Donnerstag , 25 April 2024
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Nicht nur Benzin wird teurer werden

oelfoerderungWieder einmal findet sich ein allgemein verständlicher Anlass, Rohölpreise in die Höhe zu treiben. Der Anstieg setzte zu Beginn der Unruhen im arabischen Raum ein. Der blutige Konflikt in Libyen, einem wichtigen Exportland, beschleunigt den Trend. Wurde das Fass Brent Crude Oil noch vor wenigen Monaten um $ 70 gehandelt, so bewegt sich der Preis mittlerweile um die $ 110. Allerdings, die 1,6 Millionen Fass, die täglich in Libyen gefördert werden, korrespondieren mit nicht mehr als zwei Prozent des Weltbedarfs. Die Lagerbestände sind höher als üblich und Saudi Arabien verfügt über genügend Spielraum, um die tägliche Produktion um 4 Millionen Fass zu erhöhen.

Insbesondere während der vergangenen Wochen, führte die Preisdifferenz zwischen Rohöl auf europäischen und amerikanischen Märkten zu großer Verwunderung. Den kräftigsten Anstieg der vergangenen Tage verzeichnete amerikanisches Erdöl, West Texas Intermediate (WTI). Während Brent Crude auf den für Europa bedeutenden Märkten bereits um mehr als $ 100 gehandelt wurde, hinkte der US-Preis um bis zu $ 15 pro Fass nach. Dieser durchaus seltene Preisunterschied lässt sich in erster Linie auf die enorm hohen Lagerbestände in den Vereinigten Staaten zurückführen. Seit Wochenbeginn verzeichnete WTI jedoch ebenfalls einen Anstieg um mehr als zehn Prozent.

In der Liste der ölproduzierenden Länder rangiert Libyen mit rund 1,6 Millionen Fass täglich an 18. Stelle. Der weltweit größte Produzent, mit über 10 Millionen Fass, ist Russland, gefolgt von Saudi Arabien (9,7 Mio) und den Vereinigten Staaten (9 Mio), wobei letztgenanntes Land als weltweit größter Verbraucher gilt. Iran und China folgen mit jeweils rund 4 Millionen Fass.

Dass Saudi Arabiens Zusage, die tägliche Produktion um bis zu 4 Millionen Fass steigern zu können, kaum Einfluss auf die Preisentwicklung ausübt, soll daran liegen, dass auch dort Unruhen in naher Zukunft nicht auszuschließen sind.

Wie in jeder Krise, profitieren natürlich auch in diesem Fall in erste Linie Spekulanten. Wie üblich, trägt die Kosten für deren Milliardengewinne der Konsument. Allerdings, steigende Rohölpreise wirken sich nicht nur auf Treibstoff aus. Höhere Energiekosten führen unweigerlich zu Preisanstiegen praktisch aller Produkte. Allen voran, Nahrungsmittel.

Wie kürzlich von The Intelligence berichtet, verzeichneten insbesondere Weizen, Reis, Bohnen und Soja während der vergangenen Jahre extreme Teuerungen von bis zu 300 Prozent, die, zumindest teilweise, auf den Handel mit Futures und den dadurch künstlich erzeugten Bedarf zurückzuführen sind. Steigende Rohölpreise führen sowohl zu höheren Produktionskosten in der Landwirtschaft als auch zu steigenden Transportkosten. In Ländern, die überwiegend von Nahrungsmittelimporten abhängig sind, könnten weitere Preisanstiege die Not in weiten Teilen der Bevölkerung noch weiter vorantreiben, was wiederum zur Ursache neu ausbrechender Revolten werden könnte.

Steigende Energiekosten, steigende Verbraucherpreise, und beides zusammen in einer wirtschaftlich ohnehin schwierigen Phase. Wie lange kann sich Europa aus dieser Spirale heraushalten? Die Kaufkraft der Bevölkerung erlitt während der vergangenen Jahre drastische Einbußen. Niedrigere Umsätze führen zu reduzierten Steuereinnahmen, während die Belastungen der Staatsbudgets gleichzeitig ansteigen. Einsparungen und Steuererhöhungen wirken sich wiederum negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Schließungen von Betrieben bringen erhöhte Arbeitslosenzahlen mit sich. Steigen zu alldem noch die Energiekosten mit allen unvermeidlichen Randerscheinungen, wie soll es Europa gelingen, diese angespannte Situation zu überwinden?

Aus humanitären Gründen mag es als durchaus positive Entwicklung erachtet werden, wenn es unterdrückten Völkern gelingt, sich von Tyrannen zu befreien. Tunesien ohne Ben Ali, Ägypten ohne Hosni Mubarak und Libyen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – bald ohne Muammar Gaddafi. Und andere Staaten werden folgen. Doch die Freude darüber, dass in diesen Ländern nun endlich ein „faires“ demokratisches System, zusammen mit „freiem“ Handel, eingeführt werden wird, ist vom legendären Vermuttropfen begleitet. Noch ist nicht abzusehen, welche Ausmaße dieser Brand, der in Nordafrika ausgebrochen ist, annehmen wird. Globalismus, Welthandel, internationale Abkommen und gegenseitige Abhängigkeit haben jedenfalls dazu geführt, dass praktisch kein Land der Welt mehr für sich alleine existiert. Es finden sich immer mehr Anzeichen dafür, dass die Welt an einem historischen Wendepunkt angelangt ist. In welcher Form sich diese Veränderungen auf Europa auswirken werden, lässt sich noch nicht absehen. Mit Sicherheit ist es jedoch an der Zeit, sich auf Unerfreuliches vorzubereiten.

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