Schulden sind eine Last. Für Unternehmen, für Privatleute, doch ganz besonders für Staaten. Griechenland bot sich als erstes Land der EU an, die dramatischen Auswirkungen der Staatsverschuldung zu demonstrieren. Der Rest der EU stellte, nicht ganz freudig, Hilfe bereit. Gleichzeitig erwarteten alle, zumindest außerhalb Griechenlands, massive Einsparungen. Unter enormen Protesten, teils gewalttätig, wurden diese auch durchgeführt. Bleibt dadurch mehr Geld im Staatsbudget, um die Schulden zu reduzieren? Keineswegs, denn die Wirtschaft glitt, aufgrund reduzierter Kaufkraft, in eine dramatische Abwärtsspirale.
Selbstverständlich können sich auch Unternehmen rettungslos verschulden. Im schlimmsten Fall droht der Konkurs und der Betrieb wird liquidiert. Grundsätzlich handelt es sich bei betriebsbezogenen Krediten jedoch um kalkulierte Investitionen. Der Profit, der aus solchen entsteht, sollte die entstehende Zinslast abdecken.
Etwas anders sieht die Situation bei Privatkrediten aus. Und zwar ganz speziell, wenn das erwartete zukünftige Einkommen als einzige Sicherheit dient. Kommt jemand mit seinem Gehalt nicht aus und stopft die Lücke durch Kredite, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Rahmen erschöpft ist. Dann lebt er mit dem gleichen bescheidenen Einkommen, abzüglich der Zinszahlungen. Von der nicht wirklich erfreulichen Möglichkeit des Privatkonkurses abgesehen, kann eine Privatperson natürlich maximale Einsparungen vornehmen. Wird der Sommerurlaub gestrichen, das Bier nach der Arbeit, auf die Butter am Brot verzichtet, dann könnte es sein, dass sich die Schulden, während langer, unangenehmer Jahre, abbauen lassen.
Doch was passiert, wenn der Staat Ausgaben streicht, Steuern und Gebühren erhöht, die Bürger in Summe zum Sparen zwingt? Der Geldumlauf, und somit die Kaufkraft, wird reduziert. Unternehmen verzeichnen Umsatzeinbußen. Personal wird abgebaut, die Arbeitslosigkeit steigt, die Kaufkraft sinkt weiter, Betriebe werden geschlossen. Parallel dazu sinken die Steuereinnahmen. Der Staat wird zu weiteren Kürzungen gezwungen. Es setzt ein Spiraleffekt ein, der die Situation nur verschlimmert.
Gestern erschien bei Spiegel-International ein Artikel über die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland. Von unzähligen Geschäftsschließungen wird ebenso berichtet wie von Arbeitslosigkeit, die in manchen Regionen bereits 70 Prozent beträgt. In ganz Griechenland betrug die Arbeitslosenrate im Jahr 2009 noch 9,5 Prozent. Für dieses Jahr wird erwartet, dass sie auf 12,1 Prozent steigt und weiter auf 14,3 Prozent im Jahr 2011. Weder von der Bevölkerung noch von Experten wird für die Zukunft eine Verbesserung erwartet. Und wie sollte sich eine solche ergeben? Ohne Einsparungsmaßnahmen hätte sich an der Situation, die in die Krise geführt hat, nichts verändert. Durch die Maßnahmen jedoch wird die Kaufkraft derart reduziert, dass sie, so der Artikel, auf das Niveau von 1984 gefallen sei.
Griechenland ist der Gipfel vom Eisberg. Die Situation praktisch aller Staaten der westlichen Welt ist nicht wesentlich besser. Zu glauben, dass Griechenland die Probleme durch Misswirtschaft, Großzügigkeit bei Sozialleistungen und mangelnde Bereitwilligkeit, Steuern zu bezahlen, selbst herbeigeführt hat, ist eine oberflächliche Anschauung. Die genannten Punkte haben bloß dazu geführt, die Ausweglosigkeit der Staatsverschuldung rascher zu verdeutlichen. Natürlich handelt es sich bei der Zinslast, die einen nennenswerten Anteil der Steuerleistung verschlingt, nicht um die einzige Schwachstelle unseres modernen Wirtschafts- und Geldsystems. Aber, es handelt sich um das offensichtlichste aller Probleme. Wenn regelmäßig auch nur ein kleiner Prozentsatz umlaufenden Geldes für Zinszahlungen aus dem Verkehr gezogen wird, so muss dieses in irgend einer Form erneuert werden. Wenn diese Erneuerung nur durch neue Kredite möglich ist, führt dies entweder zu einem weiteren Anstieg der Schuldenlast oder zum Rückgang der Kaufkraft. Beide Möglichkeiten führen in eine Katastrophe, die sich bestenfalls noch um einige Jahre hinauszögern lässt.