Das amerikanische Symbol von schillerndem Glanz, unübertrefflichem Kitsch, erschwinglichem Luxus, das Spielerparadies Las Vegas steht vor dem Bankrott. Trotz der größten Pokerturnierserie weltweit, genannt WSOP, die während der kommenden zwei Monate für Belebung sorgt, ist es unübersehbar. Die Besucherzahlen und Umsätze sind derart rückläufig, dass einige Casinos bereits ihre Tore schlossen. Die offiziellen Arbeitslosenzahlen liegen bei 14,2 Prozent und 65 Prozent der Wohnhäuser sind mit höheren Hypotheken belastet als sie Wert repräsentieren.
Las Vegas, einst von Unterweltbossen wie Benjamin Siegel, alias „Bugsy Melone“, ins Leben gerufen, während der vergangenen zwei Jahrzehnte von Großkonzernen übernommen, könnte bald wieder dem Wüstensand überlassen werden. Billigflüge, erschwingliche Hotelpreise, 24-Stunden-Beitrieb, Monstershows und die Hoffnung auf den großen Glückstag am Spieltisch ließen jährlich Millionen von Menschen, insbesondere aus den Vereinigten Staaten, einen Trip nach Vegas buchen. Doch, wenn die regelmäßigen Lebenshaltungskosten, die Ratenzahlungen, die voll ausgeschöpften Kreditrahmen bei Visa und American Express zum Sparen zwingen, wo wird der Rotstift wohl zuerst angesetzt? Beim Steak oder bei Vergnügungsreisen?
Gewiss, je schlechter die Zeiten, je knapper das Budget desto mehr wird gezockt. Aber nicht unbedingt in Verbindung mit einer Reise. Und das drückt sich in den sinkenden Umsätzen der Las-Vegas-Betriebe mehr als deutlich aus. Die letzten veröffentlichten Zahlen sprechen von einem Gewinnrückgang der Nevada-Casinos von 5,7 Prozent im April, verglichen mit dem gleichen Monat des Vorjahres. Regelmäßig abnehmende Umsatzzahlen zeigen sich jedoch schon seit dem Jahr 2008, seit dem Beginn der Wirtschaftskrise.
Und wenn in einer Stadt, die so gut wie ausschließlich vom Tourismus lebt, der Besucherstrom absinkt, dann nimmt gleichzeitig auch der Wert der Immobilien ab. Und zwar so dramatisch, dass es mittlerweile 65 Prozent aller Häuser sind, deren Hypothek durch den Wert des belehnten Objekts nicht mehr abgedeckt sind. Liegenschaftspfändungen im Staat Nevada sind fünfmal höher als im landesweiten Durchschnitt. Und was die 14,2 Prozent Arbeitslosen betrifft, so werden, wie allgemein üblich, nur jene gezählt, die über ein Recht zum Beantragen von Unterstützung verfügen. Die realen Zahlen liegen deutlich höher.
Die Welt, ebenso die Vereinigten Staaten, kann auf Las Vegas verzichten. Die Frage dreht sich aber nicht nur darum, wohin die Millionen von Menschen, die dort leben und arbeiten, umsiedeln werden, bei einem Tourismuszentrum der Superlative handelt es sich um die Spitze eines Eisbergs. So wie einst Kanarienvögel in Minenschächte gebracht wurden, um durch deren möglichen Tod das Vorhandensein von Giftgasen rechtzeitig zu erkennen, so lässt sich von Las Vegas ableiten, was der gesamten amerikanischen Wirtschaft droht. Und welche Auswirkungen dies in einer Welt der fortgeschrittenen Globalisierung mit sich bringt, lässt sich – leider – all zu einfach nachrechnen.