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Die Inflation drückt auf das Haushaltsbudget – Bewusst herbeigeführt um Konjunktur anzukurbeln?

energiesparlampe_1Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Mit dieser zynischen Feststellung lässt sich wohl auch der Unterschied zwischen tatsächlicher und gefühlter Inflation erklären. Wenn aber die Statistik bereits von starken Preissteigerungen spricht, wie muss sich eine gefühlte dann in der Praxis bemerkbar machen? „Ich habe wegen meiner Energiesparlampen weniger Strom verbraucht, zahle aber nur um 20 Cent weniger als im Vorjahr“, so eine verärgerte Staatsbürgerin in Österreich. Und von diesen „Wutbürgern“ wird es in Wien bald mehr geben. Um 33 Prozent sollen die Gebühren für Wasser, Müll und Kanal in der Bundeshauptstadt demnächst steigen. Oder kurbelt man damit versteckt die Konjunktur an?

Österreich verzeichnet mit 3,5 Prozent die höchste Inflationsrate aller EU-Länder, gibt die Statistik Austria für Juli 2011 bekannt. Nur im September 2008 lag die Inflationsrate mit 3,8 Prozent höher. „Ohne Mineralölprodukte wäre die Inflationsrate bei 2,7% gelegen. Als weitere bedeutende Preistreiber erwiesen sich Ausgaben für Wohnen, Nahrungsmittel, Pauschalreisen sowie Restaurants und Hotels“, so die Pressemitteilung im O-Ton. Wenn man mit der oben schon erwähnten „Wutbürgerin“, einer Pensionistin, die sich im lokalen Sozialmarkt engagiert, spricht, meint diese lakonisch: „Zucker und Reis wurden in den vergangenen zwei Wochen fühlbar teurer. Wenn die Grundnahrungsmittel steigen, dann kann man sich auf eine saftige Preiserhöhung für die Lebenshaltungskosten in den kommenden vier bis fünf Monaten gefasst machen“.

Saftig ist der Preisanstieg auf Mineralölprodukte mit einem Plus von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr allemal. Wer viel fahren muss, dem tut das weh. In Österreich müssen viele Menschen viel fahren, denn die städtischen Zentren, die Arbeitsplätze bereit stellen, werden auch von Arbeitnehmern aus den umliegenden ländlichen Regionen heimgesucht – 15 Jahre Regionalentwicklung in strukturschwachen Räumen (rund 70 Prozent des Staatsgebietes) konnten das Problem der Mobilität am Land nicht lösen. Gleichzeitig schraubte die Bahn (ÖBB) ihr Streckenangebot zurück, sodass man eben aufs Auto angewiesen ist. Wenn dann noch die Reparaturkosten und Aufwände für die Wartung von PKW um 4 Prozent im Juli 2011 steigen, kann man ruhigen Gewissens behaupten, dass Österreich gut der Krise trotzt. So geschehen die Tage vor der Veröffentlichung der neuen Inflationsraten auf der Webseite des ORF und diversen Tageszeitungen.

Was dem Österreicher auch noch gehörig auf die Geldbörse drückt ist der Preisanstieg für Haushaltsenergie. Satte 21 Prozent kletterten die Preise für Heizöl und um 10 Prozent für Gas in die Höhe; die Stromkosten blieben konstant. Ich möchte dazu eine Querverbindung ziehen und denke, sie ist erlaubt. Denn als Journalist ist man verpflichtet, die Leser über die Bedeutung der Fakten zu informieren.

Also, beobachtet man konsequent die Energiepolitik des Landes, dann fällt der permanente Ruf nach Biomasse und alternativer Energie auf. Das Lebensministerium setzt sich öffentlich wirksam diesbezüglich schwer in Szene. Die Bauern sollen auf Biomasseerzeugung umstellen und – der Ausbau von Erdgasleitungen geht auch munter voran (still und zügig hier in der Region der Redakteurin, mit dem Ziel, alle noch mit Öl beheizten Haushalte erschließen zu wollen. Gleichzeitig geht man in Konkurrenz mit dem örtlichen von Bauern als Genossenschaftsbetrieb bewirtschafteten Biomasse-Solar-Heizwerkes, wobei diese fürchten, von der Ferngas schlussendlich aufgekauft zu werden. Die Ferngaserschließer sind ein Betrieb, der zu großen Teilen dem Land gehört. Und schließlich ist man technisch in der Lage, die Qualität des Biogases jener von Erdgas anzugleichen).

