Rund um König Arthus Tafel ranken seit alters her viele Mythen. Ein Geheimnis wird es wohl auch bleiben, warum die Zahl der Ausgewählten nach und nach von unendlich auf 12 schrumpfte – Deutungen finden sich sowohl in esoterisch angehauchten Zahlenspielen, religiösen Auslegungen als auch in der pragmatischen Feststellung, dass eine Tafel mit wesentlich mehr als eben diesen 12 Personen sogar Rittersäle sprengen würde. Eine mögliche Erklärung liegt im allzu menschlichen Verhalten und blieb weitestgehend unerwähnt: Der teure, nervenaufreibende und nicht immer gesundheitsförderliche Einsatz der Recken trägt nun mal eher klimpernde Früchte, wenn er für das eigene Säckel denn für den untergebenen Mitmenschen erfolgt – so blieben nicht viel Edle übrig, die überwiegende Mehrheit der Ritter presste das Letzte an Lebensmitteln und Silberlingen aus seinen Abhängigen und raubte ihnen Großteils die Grundlage für ein lebenswertes Dasein. Schutzgelderpressung ist beileibe keine Erfindung der Neuzeit.
Und das verbliebene Häuflein, war es tatsächlich so aufrecht? Vielleicht war ja alles ganz anders! Wahre Bilderberge recken sich der Vorstellungskraft entgegen, wie sie da so tafeln und schwafeln, die Herren im Rund (die Damen seinerzeit agierten noch überwiegend keusch gegürtelt aus der Kemenate). Zwischen Keule und Karaffe lenkte man die Abschöpfung grenzübergreifend in noch lukrativere Bahnen, notfalls auch zur Unterstützung eines hie, da oder besser: immer schwächelnden Kameraden. Phantasievoll einnehmend agierten sie ausnahmslos, man tauschte sich aus über Rüstung und Morgenstern, es fiel gar nicht auf, wenn so manchem Burschen das fremdartige Antlitz seines Tischnachbarn zu schaffen machte. Für diese unheilige Allianz holte man sich gern auch Vertreter der einen oder anderen Berufsgruppe in die Burg. Der Bader zog nie mehr als einen Zahn pro verteuerter Sitzung, der Aderlass zur Schmerzbekämpfung füllte die Schatztruhen ebenfalls bis zum Rand. Dass die überwiegende Zahl der Schröpfkopfandockstationen nicht dem Zugriff entfliehen konnte, dafür sorgten schon Steuern auf Pferdestärken und Wegezoll. Die Luft zu besteuern, rentierte sich weniger: Viel Zeit blieb den Ausgelaugten eh nicht, um im Ruhestand nach ihr zu schnappen.
Dennoch: Alle, wie sie da so saßen, waren nur mehr Ritter der traurigen Gestalt. Sie wussten es nicht, aber wäre ihnen eine Reise in die Neuzeit möglich gewesen, über Brüssel nach Berlin, hätten sie ihre Meister gefunden. Das ist ja an sich nichts Überraschendes. Neu ist lediglich die Erkenntnis, dass sich die neuzeitlichen Glücksritter „Bahr“ jeder Anpassungsfähigkeit noch der mittelalterlichen Nachrichtenübermittlung bedienen. des Boten hinkenden Fußes. Nein, ich möchte diese Bilder nicht mehr in meinem Kopf – sonst schreibe ich demnächst noch über den Begriff „Bananenrepublik“.