Samstag , 7 Dezember 2024
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Norbert Röttgen – Das Bauernopfer der Kanzlerin

norbert roettgenDer einstige Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist von Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) entlassen worden. Ihm folgt nun der christdemokratische Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Peter Altmaier nach. Was auf den ersten Blick aussieht wie die logische Konsequenz des Wahldebakels in NRW, ist bei genauerer Betrachtung nicht mehr als ein mäßig gelungenes Ablenkmanöver unserer Kanzlerin.

„Muttis Bester“ ist sitzen geblieben. Im bevölkerungsreichsten Bundesland bescherte Röttgen der CDU das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte und sorgte damit auch für die gefühlt 235. Wahlniederlage unserer Pfaffen-Tochter. Mit seiner Nicht-Aussage, wo er im Falle einer Niederlage in NRW seine Zukunft sehe, verdeutlichte unser Umweltminister a.D. der Republik jenes Dilemma, in dem sich der moderne Berufspolitiker befindet: Im Vorfeld einer Wahl auch nur das Wort Niederlage in den Mund und dabei nicht den politischen Gegner aufs Korn zu nehmen, erscheint den meisten unserer Vertreter nicht als zielführend, obschon dies für eine glaubwürdigere Art der Politik stehen würde.

Es zeigt aber auch, dass die Ausrufung Röttgens als CDU-Spitzenkandidat für die „kleine Bundestagswahl“ aus Sicht von Merkel durchaus als Erfolg zu bewerten ist, jedenfalls dann, wenn man sich vor Augen hält, dass Röttgen als Aspirant auf das Kanzleramt galt. In jeder Niederlage steckt auch ein Erfolg, zumindest der Erfolg eines Anderen. Im vorliegenden Fall konnte die Kanzlerin ihr fast schon zur Staatsräson erhobenes Umfallen gegenüber unseren französischen Freunden kaschieren. Hatte die Kanzlerin nicht erst am gestrigen Dienstag erklärt, sie wolle zusammen mit François Hollande für den kommenden EU-Gipfel eine Wachstumsstrategie ausarbeiten?

Ihr fanatischer Eifer, Griechenland und die anderen Sorgenkinder Europas kaputtzusparen, ist nun also der Idee der Sozialdemokratie gewichen, Wachstum zu generieren. Merkel hat aber ein Problem: Während SPD-Chef Sigmar Gabriel und die anderen Granden der Partei, die soziale Kälte neu definiert hat, sich darauf verlegen, die finanzielle Unterfütterung des anvisierten Wachstumspakts mittels einer Finanztransaktionssteuer zu gewährleisten, muss Merkel Rücksicht auf ihre heillos zerstrittene Koalition nehmen. Die Liberalen, die sich durch zwei Alpha-Tiere in den Kieler und Düsseldorfer Landtag retten konnten, verbitten sich derartige Besteuerungsmodelle, würde dies doch einem Verrat an die eigene, seit Jahren gepredigte Ideologie der freien Märkte gleichkommen. Die CSU ist ihrerseits viel zu sehr damit beschäftigt, nutz- und sinnlose Prestige-Projekte wie das Betreuungsgeld durchzupeitschen. Und über allem steht und wacht die Kanzlerin, könnte man meinen.

Statt über den Dingen steht Merkel aber abseits der Szenerie und dürfte sich derzeit eher Gedanken darüber machen, wie es ihr gelingen kann, dem deutschen Volk das Grundgesetz aus der Hosentasche zu fingern und den ESM endlich einzuführen. Merkel konnte durch die Entscheidung, Röttgen in NRW antreten zu lassen, nur gewinnen: Hätte er gewonnen, so wäre er auf absehbare Zeit in den Niederungen der Landespolitik verschwunden. Bei einer relativ knappen Niederlage, von der man zu Beginn des Wahlkampfes durchaus ausgehen konnte, wäre Röttgen geschwächt nach Berlin zurückgekehrt und Merkel nicht gefährlich geworden.

Das tollkühne Manöver unseres nassforschen Klimaministers, die Landtagswahl zur Urabstimmung über Merkels Euro-Kurs zu machen, setzte dem unwürdigen Treiben die Krone auf. Er brachte Merkel in Bedrängnis, was nicht ohne Folgen bleiben konnte und durfte.

Aber warum kam es erst am heutigen Mittwoch zur Entlassung von Röttgen? Machtpolitiker wie Merkel verfallen gerne in Aktionismus, wenn sie von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken wollen. Sie suchen einen Schuldigen, damit niemand auf die Idee kommt, sie selbst könnten diese Rolle ausfüllen. Es rumort und brodelt in der CDU, der konservative Berliner Kreis, der den von Merkel initiierten Linksruck der CDU nicht länger tatenlos erdulden möchte, ist dafür nur ein Beispiel. Anders als zu früheren Zeiten gerät Merkel mittlerweile immer mehr selbst unter das Brennglas der Enttäuschung einer ganzen Partei, die mit der eigenen Vorsitzenden mehr und mehr Probleme hat.

Nun musste also Röttgen daran glauben, nachdem ihn die Kanzlerin am Montag nach dem Urnen-Debakel in NRW noch den Rücken gestärkt und seinen Verbleib im Bundeskabinett ausdrücklich betont hatte. Das Interview von CSU-Chef Horst Seehofer mit dem ZDF mag auch eine Rolle für die neuerliche abrupte Kehrtwende, an die wir alle nun schon sehr gewöhnt sind, Merkels gespielt haben. Allerdings sollte an dieser Stelle die Einschätzung von CSU-Kenner Heinrich Oberreuter Einzug finden, der erklärt hat, dass Seehofer zwar Röttgen sagt, in Wahrheit aber Kanzlerin Merkel mit seiner Kritik meint.

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