Freitag , 29 März 2024
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5+1 = Krieg? – Ein Plädoyer zur Wachheit

zerstoerte stadtMit Spannung und Bangen blickt die Welt den 5+1 Gesprächen am 23. Mai in Bagdad entgegen. USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland werden mit dem Iran erneut in Verhandlungen treten. Auffällig an dieser Konstellation: Israel, das sich selbst vom Iran bedroht fühlt und daher seit Jahren permanent mit Angriffen gegen den Iran droht, fehlt am Verhandlungstisch.

Sollten diese Verhandlungen scheitern oder, von Seiten der ultrakonservativen Kriegstreiber in den USA oder in Israel manipuliert werden, könnte Israel seine Angriffsdrohungen wahr machen, was momentan leider immer noch sehr wahrscheinlich, und mit dem kürzlich erfolgten Schulterschluss zwischen Likud und Kadima Partei sogar noch wahrscheinlicher geworden ist. Dann aber droht uns eine militärische Kettenreaktion im Nahen Osten, welche auch die Großmächte USA, China und Russland auf Konfrontationskurs bringen könnte und, wie der Nahostexperte Michael Lüders meint, eine ähnliche Bedeutung für unser Jahrhundert gewinnen, wie der Erste Weltkrieg für das 20. Jahrhundert:

„Eines ist gewiss: Die Folgen eines Angriffs auf den Iran könnten dieses Jahrhundert prägen wie der Erste Weltkrieg das vorige. Dessen Blutspur endete bekanntlich erst mit dem Fall der Berliner Mauer 1989.“

Die Weltöffentlichkeit scheint gegenüber dieser Gefahr nach wie vor zu schlafen, bzw. durch die Medien eingelullt vor sich hinzuträumen. Gerade in den letzten Wochen wurde mir von Menschen, die ich auf den drohenden Krieg angesprochen habe immer wieder gesagt, dass die akute Gefahr doch vorüber sei, und die Verhandlungen nun Entspannung gebracht hätten, überdies sei Obama ja gegen einen Krieg.

Niemand gesteht sich gerne ein, dass wir am Rande einer Katastrophe stehen könnten, die unser Schicksal als Menschheit gefährdet. Das ist natürlich. Lieber ist man versucht, gute Nachrichten über eine Entspannung des seit Anfang des Jahres schwelenden Konflikts für wahr zu halten. Wer die Lage genauer verfolgt, sieht jedoch sehr deutlich, dass es kaum wirkliche Gründe zur Entwarnung gibt.

Die Fakten:

Bereits seit Weihnachten befinden sich NATO-Truppenkontingente von gewaltiger Größenordnung im Persischen Golf. Die Stärke der Truppen ist nach Expertenmeinung vergleichbar mit der Konzentration militärischer Stärke kurz vor dem Einmarsch im Irak (siehe: Brauchen wir diesen Krieg). Der Iran ist bis auf kleine Bereiche im Norden rundherum von Ländern umgeben in denen NATO Truppen stationiert und jederzeit gefechtsbereit sind.

Israel ist nach wie vor entschlossen, einen Präventivschlag durchzuführen, ungeachtet der Warnungen der eigenen Sicherheitsexperten, wie zum Beispiel Meir Dagan, elf Jahre Mossad Chef, der zu den Angriffsplänen Nethanjahus nur zu sagen hatte: „Dies ist die dümmste Idee, die ich je in meinem Leben gehört habe.“

Vieles spricht dafür, dass bei dem Treffen zwischen Obama und Nethanjahu Anfang März nur ein dreimonatiger Aufschub des israelischen Angriffs vereinbart wurde, und Obama nach wie vor hofft, natürlich auch im Interesse seiner Wiederwahl, einen Krieg mit Verhandlungen abwehren zu können. Wer nun glaubt, Israel, ein Land von der Größe Hessens, könne doch nicht den USA diktieren, was sie zu tun hätten, dürfte sich im Irrtum befinden. Gideon Levy formulierte am 4. März, am Vorabend des Treffens von Netanjahu mit Obama den Sachverhalt folgendermaßen: „Keine römische Provinz wagte, Julius Caesar zu sagen, was er tun müsse, kein Stamm träumte jemals davon, Dschingis Khan zu zwingen, nach den Interessen des eigenen Stammes zu handeln. Nur Israel tut dies. Wenn am Montag Barack Obama und Benjamin Netanjahu sich im Weißen Haus treffen, wird es schwierig sein, zu sagen, wer der wirkliche Führer der Welt ist.“

