Donnerstag , 28 März 2024
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Amerikanische Regierung ließ Alkohol mit tödlichem Gift versetzen

prohibition_endsEs passierte während der Prohibitionsjahre (1920 – 1933). Billig gepanschter Schnaps führte regelmäßig zu Vergiftungen. Doch eine Reihe von ganz speziellen Symptomen, 1926 beginnend, schien nicht abzureißen. Die Zahl der Todesopfer wird auf rund 10.000 geschätzt. Ursache war absichtlich vergifteter Industriealkohol, der, von Schwarzhändlern gestohlen, zu Schnaps weiter verarbeitet wurde. Die Beimischung der tödlichen Chemikalien war von der Regierung verordnet. Die Folgen waren bekannt. Die Praktik wurde deswegen eingesetzt, um Konsumenten illegalen Alkohols das Trinken zu verleiden. Die, mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete, amerikanische Journalisten, Deborah Blum, stieß bei Recherchen für ihr neuestes Buch auf unglaubliche Fakten.

Deborah Blums Artikel wurde am 19. Februar auf der Webseite Slate.com veröffentlicht (englisch). Sie schrieb, dass es ihr anfangs schwer fiel, die Fakten zu glauben, auf die sie bei Recherchen für ihr Buch, „The Poisoner’s Handbook“, das dieser Tage bei Penguin-Press erschien, gestoßen ist.

Sie verweist auf einen Artikel, der 1927 in der Chicago Tribune erschienen ist. Dort stand geschrieben: „Normalerweise würde sich keine amerikanische Regierung auf so etwas einlassen. … Es ist einfach der merkwürdige Fanatismus der Prohibition, dass sich alle Mittel, ungeachtet wie barbarisch, rechtfertigen lassen.“ Gegnern dieser unmenschlichen Praktiken wurde vorgeworfen, auf der Seite der Kriminellen zu stehen. Man hielt fest, dass die Konsumenten von, illegal erzeugten, alkoholischen Getränke keine Sympathie verdienten. „Muss Uncle Sam die Sicherheit für Rauschmittel garantieren?“, wurde in der Omaha Bee, einer, 1871 in Nebraska gegründeten, Tageszeitung, die Frage gestellt.

Die ursprüngliche Idee eines generellen Alkoholverbotes – im freien Land der unbegrenzten Möglichkeiten – basierte auf dem protestantischen Puritanismus. Propagiert wurde, dass es ohne Alkohol keine Verbrechen mehr gäbe. Zehntausende von Existenzen, Weinbauern, Bierbrauer, Brennereien, Händler und Kneipen, wurden in den Ruin getrieben. Dafür wurden aber andere groß. Nachdem, den Statistiken von Versicherungsanstalten zufolge, der Alkoholkonsum in Amerika, während der Prohibitionsjahre, ums Dreifache anstieg, öffneten sich enorme Geschäftsmöglichkeiten für die Unterwelt. Lokalbesitzer wurden ebenfalls in die Illegalität getrieben, um überleben zu können. Gegen Ende der 1920er soll es in New York alleine 30.000 sogenannte „Speakeasies“, Kneipen, die illegal Alkohol verkauften, gegeben haben.

Im sogenannten Kampf um Recht und Ordnung, wurden die Grenzen zu Kanada, von wo der meiste Alkohol herkam, immer strenger kontrolliert. Die Reaktion der Unterwelt war der Diebstahl von Industriealkohol. Bis Mitte 1920 sollen über 200 Millionen Liter davon entwendet und zu trinkbarem Alkohol umgewandelt worden sein.

Seit 1906 wurde Industriealkohol vergellt, um ihn ungenießbar zu machen. Die Geschmacksstoffe ließen sich jedoch durch erneutes Destillieren entfernen. So suchte man nach neuen, nach effektiveren Ideen. Von offizieller Seite wurden den Herstellern von Industriealkohol vorgeschrieben, ihr Produkt mit mehr Giftstoffen zu versehen: u. a. Methylalkohol, verschiede Treibstoffe, Brucin, Cadmium, Formaldehyd, Quecksilber und einige mehr, wobei sich Methylalkohol als die tödlichste Substanz erwiesen hatte.

Die ersten, dadurch verursachten, Todesfälle gab es gegen Weihnachten des Jahres 1926. Vertreter der Gesundheitsbehörden zeigten sich schockiert: „Die Regierung weiß, dass sie das Trinken nicht unterbinden kann, indem sie den Alkohol vergiftet.“ Der Skandal bleib kein Geheimnis. Fakten wurden öffentlich diskutiert. Insbesondere der damalige Gesundheitsvertreter der Stadt New York, Charles Norris, forderte die Regierung auf, Giftzusätze zu unterlassen, warnte die Bevölkerung, und notierte über Jahre hinweg die Todesfälle. Dabei erinnerte er auch daran, dass der vergiftete Schnaps letztendlich von der ärmeren Bevölkerungsschicht getrunken wurde. Qualitativer Whisky oder auch französischer Champagner waren schließlich verfügbar, bloß wesentlich teurer.

Die unmenschlichen Praktiken endeten erst, als auch das Alkoholverbot zu einem Ende kam, 1933. Das brutale, rücksichtslose Vorgehen der damaligen US-Regierung ist letztendlich auch nur ein Puzzle-Stein, der in ein Bild passt, das u. a. Atomversuche, mit amerikanischen Soldaten in nächster Nähe, einschließt. Die Prohibition ist wie ein Schatten der Vergangenheit rasch aus der Erinnerung verschwunden. Die Verantwortlichen für den Tod Tausender von Menschen wurden nie zur Verantwortung gezogen.

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