollwertig, viel frisches Obst und Gemüse, Alkohol in Maßen). Die Betroffenen müssen dabei keinesfalls auf zuckerhaltige Nahrungsmittel verzichten. Spezielle zuckerreduzierte Lebensmittel sind dagegen aufgrund eines erhöhten Fettanteils sogar kontraindiziert! Experten bemühen sich daher seit langem um ein Verkaufsverbot solcher „Diabetiker-Lebensmittel“. Der Bundesrat hat letztlich auch am 24. September 2010 beschlossen, dass solche Produkte nach Ablauf einer Übergangsfrist von zwei Jahren nicht mehr als „diätetische Lebensmittel“ gekennzeichnet werden dürfen.

Diabetes erhöht das Risiko einer ganzen Reihe von Folgeerkrankungen, vor allem im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems (Bluthochdruck, arterielle Verschlüsse, Herzinfarkt, Schlaganfall). Arterielle Verschlüsse können zum Absterben von Gewebe insbesondere im Bereich der Füße und Beine mit der Folge einer notwendigen Amputation führen. Auch die Nieren sind betroffen – ein hoher Anteil von Dialyse-Patienten ist gleichzeitig Diabetiker. Des weiteren droht das Risiko einer Erblindung infolge von Durchblutungsstörungen im Bereich der Netzhaut.

Diabetes ist dabei eine Krankheit, die zunächst nicht wehtut. Im Gegenteil: Bei etwa der Hälfte der Diabetiker kommt es zu Nervenschädigungen, die zu Missempfindungen und verminderten Empfindungen vor allem im Bereich der Füße führen. Es beginnt mit einem Kribbeln und kommt zunehmend zu Gefühllosigkeit. Betroffene treten beispielsweise in Scherben oder Nägel, ohne es zu bemerken. Infolge von Durchblutungsstörungen kommt es am Ende häufig zu einem Absterben von Gewebe, so dass Füße oder gar Beine amputiert werden müssen. Bei über 40.000 Diabetikern in Deutschland werden jährlich Amputationen durchgeführt.

Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2008 in Deutschland 6.3 Millionen offizielle Diabetes- Fälle. Etwa 90 Prozent der Betroffenen weisen einen Typ-2-Diabetes auf, 5-10 Prozent einen Typ-1-Diabetes. Weil Typ-2-Diabetes schleichend beginnt und erst spät diagnostiziert wird, wird allerdings eine hohe Dunkelziffer vermutet. Es wird daher davon ausgegangen, dass mindestens 10 Prozent der Deutschen Diabetiker sind. Des weiteren wird eine weitere Steigerung auch in den kommenden Jahren erwartet. Nach Untersuchungen im Bereich der AOK Hessen stieg der Anteil der Diabetes-Fälle in den Jahren 1998 bis 2007 von 5.9 auf 8.9 Prozent. Diese Entwicklung wird vor allem auf die drastische Zunahme von Übergewicht in der Bevölkerung, den vermehrten Konsum von „Junk Food“ und kalorienreduzierten Nahrungsmitteln mit hohem Fettanteil, abnehmende körperliche Bewegung, aber auch den Anstieg der Lebenserwartung zurückgeführt.

Auf der Website der Deutschen Diabetes-Gesellschaft findet sich auch ein Test zur Risikobestimmung für Typ-2-Diabetes: Deutscher Diabetes-Risiko-Test

Interessant dabei ist, dass ein hoher Kaffeekonsum und ein mittlerer Alkoholgenuss als eher gesund eingestuft wird. Wobei allerdings kritisch hinterfragt werden kann, warum der Taillenumfang dabei eine extrem hohe Gewichtung, das Ausmaß körperlicher Aktivitäten allerdings ein sehr geringe Gewichtung erfährt.

Um auf diese Erkrankung aufmerksam zu machen, wird seit 1991 der 14. November als Weltdiabetestag begangen.

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