Inhaltsverzeichnis
- 1 Mediale Ausschlachtung, Trends und die Angst vor der Langeweile
- 2 Das Böse hat einen Namen: Apple
- 3 Foxconn gleicht einem produzierenden Gefängnis
- 4 Die Gefahr resultiert aus unserer Kurzsicht: Foxconn könnte bald alle überholen!
- 5 Die Liste der Foxconn-Kunden ist lange
- 6 Die Kritik ist angekommen – annehmen und weiterreichen
- 7 Mündigkeit beschreibt die Fähigkeit zur Selbstbestimmung
Das Wirtschaftsthema: “China, die aufstrebende Finanz-Supermacht“ ist ja schon seit einigen Jahren präsent. Zuerst in den großen Sparten der Metall- und Verarbeitungsindustrie, das Thema hat sich über die Jahre weiter ausgebaut. Jetzt werden sogar schon Fußballtrainer zu ausgewiesenen Wirtschaftsspezialisten und vergleichen Konkurrenzvereine ganz gerne mal mit dem neuen chinesischen Kapitalismus in Verbindung des industriellen Plagiates, Industriespionage ist auch ein passender Begriff.
Mediale Ausschlachtung, Trends und die Angst vor der Langeweile
Wenn sich das Thema China zynisch betrachtet sogar schon für den Fußballstammtisch auszeichnet, ist es vielleicht auch schon zu spät wirklich ernsthaft über Missstände und Menschenrechtsverletzungen von Chinas Wirtschaft, zu berichten. Andererseits bieten sich Mode- und Trendthemen eigentlich perfekt für eine Ausschlachtung also im rein kommerziellen Sinne an. Gerade zu solch einem Zeitpunkt des medialen und öffentlichen Interesses kann noch weiter Stimmung erzeugt werden, Menschen werden auf künstliche Barrikaden gehetzt, der Kern der Botschaft geht hingegen verloren, die Folge, irgendwann ist das Thema totgeredet, niemand interessiert sich weiter dafür ob bei Foxconn jetzt 13 oder 17 Menschen ihre Erlösung im Suizid gesucht haben. Nichts ist langweiliger als eine andauernde Thematisierung. Wir Konsumenten stumpfen ab, wollen Neues sehen, hören und haben – wir wollen uns doch betäuben! Das ist wie Unterhaltung oder der Besitz von Produkten. Was ich gestern noch als spannend empfunden habe, liegt morgen bereits auf dem Müll oder bestenfalls bei Ebay. Wir wollen Sensationen, Superlativen, Rekorde – keinen Spiegel unseres Verhaltens.
Das Böse hat einen Namen: Apple
Dieser Punkt könnte jetzt ganz einfach mit der nächsten Superlative quittiert werden, es würde einfach so herrlich passen und uns die einfache Antwort auf dem Tablett kredenzen. Zum Thema Foxconn gibt es eigentlich nur ein passendes Bindeglied und das ist der Computerkonzern Apple. Bis vor Kurzem, wertvollstes und teuerstes Unternehmen der Welt. Auch bei diesem Konzern gelten nur die Superlativen, teils sind die öffentlichen Reaktionen also hausgemacht und gar gewollt. Das Unternehmen aus Cupertino, Kalifornien, beschreibt sich selbst nur zu gerne damit, dass es die besten Produkte herstellt – wirft den Kunden, Kritikern und Neidern den abgenagten Neid-Knochen vor deren Füße. Apple du bist doch selbst schuld, könnte es heißen, wenn wir es uns einfach machen wollen – übrigens ein weiterverbreitetes, gesellschaftliches Phänomen. Nehmen wir uns doch lieber mal die Zeit und bemühen wir uns hinter die Fassade zu blicken.
Foxconn gleicht einem produzierenden Gefängnis
Der Doku-Sender Phoenix strahlte in der letzten Februarwoche einen Beitrag mit dem Titel “Apple-Stories“ aus. Der Titel versprach Einiges, lieferte anstatt dessen aber nur den seit Jahren typisch propagierenden Anti-Apple-Einheitsbrei. Der Inhalt dieser Dokumentation hätte sich durchaus über sämtliche anderen Computer- und Smartphonehersteller wie eine Schablone legen lassen. Wie schon gesagt, Namen bringen Quoten. Im Verlauf der Sendung wurde auf den berüchtigten Apple-Zulieferer Foxconn eingegangen. Es wurden Interviews mit leicht überforderten Chinesen eingeblendet, die es nicht gewohnt sind sich kritisch äußern, zu dürfen. Um diesen kargen Worten mehr Brisanz zu verleihen, wurden diesen inhaltslosen Ausschnitten auch Bilder zugefügt, die ein Foxconn-Werk in China zeigen, das unter den Fenstern mit einer Art von Netzen ausgehangen war. Diese modellierten Fischernetze zeigten Foxconns und damit auch Apples Strategie weitere Fensterstürze, also Selbstmorde zu verhindern. Der angefixte Fernsehzuschauer sollte spätestens jetzt auf die Verbindung der spärlichen Sicherheitsmaßnahmen und dem wertvollsten Unternehmen der Welt aufmerksam werden. Ist Apple also wirklich nur so reich, weil sich bei Foxconn die Mitarbeiter vor Verzweiflung und Ausbeutung aus den Fenstern stürzen?
Die Gefahr resultiert aus unserer Kurzsicht: Foxconn könnte bald alle überholen!