Im Vorfeld der 5+1 Gespräche geschehen überdies zur Zeit äußerst merkwürdige Dinge:

Wie Die Welt mitgeteilt hat, liegt ihr ein detaillierter Bericht der iranischen Volksmudschahedin (auch als MEK bekannt) vor, in dem ausführlich auf das „geheime Atomprogramm“ Irans eingegangen werde. „Die Welt“, welche wie in der Debatte um Grass deutlich wurde, der derzeitigen israelischen Regierung sehr nahesteht, gibt sich sehr bemüht, den Bericht als seriös und stichhaltig herauszustellen, obwohl die Volksmudschahedin verschiedenen Hinweisen zufolge eher eine Marionette im Spiel der Geheimdienste CIA und Mossad zu sein scheinen. Wie der US Starjournalist Seymour Hersh vor Kurzem im New-Yorker berichtete, wurden MEK Kämpfer 2005 in der Wüste von Nevada geheim im Kampf gegen die iranische Regierung ausgebildet. Das Training sei kurz vor der Machtübernahme durch Obama beendet worden. In einer deutschsprachigen Zusammenfassung des Artikels von Hersh auf der Webseite iranicum.com wird berichtet:

„Laut Hersh sollen aber weiterhin nachrichtendienstliche Informationen an die MEK weitergereicht werden, unter anderem zur Ermordung von iranischen Nuklearwissenschaftlern. Eine der Quellen Hershs soll geäußert haben, dass die MEK vor Kurzem noch „ein Witz“ gewesen sei, nun aber aufgrund der logistischen Unterstützung durch die USA, ein weitreichendes Netzwerk im Iran geschaffen habe.“

Überdies ist auch die Unparteilichkeit der IAEA sehr in Frage zu stellen. Es scheint als werde nichts unversucht gelassen, diese Institution mit Funktionären im Sinne westlicher Interessen zu besetzen. Yukiya Amano, seit 2009 Generaldirektor der IAEA, gilt seit den Wikileaks Enthüllungen über ihn als treuer Freund und Erfüllungsgehilfe der USA. Der Eintrag unter seinem Namen in Wikipedia enthält folgende Passage:

„In einem Interview mit dem linksorientierten US-amerikanischen TV-Sender Democracy Now behauptete der berühmte US-Journalist und Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh unter Bezugnahme auf bei Wikileaks veröffentlichte Dokumente, Amato sei unter besonderem Druck der USA hin in sein Amt gewählt worden „weil er Amerika seine Lehenspflicht angedient“ habe“

Die Tatsache, dass Amato loyal gegenüber den USA sei, muss nicht unbedingt heißen er sei auch loyal gegenüber Obama. Vielmehr könnte er auch im Sinne der nach wie vor mächtigen Neo-Cons der vergangenen Bush-Adminstration handeln.

Am vergangenen Dienstag ist ein südkoreanischer IAEA-Inspektor, der zusammen mit einem slovenischen Kollegen unterwegs war, bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben gekommen. Musste hier jemand kurz vor den Gesprächen „aus dem Verkehr gezogen werden“? Die Vermutung liegt nahe.

Immer noch verlassen wir uns auf die Medien und lassen uns allzu leicht in den Schlaf wiegen, was die Gefahr eines drohenden Krieges mit dem Iran betrifft. Aber ist es nicht ein großer Unterschied, ob die Menschen – gerade in Deutschland – der drohenden Gefahr wach gegenüberstehen, oder ob wir, ganz ähnlich wie beim Ersten Weltkrieg plötzlich im „Halbschlaf“ von einer politischen und militärischen „Kettenreaktion überrascht werden, die wir in ihren Ausmaßen erst erkennen, wenn es schon zu spät ist?

Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, soll sich 1914, kurz nach Ausbruch mit folgenden Worten an einen Kreis von Menschen gewendet haben: „Nur vierzig Menschen haben ihn gewollt (den Krieg) – und zu wenige waren da, die ihn nicht wollten.“

Menschen, die wach sind und etwas wollen, die in ihrem „Ich“ stehen, können, wie Steiner in seinem Vortragswerk oft genug betont hat, viel bewirken. In diesem Sinne sollten wir gerade den Presseberichten und Geschehnissen rund um die kommende 5+1 Konferenz wachsam und mit einem klaren „Nein“ zum Krieg gegenübertreten – es könnte wirksamer sein, als wir glauben.

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