Mittwoch , 16 Oktober 2024
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Schulden + Schulden ist keine Rettung

pregetter_contra_dertalkDiese Äußerung, Schulden plus Schulden ist keine Rettung, ist eine von vielen treffenden Erklärungen, die Wirtschaftsprofessor Otmar Pregetter zu den gegebenen Problemen von sich gab. In einer Diskussion zum Thema Euro-Krise fanden sich vier Personen ein. Keinem der Teilnehmer kann Intelligenz abgesprochen werden. Trotzdem, alle vernünftigen ebenso wie aufklärenden Darstellungen entstammten dem Munde Pregetters. Ganz zu Anfang erinnert er an eine Aussage Helmut Schmidts, nämlich, dass es Investmentbanker waren, die uns „in die Scheiße geritten haben“.

Am Dienstag abend fand sich beim staatlichen österreichischen Fernsehsender ORF eine kleine Diskussionsrunde ein. Leiterin der 48-minütigen Sendung Contra – Der Talk war Mari Lang. Zwei der Gäste, Marlies Kinzel und Gerald Hörhan kamen aus dem Investment-Bereich. Rudo Grandits ist ein Verfechter des Tauschhandels, als Ergänzung zum Geldumlauf. Und unumstrittener Star der Runde war Otmar Pregetter, Hochschullehrer und Co-Autor des Buches „Das Ende des Gelds“.

Etwas langatmig war die Aufwärmphase, was aber wohl an den Personen liegt, denen zu Anfang das Wort erteilt wurde. Gerald Hörhan, der sich selbst als reich genug bezeichnet, dass er sich bereits zur Ruhe setzen könnte, glaubt fest an unser derzeitiges Geldsystem. Junge Leute sollen einfach mehr arbeiten und Geld zur Seite legen, anstatt es auszugeben. Wer 2.000 Euro im Monat verdient, 700 davon spart, verfügt nach fünf Jahren über genügend Geld, dass er ins Finanzgeschäft einsteigen kann. Nicht ganz verständlich war, was Marlies Kinzel auszusagen versuchte. Den Medien warf sie etwas verwirrend vor, dass sie durch beängstigende Schlagzeilen die Investoren verunsichern würden. Rudo Grandits‘ Idee, Leistung gegen Leistung zu tauschen, wurde von einem Twitter-Kommentator berechtigt als netter Zeitvertreib bezeichnet.

Die einzigen wirklich sachlichen Erklärungen kamen von Otmar Pregetter. Und es stellt sich die Frage, warum dieser Mann nicht täglich im Fernsehen zu sehen ist – und ich meine damit natürlich nicht nur im österreichischen.

Mit wenigen Worten bemühte er sich, den Diskussionsteilnehmern ebenso wie den Zusehern zu erklären, wie Geldschöpfung funktioniert. Dass alles Geld, das sich in Umlauf befindet, auf Schulden basiert. Wer auf die Bank geht und einen Kredit nimmt, erhält nicht Geld, das dort im Tresor liegt. Es ist immer wieder neues Geld, das von Banken aus „dünner Luft“ erschaffen wird. Auf einer Seite der Bilanz wird der Geldbetrag verbucht, auf der anderen die Forderung. Alles ist ausgeglichen. Das einzige Problem, und darunter leidet mittlerweile die gesamte westliche Welt: Schulden kosten Zinsen.

Zur Veranschaulichung brachte er ein Bauprojekt zur Sprache, den Brenner-Basistunnel. Die Baukosten würden sich auf 10 Milliarden Euro belaufen. Nachdem der Staat über diese Mittel aber nicht verfügt, sondern sich am Kapitalmarkt verschuldet, kostet dieses Projekt den Steuerzahlern letztendlich 30 bis 40 Milliarden. Der Differenzbetrag ist ausschließlich auf die Verzinsung zurückzuführen. Würde der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen, eigenes Geld in Umlauf zu setzen, würden die Kosten für den Tunnelbau lediglich jene 10 Milliarden Euro betragen, die auch der Wirtschaft zugute kommen.

Und in diesem Zusammenhang erinnerte Otmar Pregetter auch an den Unsinn, dass Staaten sich bei Banken verschuldeten, um Banken aus der Krise zu helfen. Jetzt befinden sich Staaten in Zahlungsschwierigkeiten –  gegenüber Banken – und es sind andere Länder, die sich tiefer verschulden, um den bereits zu hoch verschuldeten aus der Patsche zu helfen.

Schulden plus Schulden sind keine Rettung!

Pregetter erklärte, dass dieses Geldsystem unabänderlich zu einem Crash führen muss. Er bemerkte, dass dies alle 40 bis 70 Jahre der Fall sei. Wirtschaftskrisen und sogar Kriege seien ein Produkt dieses Geldsystems. Und wenn immer dieses zusammenbricht, verlieren 80 bis 90 Prozent der Bürger ihr bescheidenes Vermögen. Die einzige Lösung aus dieser Krise wäre eine gänzliche Systemerneuerung. Wir sind der Staat. Und wir können, wenn wir wollen, unser eigenes Geld im Umlauf setzen. Wir brauchen dazu keinen Finanzsektor. Auf das größte Hindernis verwies er in diesem Zusammenhang allerdings auch. Während immer mehr Bürger verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, seien die Politiker noch immer ahnungslos. Und so drückte er seine Meinung aus, dass von den 183 (österreichischen) Abgeordneten, 184 nicht wüssten, wie Geld entsteht.

In einem kurz eingeblendeten Video kam der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister zu Wort. Treffend erklärte dieser, dass die Annahme, Geld würde „arbeiten“ völlig falsch ist. Geld arbeitet niemals. Es sind immer Menschen und Maschinen von denen Arbeit verrichtet wird. Und dementsprechend ist auch jeder Wertzuwachs auf diese menschliche Leistung zurückzuführen.

Doch leider gingen all diese wirklich einfach verständlichen und überzeugenden Erklärungen auch rasch wieder im restlichen Gefasel unter. Gerald Hörhan ist der Überzeugung, junge Menschen müssten einfach für die richtigen Unternehmen arbeiten. Marlies Hinzel stotterte etwas von politischem Engagement und warf Pregetter sogar vor, dass er alle Menschen enteigenen wolle. Pregetter hätte nur Negatives zu sagen: Der Euro würde zusammenbrechen, die Märkte würden in einem Crash enden.

Natürlich wird dies der Fall sein. Solange versucht wird, eine Schuldenkrise durch neue Schulden zu bewältigen, solange absolut jeder Euro, der in Umlauf ist, irgend jemandem Zinsen kostet, kann kein Weg aus dieser Krise herausführen. Und es ist wirklich erschreckend, wie sehr auch scheinbar intelligente Menschen es vermeiden, dieser Tatsache ins Gesicht zu sehen.

Viele vertreten wohl die Meinung – und da schließe ich Hinzel und Hörhan mit ein – die ein Jüngling in einem Video sagen durfte: „Sachen, die ich persönlich nicht ändern kann, die machen mir auch keine Angst.“ Und somit hat er auch keine Angst vor dem Euro-Crash. Wie heißt dieser Vogel, der seinen Kopf in den Sand steckt, wenn er sich bedroht fühlt?

 

Sollte die Diskussion „Contra – Der Talk“ unter diesem Link nicht verfügbar sein, bei der ORF-TV-Thek auf „Sendung verpasst?“ klicken und weiter auf „Dienstag, 8. 11.“, „23:25 Uhr“.

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