Freitag , 29 März 2024
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„Nazi-Vorwürfe“ aus Athen und deutsche Reaktionen schießen am Ziel vorbei

merkel naziBundeskanzlerin Angela Merkel als Hitler-Verschnitt dargestellt, Finanzminister Wolfgang Schäuble ebenso – unfassbare Bilder, die derzeit von Griechenland nach Deutschland ihren Weg finden. Wirklich unfassbar oder doch verständlich? Die Griechen sind empört. Jene, die das nicht verstehen, sagen: „Da schütten wir Milliarden in dieses griechische Fass ohne Boden, und dann das. Frechheit so was!“ Genau dieses „Fass ohne Boden“ empörte die Griechen, allen voran Präsident Karolos Papoullas, der gleich mal gegen Schäuble wetterte. Deswegen und ob der Nazi-Bilder sind nun aber auch die Deutschen empört. Sie verstehen jetzt nicht mehr ganz, wer sich worüber und warum empört? Macht nichts. Das verstehen die wenigsten und doch empören sich immer mehr. Meist aus guten Gründen, nicht immer aber aus den richtigen.

Die Sache ist nämlich die, dass die Griechen, die diese Bilder zeichnen, vermutlich, sogar ziemlich sicher, gar nicht „gerettet“ werden wollen. Aber man hat sie ja nicht gefragt. Jener Politiker, der sich die Unterstützung seines Volkes zusichern und es befragen wollte, musste flugs den Hut nehmen. Wohlgemerkt in jenem Land, aus dem das Wort Demokratie (demos = Volk, kratia = Herrschaft) stammt.

Das ist fast schon höhnisch, und wenn es nicht so traurig wäre, wäre es fast auch ein bisschen lustig, dass auf den internationalen Parketten derzeit immer mehr Demos stattfinden, weil die Regenten (ja, sie benehmen sich wie Monarchen) dem demos des kratia beraubt haben. Beraubt im wahrsten Sinne des Wortes, weil nicht nur die Demokratie, sondern auch die Menschen, die sich für sie starkmachen, immer öfter mit Füßen getreten werden.

Aber bleiben wir bei der aktuellen deutsch-griechischen „Feindschaft“. Zum einen haben wir hier also ein Volk, das zwangsbeglückt „gerettet“ werden soll, wogegen es sich mit Händen und Füßen wehrt, und auf der anderen Seite ein Volk, das – ebenso wie die meisten anderen betroffenen Völker – die Hellenen gar nicht retten will. Wenn also weder die einen noch die anderen, diese „Rettung“, die natürlich keine solche ist, gar nicht wollen, warum passiert sie dann trotzdem?

Hm – warum? Tja, warum eigentlich? Warum müssen „die Griechen“ auf „die Deutschen“ sauer sein und umgekehrt, anstatt einander so wie früher liebzuhaben und an idyllischen Stränden Freundschaften zu pflegen? Weil das „Merkozy“ so entschieden haben. Weil das die EU so will. Weil die EU von „Volksvertretern“ regiert wird, die schon lange nicht mehr das Volk, sondern die Interessen der Wirtschaft und der Banken vertreten. Böse Politiker! Böse Wirtschaftsbosse! Böse Bankenbonzen!

Dreimal Ja – alle böse! Aber sind wirklich sie es, die an der Finanzmisere – die ja bei weitem nicht nur Griechenland betrifft, aber dort grad akut ist – alleine Schuld tragen? Nein, definitiv nicht! Wir – ja, wir, Sie , ich, wir alle haben den Wirtschaftsbossen ihre Waren abgekauft, und gar nicht selten mit dem Geld von jenen Banken, die wir jetzt für all das verantwortlich machen. Und genau das hat uns ebenso glücklich wie blind gemacht. Wir waren so sehr damit beschäftigt immer mehr zu wollen, dass uns lange nicht auffiel, dass wir dafür auch immer mehr geben mussten und noch viel mehr geben müssen.

Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob wir drauf und dran sind auch unsere Freiheit abzugeben, oder ob wir sie schon abgegeben haben. Fest steht, dass fünf vor zwölf bereits durch ist. Und ich glaube, dass das sehr viele Menschen so spüren. Ganz besonders jene Griechen, die ihre Kinder bereits in Waisenhäuser bringen müssen, weil sie diese nicht mehr ernähren können. Jene Griechen, denen von ihrem ohnehin schon extrem geringen Einkommen noch mehr weggenommen wird. Jene Griechen, die sich nicht mehr anders zu helfen wissen als ihrer ohnmächtigen Wut mit dem Verbrennen von deutschen Flaggen und Hitlerbildern Ausdruck zu verleihen. Auch wenn es so aussieht, aber ihr Hass richtet sich ganz sicher nicht gegen das deutsche Volk, und doch wird dort eben dieser auf die Griechen geschürt.

VorBILDhafte Medien zündeln dann noch mit so Schlagzeilen wie „Wir zahlen und sie bepöbeln uns“, um dann gleich die wenig freundliche aber letztendlich einzig richtige Empfehlung nachzuschießen „Schmeißt die Griechen aus dem Euro“. Das wäre der Griechen tatsächliche und wohl auch einzige Rettung. Aber damit müsste die EU ihr Scheitern eingestehen und so weit sind wir (noch) nicht.

Noch wird, mit wohlwollender massenmedialer Unterstützung, am Samariterbild der Staaten-Vereinigung gezeichnet. Da wird uns beschrieben, wie sich Angela Merkel und Wolfgang Schäuble – die Armen – sich schlaflose Nächte um die Ohren schlagen, um ein kräftiges Sparpaket für „diese Griechen“ zu schnüren und anstatt dankbar auf die Knie zu sinken und sofort der Erfüllung der Auflagen entgegenzustreben, lehnen die sich doch tatsächlich auf. Das gibt’s doch gar nicht. Da verstehe einer die Welt. Es ist einfach nicht zu fassen, was diese „bockigen Griechen“ (so die vorBILDhafte Formulierung) aufführen.

Mit diesen „bockigen Griechen“ ist natürlich das Volk gemeint, die breite Masse, also jene, die auf die Straße gehen, um dort ums Überleben zu kämpfen. Nein, nicht jene, die ihre Schäfchen im Trockenen und ihre Milliarden außerhalb der hellenischen Grenzen geschafft haben. Damit sind natürlich auch nicht die EU-hörigen griechischen Politiker gemeint, die fügen sich ja, die sind ja nicht „bockig“, wenngleich das die Griechen selbst wieder ganz anders sehen. Darum stellen sie Merkel und Schäuble in Nazi-Uniformen dar. Zugegeben, eine etwas drastische Methode, seiner Wut Ausdruck zu verleihen, und doch nicht so drastisch wie das, was die EU den Griechen zumutet. Sie sind zu Recht empört. Und ich bin es auch! Sollten Sie es noch nicht sein, dann empören Sie sich. Aber nicht gegen jene Griechen, die nicht mal mehr ihre Kinder ernähren können!

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