Die Situation wird immer offensichtlicher. Merkels Treue gegenüber dem Euro ist nur einer von vielen Puzzle-Steinen. Alle Diskussionen im Zusammenhang mit der katastrophalen Finanzlage drehen sich um die Interessen der Anleger. Und damit sind natürlich nicht die Bürger, die über Erspartes verfügen, gemeint, sondern die „großen Spieler“ der Finanzwelt. Dass die Rechnung unter den gegebenen Voraussetzungen einfach nicht aufgehen kann, versteht jeder, der fähig ist eins und eins zusammen zu zählen. Gleichzeitig häufen sich die Warnungen, dass das System zusammenbrechen könnte. Die Folgen wären dramatisch. Und was wird passieren, falls es gelingt, den großen Crash zu verhindern?
Einige Wirtschaftsexperten, zu denen die beiden österreichischen Hochschullehrer Franz Hörmann und Otmar Pregetter zählen, bemühen sich, die Struktur unseres Währungssystems allgemein verständlich zu erklären. Dass sie deswegen als „umstritten“ gelten, ist noch die freundlichste Kritik, die sich gefallen lassen müssen.
Geld, das aus „dünner Luft“ erschaffen wird. Geld, das von Geschäftsbanken als Kredit ausgegeben wird. Jeder Euro, der sich in Umlauf befindet, kostet Zinsen. Die Euro-Menge wird mit rund 9,5 Billionen angegeben. Und wie hoch sind die Schulden der Euro-Länder?
Schon an anderer Stelle habe ich auf die von Global Finance veröffentlichte Studie verwiesen, in der die Gesamtverschuldung einiger ausgewählter Staaten enthüllt wird. Die Daten gehen auf das Jahr 2009 zurück, was bedeutet, dass die Zahlen mittlerweile noch höher sind. Berücksichtigt sind dabei, neben den öffentlichen Schulden, auch die Verbindlichkeiten von Unternehmen, dem Finanzsektor und Privatpersonen. Basierend auf dem Prozentsatz des Bruttoinlandproduktes, liegt Spanien mit 366% an der Spitze. Franreich ist mit 323% des BIP verschuldet, Italien mit 315% und Deutschland mit 285%.
Das BIP der vier genannten Staaten aufaddiert entspricht rund 6 Billionen Euro. Die Schulden betragen das Dreifache. Das BIP der gesamten Eurozone wird bei Wikipedia mit 8,9 Billionen angegeben. Würde alles verfügbare Geld, von der Geldmenge M3 ausgehend, zum Bezahlen der Schulden Verwendung finden, blieben trotzdem noch immer rund 15 Billionen offen. Wie ist es möglich, dass es mehr Schulden gibt als Geld?
Die Antwort ist einfach. Die ausgegebene und verfügbare Geldmenge entspricht dem ursprünglichen Kredit, die Schuld hingegen Kredit + Zinsen. Und diese Differenz summiert sich eben im Laufe der Jahre.
Dazu ein kleines Rechenbeispiel. Wenn Sie für einen Kredit 7% Zinsen bezahlen und keine Rückzahlung leisten bzw. diese durch Neuverschuldung finanzieren, dann hat sich ihre ursprüngliche Schuld in zehn Jahren verdoppelt, in zwanzig Jahren vervier- und in dreißig Jahren verachtfacht. Eine mit 7% verzinste Schuld aus dem Jahr 1961 von einer Million entspricht – sofern keine Rückzahlung geleistet wurde – mittlerweile 32 Millionen.
Das von Geschäftsbanken kreierte Geld wird, bei Rückerstattung des Kredites, natürlich wieder neutralisiert. Die bezahlten Zinsen werden als Gewinn verbucht. Allein in der Eurozone bleibt zwischen vorhandenem Geld und bestehenden Schulden eine gigantische Kluft von zumindest 15 Billionen Euro. Ja, natürlich, das System der modernen Finanzwelt ist unüberschaubar komplex. Direkt darauf angesprochen, würde jeder linientreue Finanzexperte eine Menge Erklärungen dafür finden, dass der Anschein hier trügt, dass alles schon seine Richtigkeit hat, dass Finanzierungen innerhalb des Finanzsektors anders zu bewerten seien, was auch immer. Ich wäre aber gespannt, was etwa Frau Merkel dazu sagen würde, fände sie sich endlich eimal mit der direkten Frage konfrontiert: Wie lassen sich 25 Billionen Euro an Schulden begleichen, wenn nicht mehr als 9,5 Billionen zur Verfügung stehen?
Diese Zahlen berücksichtigend, stellen wir eine kurze Überlegung an, wie die Zukunft ohne Crash aussehen könnte. Das Begleichen von Verbindlichkeiten wird, wie sich in den verschiedenen Aussagen immer wieder zeigt, vorrangig behandelt. Die Anleger, die internationalen Investoren, dürfen ja das Vertrauen nicht in unsere Gesellschaft verlieren. Wir müssen also weiterhin pünktlich die Zinsen bezahlen. Für Deutschland, für Griechenland, für Spanien, für Irland, für Portugal … Mit welchem Geld? Mit neuen Krediten? Damit gibt es ein Problem, denn die Verschuldung ist schließlich zu weit fortgeschritten. Die Rating-Agenturen werten die Kreditwürdigkeit ab. Haben die Bürger vielleicht noch etwas, das man ihnen wegnehmen könnte?
Ja, ein Teil der Bürger hat noch. Und wir leben schließlich in einer Gemeinschaft. Wenn es ums Eingemachte geht, dann müssen einfach Alle ihren Anteil leisten. Zumindest ein Drittel ist, dank dieses unverschämten Währungssystems, in dem alles Geld auf Kredit basiert, schon restlos pleite. Der Anteil wird steigen. Schritt um Schritt. Doch wir müssen zusammenhalten. Wir müssen das Vertrauen der Anleger erhalten.
Warum finden sich so wenige Journalisten, die dies der Öffentlichkeit erklären? Die Politiker mit Fakten konfrontieren? Die das Unlösbare als solches beim Namen nennen? Warum sind es noch immer so wenige Menschen, die sich für unser Geldsystem interessieren? Die danach fragen, wo Geld überhaupt herkommt? Die ebenso fragen, wohin die Billionen, die jährlich an Zinsen bezahlt werden, verschwinden?
Sollten die Börsenkurse plötzlich ins Bodenlose fallen, die Bilanzen der systemrelevanten Banken mitreißen, einen Dominoeffekt auslösen, der zum Schließen aller Geldinstitute und damit zum Ende des Systems führt wie wir es kennen, wären die katastrophalen Folgen für die Meisten von uns unvorstellbar. Sollte dieser Crash jedoch nicht in naher Zukunft erfolgen, wird den Bürgern weiterhin Schritt um Schritt der Gürtel enger geschnallt, schlittern mehr und mehr Menschen in finanzielle Notlagen, sieht die Zukunft nicht viel besser aus. Was besagt ein altes Sprichwort? „Besser ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende!“
Wie immer wir es betrachten, die Zukunft kann und wird nichts Erfreuliches bringen. Es sei denn, die Politiker, die Vertreter des Volkes aller betroffenen Länder, finden sich im letzten Moment noch zusammen, um eine Lösung zu finden, die der Mehrheit dient, anstatt einer kleinen internationalen Elite von sogenannten Anlegern. Bis jetzt haben sie jedoch alle zusammen keinerlei Zeichen gesetzt, in dieser Richtung zu handeln.