Zwei Gedenktage folgen direkt aufeinander. Am 12. Oktober 1492 landete Christoph Kolumbus in der Neuen Welt. Am 13. Oktober 1307 ließ König Phillip IV alle Tempelritter Frankreichs verhaften, was Schritt um Schritt zum Ende dieses mächtigen Ordens führte. Der Überlieferung entsprechend, wurde der unermessliche Schatz der Templer niemals gefunden. Auch gibt es Berichte, dass eine verfügbare Flotte verschwunden sei. Ein Symbol der Tempelritter, u. a. auf deren Gräbern verewigt, war ein Schädel mit darunter überkreuzten Knochen, was Jahrhunderte später als Flagge der Freibeuter galt. Eine Steinplatte im Bundesstaat Massachusetts soll einen Tempelritter darstellen. Eine Kirche in Schottland, die bereits vor Kolumbus’ Reise fertiggestellt war, zeigt Maiskolben, die in Europa zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt waren.
Das Andenken der legendären Tempelritter wird gleichermaßen von historischen Fakten wie von Mythen überspannt. Die beiden namhaften Autoren Michael Baigent und Richard Leigh trugen in ihrem Klassiker „Der Tempel und die Loge“ beides zusammen und verwiesen gleichzeitig auf eine Verbindung mit der modernen Freimaurerei. Auch wenn kein ununterbrochener Zusammenhang belegbar ist, so werden Kandidaten im zehnten und höchsten Grad des sogenannten York-Ritus zu Tempelrittern geschlagen.
Tatsache ist, dass sich um 1118 eine kleine Gruppe von Edelmännern in Jerusalem niederließ. Angeblich gruben sie mehrere Jahre lang unter den Ruinen des Tempels von Herodes. Was sie dort gefunden haben könnten, fällt ausschließlich in den Bereich der Spekulation. Doch plötzlich erfreute sich der neu gegründete Orden der „Armen Ritterschaft Christi und des Tempels von Solomon“ enormer Beliebtheit. Hunderte und Tausende von Männern, überwiegend adeliger Abstammung, schlossen sich an, gaben ihren privaten Besitz auf, und verschrieben sich gleichzeitig klösterlichem Leben und heldenhaftem Kampf um das sogenannte Heilige Land.
Endlose Geschichten lassen sich sowohl über militärische Erfolge, spätere Niederlagen, und die geheime Ansammlung von Wissen, in Kommunikation mit dem Orient, lesen und analysieren. Was die Tempelritter, neben der Verbindung von Glaube und Militarismus, jedoch ganz besonders hervorhebt, ist die Verbreitung eines, in damaligen Zeiten noch völlig unbekannten, Bankensystems. Abgesehen von geschickten Techniken, das kirchliche Verbot für Christen, Geld gegen Zinsen zu verleihen, zu umgehen, führten die Tempelritter eine Form von Reiseschecks ein. Mehr als 8.000 Niederlassungen standen zur Verfügung. Wer etwa bei den Templern in Berlin, der Name „Tempelhof“ erinnert noch heute daran, Geld oder Gold deponierte, konnte das im Austausch ausgehändigte Zertifikat später an einem anderen Ort einlösen. Sowohl der einwandfreie Ruf als auch gewisse fälschungssichere Geheimzeichen boten höchstmögliche Sicherheit.
Allerdings, dieses in der damaligen Zeit beispiellose Netzwerk in Verbindung mit sagenhaftem Reichtum, schürten den Unmut von Königshäusern und auch des Vatikans. Noch dazu soll dem französischen König Phillip IV, „der Schöne“ genannt, eine Mitgliedschaft verweigert worden sein.
Dieser ließ versiegelte Botschaften an alle Polizeidienststellen im Land verschicken. Erst am Freitag, den 13. Oktober des Jahres 1307, sollten diese um eine bestimmte Uhrzeit geöffnet werden. Nachdem davor niemand wusste, welcher Auftrag ausgeführt werden sollte, war eine vorzeitige Warnung weitgehendst auszuschließen. Der Befehl lautete, alle Tempelritter im Land zu verhaften.