Foxconn ist nicht Apple, Foxconn ist Hon Hai Precision Industry mit 995.000 Mitarbeitern und über 113 Milliarden USD-Umsatz (Stand 2012) eines der größten Fertigungsunternehmen weltweit. Gründer und Firmenvorsitzender ist dabei nicht Apple, sondern Terry Gou und dieser Unternehmer hat es sehr eilig weiter an Macht, zu gewinnen. Laut Forbes-Magazine wird Terry Gou auf der Liste der wohlhabendsten Männer geführt. Eine interessante Infografik mit Hintergründen zu Foxconn und Terry Gou gibt es bei Apfelmagazine.de.
Es ist ein großer Irrtum, wenn wir glauben, hinter dem günstigen Fertigungsbetrieb aus China würde keine schlummernde Macht stecken. Die Wirtschaft in China erreicht zurzeit ein Wachstum wie sonst nirgendwo anders auf der Welt. Die Entwicklung, die von Unternehmen wie Foxconn ausgeht, ist enorm, für uns besorgniserregend und teilweise bizarr und skandalös. Wir messen die dortigen Verhältnisse aber auch mit unseren westlichen Maßstäben – eine Folge der Globalisierung. Wann durften die Menschen in China jemals frei ihre eigene Meinung sagen? Was vor Jahren noch das brutale kommunistische Regime diktiert und kontrolliert hat, wird jetzt zusätzlich durch das wirtschaftliche Bestreben eines Landes ohne humanistische Entwicklung forciert. Was wirklich verheerend ist, ist die Geschwindigkeit, in der China sich von einer reinen kommunistischen Macht zu einer aufstrebenden Wirtschaftsmacht aufgemacht hat, ohne dabei die Menschlichkeit anzupassen. Menschen werden wie Maschinen eingesetzt, notfalls ausgetauscht und entsorgt.
Die Liste der Foxconn-Kunden ist lange
Allgemein gilt die Annahme das Foxconn ausschließlich bzw. im nennenswerten Ausmaß nur für Apple produziert, stattdessen macht der Anteil weiterer Firmenkunden tatsächlich 54 Prozent aus. Zu diesen Kunden gehören: Amazon, Acer, Cisco, Dell, Hewlett-Packard, Intel, Microsoft, Motorola, Nintendo, Nokia, Samsung, Sony, Toshiba, Huawei; alles bekannte, international agierende Unternehmen, die jedem Konsumenten bekannt sein dürften. Wenn man sich die Menge der konkurrierenden Unternehmen sieht, ist auch ein bestimmtes Machtgefüge zu erkennen. Diese vielen Unternehmen bilden keinen Zusammenschluss, kein Konsortium, es sind wirtschaftlich gegnerische Parteien. Auf der anderen Seite dieses Gefüges steht Foxconn und entwickelt sich mit seiner Macht gegenüber den einzelnen Unternehmen zu einer konstanten Größe, zu einer Größe, die sich nicht scheut, Kinder und Schüler für sich arbeiten zu lassen, wo Menschen monatelang 12 Stundenschichten abliefern müssen, während dieser Zeit nicht miteinander sprechen dürfen und sich im schlimmsten Fall das Leben nehmen und sich aus dem Firmengebäude in den Tod stürzen. Das ist Chinas große wachsende Industrie und somit das Problem, aller, die Produkte der genannten Hersteller kaufen und nutzen.
Die Kritik ist angekommen – annehmen und weiterreichen
Das Unternehmen Apple ist sich seiner Verantwortung auch durch den öffentlichen und den medialen Druck durchaus bewusst. Es ist nicht zu widerlegen, dass es eine belastete Verbindung zwischen den Rekordgewinnen auf der einen Seite und den Skandalen und Missständen auf der anderen Seite gibt. Deshalb hat Apple auf seiner Unternehmensseite einen großen Bereich der „Verantwortung der Zulieferer“ gewidmet. Apple ist bemüht neue Wege, zu gehen. Ein Zeichen, welches eigentlich kaum hoch genug bewertet werden kann, ist die Intention durch Apple, dass es bei Foxconn in Zukunft einen Betriebsrat mit frei wählbaren Mitgliedern geben soll. Apple hat sich um eine Mitgliedschaft bei der Fair Labor Association (FLA) bemüht, welche die Umsetzung dieses Betriebsrates unterstützt, mitverfolgt und deren Realisierung überwacht, ein großes Ziel, wenn man bedenkt, dass bei Foxconn fast eine Million Menschen arbeiten. Weiterhin hat Apple einem weiteren Zulieferer sofort gekündigt als Apple (nicht die Medien) erfahren hatte, dass dieses Unternehmen Kinderarbeit unterstützt.
Mündigkeit beschreibt die Fähigkeit zur Selbstbestimmung
Das Es etwas bringt mit gutem Beispiel vorauszugehen und Zeichen zu setzen, hat auch HP erkannt und ebenso wie Apple, strengere Richtlinien bei der Personalhandhabung bei chinesischen Zulieferern gefordert. Auch dort sollen Minderjährige zum Einsatz gekommen sein. Letzten Endes ist jeder Nutzer von solchen Produkten selbst in der Verantwortung hinter das erworbene Produkt zu schauen und zu prüfen. Es wäre zu einfach diese Mühe ausschließlich über den Preis des Erwerbs zu definieren und sich davon freikaufen, zu können. Informationsquellen und Alternativem gibt es reichlich und selbst die Unternehmen erkennen inzwischen mehr und mehr den wirtschaftlichen Nutzen sich transparenter und offener, zu repräsentieren.