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Ein Gespenst geht um im deutschen Aktienindex: BlackRock

blackrock screenshotBlackRock – was auf den ersten Blick nach einem Bergsportausrüster klingt, ist in Wahrheit der weltweit größte Vermögensverwalter. 3,65 Billionen Dollar werden weltweit von BlackRock verwaltet. Sowohl die ZEIT als auch das Handelsblatt hatten dazu Mitte vergangenen Jahres ausführliche Artikel veröffentlicht.(1) Danach ist BlackRock an allen 30 DAX-Konzernen beteiligt, wobei die Höhe der Beteiligungen durch die Bank weg im einstelligen Bereich angegeben wird, in der Regel zwischen vier und sieben Prozent.

Aber stimmt das auch?

Es stimmt nur dann, wenn man ausschließlich die Firma “BlackRock Inc.” betrachtet. Wenn man aber BlackRock Holdco 2 Inc., BlackRock Financial Management Inc., BlackRock Advisors Holdings Inc., BlackRock International Holdings Inc., BlackRock Jersey International Holdings L.P., BlackRock Group Limited mit in die Rechnung einbezieht, sieht die Sache schon ganz anders aus.

Beispielsweise gibt das Handelsblatt den Anteil von BlackRock an der Daimler AG zum 11.08.2011 mit 5,72% an. Korrekt, wenn man nur BlackRock Inc. betrachtet. Bezieht man jedoch die weiteren, in der Stimmrechtsmitteilung vom 18.08.2011 ebenfalls genannten, BlackRock-Firmen mit ein, dann ergibt sich ein völlig anderes Bild:

Neben BlackRock Inc. mit 5,72% ist BlackRock Holdco 2 Inc. mit 5,55%, BlackRock Financial Management Inc. ebenfalls mit 5,55%, BlackRock Advisors Holdings Inc. mit 3,64%, BlackRock International Holdings Inc. mit 3,48% sowie BlackRock Jersey International Holdings L.P. mit ebenfalls 3,48% an der Daimler AG beteiligt.

In Summe ergibt sich eine Beteiligung der BlackRock-Gruppe an der Daimler AG von 27,42 Prozent. Somit erreicht die BlackRock-Gruppe die sog. Sperrminorität, was aktienrechtlich weitreichende Folgen hat. Im Klartext heißt das: Bei wesentlichen Entscheidungen im Konzern geht ohne BlackRock nichts.

Aber nicht nur in der Presse, sondern auch in den Geschäftsberichten der Unternehmen wird die wahre Beteiligung der BlackRock-Gruppe verschwiegen. E.ON, größter deutscher Energiekonzern, hat nach eigenen Angaben im Geschäftsbericht 2010 (2) Blackrock Inc. als Anteilseigner mit 4,87% im Boot.

Unspektakulär. Aber nur auf den ersten Blick.

Auch hier ergibt sich aus den sog. Stimmrechtsmitteilungen nach Wertpapierhandelsgesetz, dass nicht nur die im Geschäftsbericht erwähnte Firma BlackRock Inc., sondern noch sechs weitere Firmen aus der BlackRock-Gruppe Anteile an E.ON halten.

Kleiner Exkurs: Nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sind Aktionäre von börsennotierten Unternehmen verpflichtet, sowohl dem Unternehmen als auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich mitzuteilen, wenn sie durch Erwerb oder Veräußerung 3%, 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 50% oder 75% der Stimmrechte eines Unternehmens erreichen, überschreiten oder unterschreiten.

Nach der Stimmrechtsmitteilung vom 17.05.2010 stellen sich die Anteile der BlackRock-Gruppe an der E.ON AG wie folgt dar:

BlackRock Inc. 5,94%
BlackRock Holdco 2 Inc. 5,76%
BlackRock Financial Management Inc. 5,76%
BlackRock Advisors Holdings Inc. 3,85%
BlackRock International Holdings Inc. 3,85%
BR Jersey International Holdings L.P. 3,85 %
BlackRock Group Limited 3,05%

Zusammen 32,06 Prozent!

Die Anteile verändern sich dann im Wochentakt (Stimmrechtsmitteilungen vom 25.05., 04.06. und 10.06.2010) – zum 31.12.2010 hielt die BlackRock-Gruppe 25,08 Prozent an der E.ON AG.

Aus welchen Gründen die Anteile der anderen sechs BlackRock-Unternehmen im Geschäftsbericht unerwähnt bleiben, obwohl alle gemäß § 21 WpHG mitteilungspflichtig waren, erschließt sich insoweit nicht.

Ingesamt hat der Autor dieser Zeilen neun Schwergewichte aus dem DAX auf die Beteiligungshöhe der BlackRock-Gruppe untersucht. Die Ergebnisse überraschen auf der ganzen Linie. Bei acht der neun geprüften Konzerne liegt die Beteiligung der BlackRock-Gruppe im zweistelligen Bereich; einzig und allein die Telekom weist mit 9,94% eine Beteiligung im einstelligen Bereich auf. Dagegen liegt der BlackRock-Anteil bei sechs der neun geprüften Konzerne oberhalb von 25%, bei zwei DAX-Unternehmen sogar über 30%.

Die Prüfungsergebnisse im Einzelnen, wobei in Klammern jeweils diejenige Stimmrechtsmitteilung nach Wertpapierhandelsgesetz angegeben ist, auf die sich die Anteilshöhe bezieht:

Allianz – 32,76 % (06.05.2010)
E.ON – 32,06 % (17.05.2010)
Bayer – 29,94 % (12.05.2010)
Deutsche Bank – 27,45 % (18.05.2010)
Daimler – 27,42 % (18.08.2011)
BASF – 25,30 % (09.12.2009)
Siemens – 15,65 % (25.08.2011)
SAP – 11,94 % (09.08.2011)
Telekom – 9,94 % (01.12.2009)

Da sich die Anteilsverhältnisse teilweise im Wochentakt ändern, kann die obige Darstellung immer nur Momentaufnahmen abbilden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Anteile der BlackRock-Gruppe an den DAX-Konzernen auch zum jetzigen Zeitpunkt eine ganz andere Dimension aufweisen, als gemeinhin bekannt. Damit dürfte auch der Einfluss des amerikanischen Finanzinvestors auf strategische Entscheidungen der deutschen Konzerne ein völlig anderer sein als bisher angenommen.

Ergänzung: Um die Stimmrechtsanteile selbst zu recherchieren kann man auf der Webseite www.dgap.deeinfach den Namen des jeweiligen Unternehmens eingeben und dann unter „Aktuelle Mitteilungen“ die „DGAP-Stimmrechtsanteile“ begutachten. Hier zwei Beispiele:

 

Daimler AG zum 11.08.2011: http://www.dgap.de/news/pvr/daimler-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung_123_685332.htm

e.on AG zum 17.05.2010: http://www.dgap.de/news/pvr/eon-release-according-article-section-the-wphg-the-german-securities-trading-act-with-the-objective-europewide-distribution_128_629289.htm

 

(1)
http://www.zeit.de/2011/19/Finanzdienstleister-BlackRock
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken/die-heimlichen-herren-des-dax/4150978.html?p4150978=all
(2)
http://www.eon.com/de/downloads/2010_E.ON_Geschaeftsbericht.pdf – S. 107 (im pdf S. 109)

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