Was könnte also ein derartiger Preisanstieg beim Heizöl bedeuten? Exakt! Der Umstieg auf erneuerbare Energie (Solarenergie, Pellets- und Biomassebefeuerungen, Erdwärme etc.) wird dem Verbraucher mit einer ordentlichen Teuerung des fossilen Energieträgers schmackhaft gemacht. Wer also bis dato nicht den Konjunkturpaketen „Thermische Sanierung“ gefolgt war, sollte wohl jetzt endgültig dazu motiviert werden. Wer zahlt die Umrüstung? Der Betroffene selbst. Und die Gaserschließer gelangen so recht zügig in den Besitz der kostbaren Biomasseheizwerke und integrieren sie in ihr eigenes Netz, da diese kleinen Betriebe mit den geringeren Anschlussgebühren des Großkonzerns nicht mithalten können.

Dahinter eine konzertierte Aktion zwischen Politik, Banken und der grünen Technologiebranche zwecks Ankurbelung der Konjunktur und der weiteren Geldschöpfung zu vermuten, sei Sache des Lesers. Liebe Österreicher, nehmt euer restliches Geld in die Hand und baut euch Pelletsheizungen ein, stellt auf Gas um und saniert fleißig weiter – die Förderungen dazu sind übrigens lächerlich, und die Banken profitieren davon, weil sie diese Baumaßnahmen Großteils mit Krediten finanzieren.

Um bei der Statistik zu bleiben, die Instandhaltungskosten für Wohnungen stiegen auch um 2,9 Prozent gegenüber dem Juli des Vorjahres, was durchaus für einen möglichen Konjunkturschub in der Baubranche sorgen könnte. Wohnungsmieten legten ebenfalls gehörig zu: satte 3,3 Prozent, was Regionen mit niedrigen Medianeinkommen (das sind die meisten Tourismusregionen in Österreich) ganz besonders trifft und der österreichischen Immobilienbranche nützt. Von Krise also keine Spur – wir trotzen ihr, der (gezielten) Inflation sei Dank.

Und nun zu den eingangs erwähnten Grundnahrungsmitteln. Molkereiprodukte und Eier legten um 6 Prozent zu, Brot und Getreideerzeugnisse um 4 Prozent – ich wunderte mich unlängst, für ein halbes Kilogramm Sonnenblumenschrotbrot satte 3,25 Euro gezahlt zu haben – und Obst verteuerte sich um 8 Prozent. Da passt es ja genau ins Konzept, dass man dem Österreicher gleichzeitig mit Bekanntwerden der Teuerungsraten die gesunde Ernährungsweise mundgerecht aufbereitet. Herr und Frau Österreicher essen zuviel Fleisch und zuwenig Obst, Getreide- und Gemüsegerichte, die Schnitzelproduktion schade wegen des erhöhten Wasserverbrauches und der CO2-Produktion der Umwelt. Derweil kämpfen die Nahrungsmittelproduzenten (sprich Bauern) um ihre Existenz – täglich hören neun Bauern, darunter auch Biobauern, in Österreich auf ihre Höfe zu bewirtschaften und von den Bauernvertretern hört man, dass viele Berufskollegen ihre Sozialversicherungsbeiträge stunden lassen, weil sie diese nicht mehr bezahlen können. Enormer Preisdruck bei Fleisch, Milch, Getreide etc. gilt als Verursacher.

Aber nun wieder zurück zur Inflationsstatistik. Auf den Mikrowarenkorb bezogen, der hauptsächlich Nahrungsmittel des täglichen Einkaufes enthält, bedeutet die aktuelle Inflation für den Konsumenten einen Anstieg des Preisniveaus um 3,9 Prozent im Jahresabstand – im Juni 2011 betrug dieser sogar 4,1 Prozent.

Noch deutlicher stiegen die Preise beim Miniwarenkorb. Dieser enthält nämlich neben Nahrungsmittel eines wöchentlichen Einkaufes auch Dienstleistungen und Treibstoff. Satte 6,9 Prozent stiegen hier die Preise im Vergleich zum Juli des Vorjahres.

Fazit: Der Österreicher greift ordentlich tiefer in die Tasche um den Alltag zu bestreiten. Wer noch dazu am Land wohnt und aus beruflichen Gründen weite Strecken mit dem eigenen PKW fahren muss, den trifft diese Teuerung doppelt hart. Ob diesen Umstand nun die Politik ausnützt oder nicht, sei dahingestellt. Es könnte sich aber durchaus lohnen, einmal die Parallelereignisse aus diesem Blickwinkel heraus zu betrachten und – um sich dann ein eigenes Bild von den so gewonnenen Erkenntnissen zu machen. Beobachten wir also weiterhin, welche Produktgruppen sich verteuern und welche Kampagnen die Politik und ihre Medien gleichzeitig tätigen, wenn auch nur um informiert zu bleiben. Ich hoffe inständig, es handelt sich dabei um Zufälle, um äußere Zeichen chaotischer Schwarmintelligenz des Homo Austriacus. Ich möchte nicht hoffen, das Gerede um Inflation und Konjunkturkurbler sei eine konzertierte Aktion, die Wähler im Schraubstock des verfügbaren Haushaltseinkommens zu halten und sie damit zum Schweigen zu bringen.

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