Detaillierte Angaben, auf Originaldokumenten basierend, über die nachfolgenden endlosen Prozesse finden sich in dem nur auf englisch erhältlichen Buch „The Knights Templars“ von Aimee Bothwell-Gosse, einer anerkannten Expertin in den Bereichen der ägyptischen Mythologie, Tempelritter und Freimaurerei. Der damalige Großmeister Jacques de Molay wurde nach mehrjähriger Gefangenschaft und Folter im Jahr 1314 am Scheiterhaufen verbrannt.
Nachdem der Orden Schritt um Schritt in ganz Europa verboten wurde, schlossen sich viele der Tempelritter anderen Gemeinschaften an. Zu denen zählen der Deutschritterorden, der Orden von Malta, der Johanniterorden und der Santiagoorden. Wie von Baigent und Leigh ausführlich beschrieben und teilweise belegt wird, ließ sich eine Gruppe in Rosslyn, einem kleinen Ort nahe von Edinburgh, nieder. Sowohl dort befindliche Gräber als auch eine Reihe mystischer Symbole in der Kapelle lassen darauf schließen, dass diese von Tempelrittern errichtet wurde. Die Rosslyn-Kapelle findet übrigens auch in Dan Browns Erfolgsroman „Sakrileg – The Da Vinci-Code“ Erwähnung.
Fertiggestellt wurde das Bauwerk gegen 1480. Die abgebildete Bogenstruktur geht auf die Zeit um 1450 zurück, also rund 40 Jahre vor Kolumbus’ Reise nach Amerika. Sollte die Behauptung, dass es sich bei der folgenden Darstellung um Maiskolben handelt, stimmen, so gäbe es nur zwei Erklärungen dafür. Nämlich, dass es sich um eine nachträgliche, nicht dokumentierte Veränderung handelt, was allerdings wenig Sinn ergeben würde, oder aber, dass die Erbauer der Kirche Mais kannten, eine Pflanze, die von amerikanischen Indianern kultiviert wurde.
Wären die Tempelritter auf amerikanischem Boden an Land gegangen, sollten sie nicht dort ebenfalls Spuren hinterlassen haben? Mögliche Anhaltspunkte sind umstritten. In Westford, Massachusetts, gibt es eine Steintafel, auf der die Umrisse eines Schwertes, wie es von den Templern verwendet wurde, eingraviert sind. Allerdings, das Alter dieser undeutlichen Gravur lässt sich nicht mehr feststellen. Dann gäbe es noch den Newport-Tower in Rhode Island, einen mittelalterlich aussehenden Turm, von dem niemand weiß, wann und von wem er errichtet wurde.
Während Verfechter der Theorie, dass die Tempelritter Amerika bereist hatten, auf eine Reihe von Mythen verweisen, werden all diese Spekulationen von etablierten Historikern abgelehnt, was jedoch keinesfalls als eindeutige Widerlegung gelten muss. Nur schwerlich verifizierbare Geschichten berichten von Sekten im Irak, die von althergebrachtem Wissen um einen Stern im Westen namens „Merica“ erzählen, unter dem sich ein fruchtbares Land befinden sollte. Dies könnte wiederum auf das seefahrende Volk der Phönizier zurückgehen. Libanesen wissen um viele Geschichten, dass ihre Vorfahren über den Atlantik gereist seien. Leider fehlt es an Beweisen. Allerdings, nachdem es als unumstritten gilt, dass der Wikinger Leif Eriksson um das Jahr 1000 amerikanischen Boden betreten hatte, konnte das Wissen um eine dortige Landmasse durchaus erhalten geblieben sein. Auch mittelalterliche portugiesische Fischer sollen sich der Küste des heutigen Kanadas, des sagenhaften Fischreichtums wegen, genähert haben.
Wer nach stichhaltigen Beweisen sucht, wird enttäuscht werden. Dass etablierte Historiker ihren Ruf aufs Spiel setzen, um sich revolutionierenden Thesen zu widmen, ist aber auch kaum zu erwartet. Letztendlich bleibt die Spekulation über eine Reise der Tempelritter nach Amerika eine romantische Geschichte, die zwar nur wenig Bestätigung findet, aber keineswegs ausgeschlossen werden kann.