Montag , 9 Dezember 2024
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Peak Oil: Erdölreserven deutlich höher als angenommen

oelraffinerie karlsruheZweifellos handelt es sich bei Erdöl um den weltweit wichtigsten Rohstoff. Nicht nur Treibstoff wird aus Erdöl erzeugt, sondern auch Kunststoffe, Chemikalien, Medikamente und vieles mehr. Der Preis des „schwarzen Goldes“ wirkt sich direkt auf die Entwicklung der Wirtschaft aus. Kriege werden um Öl gefochten. Naturgemäß stehen Bodenschätze jedoch nur in beschränkter Menge zur Verfügung. Wie nahe sind wir an dem Punkt angelangt, an dem die Förderung den Bedarf nicht mehr deckt? Jüngsten Erkenntnissen zufolge sind wir davon noch weit entfernt.

Die wirtschaftliche Entwicklung während des 20. Jahrhunderts basierte auf der scheinbar grenzenlosen Verfügbarkeit billigen Erdöls. Billig ist es schon lange nicht mehr. Bezüglich der Verfügbarkeit scheiden sich die Meinungen.

Das Globale Ölfördermaximum, auf englisch „Peak Oil“ genannt, ist dann erreicht, wenn die geförderte Menge den Bedarf nicht mehr deckt. Schon seit Jahrzehnten bemühen sich erdölproduzierende Staaten, ihre Reserven langfristig zu erhalten. Insbesondere die OPEC-Staaten folgen Regelungen, die nicht nur die Preise auf gehobenem Niveau, sondern auch die Einnahmequelle noch für lange Zeit erhalten sollen. Die Interessen der internationalen Öllobby liegen mit Sicherheit in einer ähnlichen Richtung.

Hohe Energiepreise wirken sich natürlich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Schließlich wird ja nicht nur das Auftanken von Autos teurer, sondern auch die Herstellung und der Transport von Waren – und damit steigen die Preise fast aller Produkte an. Dass sich dies positiv auf die Gewinne einer Vielzahl von Konzernen auswirkt, zeigt sich deutlich daran, dass die Schwankungen von Aktien- und Rohölpreisen an den internationalen Börsen meist parallel laufen. Verlierer sind auch in diesem Fall Arbeitnehmer, die gleichzeitig auch die Masse der Konsumenten bilden.

In vielen wirtschaftlichen Bereichen werden regelmäßig künstliche Verknappungen provoziert, um die Preise „stabil“ zu halten, um nicht zu sagen, in die Höhe zu treiben. Nahrungsmittel werden absichtlich vernichtet oder, wie seit den 1990er-Jahren praktiziert, durch spezielle Finanzmechanismen wird ein erhöhter Bedarf vorgetäuscht. Was Erdöl betrifft, so handelt es sich bei den Aussagen einzelner Experten, dass die weltweit verfügbaren Erdölreserven zu Ende gehen, nur um einen von mehreren Einflüssen, die für hohe Rohölpreise verantwortlich sind.

Übrigens, für das Globale Ölfördermaximum wird gelegentlich auch der Begriff „Hubbert’s Peak“ verwendet. Marion King Hubbert, ein Experte, der im Auftrag des Shell-Konzerns arbeitete, hatte schon in den 1950er-Jahren „vorhergesagt“, dass die Ölfördermengen ab dem Jahr 1995 rückläufig sein werden. Wie wir heute wissen, lag er damit weit daneben.

Auch später nach „wissenschaftlichen Grundsätzen“ ausgearbeitete Expertisen erwiesen sich als fehlerhaft.

Ein schmerzlich hoher Rohölpreis von rund $ 100 auf den europäischen Märkten wirkt sich allerdings positiv auf das Erschließen neuer Quellen aus. Ein bereits bekanntes Beispiel dafür ist die äußerst umweltbelastende Förderung von Ölsand, wie sie in Kanada praktiziert wird. Deswegen ist Kanada ja schließlich auch aus dem Kyoto-Abkommen wieder ausgetreten, anstatt die vereinbarten Strafzahlungen von mehr als zehn Milliarden Dollar zu leisten.

Auch Tiefseebohrungen – man erinnert sich an die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko – werden bei diesen Preisen lukrativ. Darüber hinaus bieten sich auch auf dem amerikanischen Festland neue Fördermöglichkeiten. Wie George Monbiot in der Online-Ausgabe des Guardian erklärt, befindet sich in der sogenannten „Bakken Formation“ im US-Bundesstaat North Dakota etwa die gleiche Ölmenge wie in Saudi Arabien. Der markante Unterschied: Die Förderung ist kostenintensiv und höchst umweltbelastend, weil das Öl nicht, wie einst in Texas oder auch heute noch in Saudi Arabien oder im Iran, einfach aus dem Boden gepumpt wird. Es ist tief im Felsen eingebettet, was Horizontalbohrungen und Fracking erfordert. Manbiot zufolge soll es allein in den USA mehr als 20 solcher Formationen geben.

Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang, dass auch in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Südamerika, nennenswerte Erdölreserven gelagert sein sollen. Angeblich soll zur Zeit des Falklandkrieges, 1981, nichts davon bekannt gewesen sein, doch plötzlich steht fest, dass im Bereich dieser Inselgruppe Erdöl zu finden ist. Auch im nördlichen Paraguay wurde zwischen 1932 und 1935 um eine unwirtliche und unfruchtbare Gegend gekämpft. Im sogenannten Chacokrieg wurde das verteidigende Land Paraguay von British Petroleum (heute BP) finanziert und der Angreifer Bolivien von Standard Oil. Von offizieller Seite wurden Ölvorkommen im Gran Chaco niemals gemeldet, unbestätigten Aussagen zufolge sollen die später durchgeführten Bohrungen aber durchaus erfolgreich gewesen sein. Ob ein Zusammenhang besteht, lässt sich nicht sagen, doch erwarb der ehemalige US-Präsident George W. Bush im Jahr 2006 große Landbesitzungen im nördlichen Paraguay – und es ist kaum anzunehmen, dass er dort Rinder züchten möchte.

Ob wirtschaftliche Umstrukturierungen, ein Ende der unsäglichen Energieverschwendung, auch unter Akzeptanz eines gewissen Komfortverlustes, einer anhaltenden und vermutlich sogar ansteigenden Umweltbelastung nicht vorzuziehen wäre, darüber darf sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Der Autor des Guardian-Artikels schreibt am Ende jedenfalls einen treffenden Satz, dem ich mich zweifellos anschließe. Wie sich künstlich vorangetriebener Konsum und Verschwendung zur Belebung der Wirtschaft auf die Zukunft unseres Planeten auswirken, das werden erst unsere Nachkommen genau wissen. „Aber zum jetzigen Zeitpunkt“, so George Manbiot, „bin ich mir nicht sicher, ob ich meinen Kindern in die Augen schauen kann!“

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