Samstag , 20 April 2024
Startseite » Politik » Politische Kommentare » Wie geht es weiter mit dem Droh-Wulff?

Wie geht es weiter mit dem Droh-Wulff?

brennende_praesidenten_standarteLange war er der Schwiegersohn-Politiker, der Saubermann, der bescheidene Macher. Kein intellektueller Überflieger oder mutiger Politikwolf, sondern das Paradebeispiel des Durchschnittsbürgers an der Macht. Der Christian Wilhelm Walter Wulff, jetzt Bundespräsident von Angela Merkels Gnaden. Ein harmloser Mann, so wie ihn die Parteigremien lieben, ein Menschenschlag Politiker, wie er unser Land zuhauf bevölkert. Die andere Seite: Auch viele Deutsche fanden diesen Mann bis vor kurzem gut, war er doch so harmlos, so brav, so bieder, so wenig anstrengend, so wie die Masse der Deutschen ihre Politiker am liebsten hat. Wulff das Symbol der Bundesrepublik und ihrer Karrierewege. Jetzt ist er im Hochamt der politischen Klasse angekommen, im Amt des politischen Oberlehrers und Oberpriesters der Nation, verfassungsjuristisch nennt man es zeitgemäß Bundespräsident. Aber anstatt mit wohlfeilen politisch korrekten Reden das Gewissen der Bürger auf Vordermann zu bringen, ist er jetzt zum Skandal geworden.

Der gegenwärtige Bundespräsident ist ein Mann, der mit Drohanrufen bei Zeitungsredaktionen ihm missliebige Veröffentlichungen zu verhindern versuchte. Wulff, der Schwiegersohn ist zum Droh-Wulff geworden. Man glaubt es kaum, dass jemand so dumm oder arrogant sein kann, auf den Anrufbeantworter des Chefredakteurs der „Bild“-Zeitung Drohungen zu sprechen. Schon deshalb müsste er zurücktreten. Dazu kommen noch eine Unzahl von skandalösen finanziellen Vorgängen, bei denen man sich die Fragen stellt, warum er dauernd die Wahrheit nur stückchenweise herausrückt und nicht alle Fakten auf den Tisch legt. Hier gewinnt das Publikum den Eindruck, dass da noch mehr Leichen im Keller liegen. Alles in allem hat Bundespräsident Christian Wulff so viel an Autorität verloren, dass er sein Amt nicht mehr weiterführen kann. Er muss gehen.

Das ist aber nur der eine Teil der Geschichte. Der andere Teil ist eine gewaltige Heuchelorgie, die derzeit in den Medien gefeiert wird. Was eigentlich ist so besonders an diesen „Drohanrufen“. Wulffs Fehler war, dass er auf den Anrufbeantworter sprach. Natürlich versuchen Spitzenpolitiker immer wieder, die Presse unter Druck zu setzen und natürlich wird dabei persönlich und am Telefon Klartext gesprochen. Das geht von der Kommunal- bis zur Bundespolitik. Die offizielle Politik versucht immer wieder, das Internet unter wechselnden Vorwänden an die Kette zu legen. Zudem wissen Journalisten oft viel mehr als sie schreiben. Es ist schon verwunderlich, warum der Skandal gerade jetzt an die Öffentlichkeit kam. Der Sumpf in Hannover ist ja hinlänglich bekannt. Viele Politiker haben Leichen im Keller und gerade das macht sie „karrierefähig“ und steuerbar. Und manchmal, aus unbekannten Gründen, werden die Leichen dann von den Medien ausgegraben und vorgezeigt. Und dann ist finito.

Es ist zudem heuchlerisch, wenn sich jetzt die Öffentlichkeit über den Biedermann Wulff aufregt. Er ist genau der Politikertypus, den sie haben wollen und immer nach oben wählen. Möglichst harmlos und wenig anstrengend, gern auch ein bisschen korrupt. Das macht sympathisch und jeder kann auf solche Leute genüsslich herabsehen. Wer will denn schon Politiker zum Aufschauen, Politiker mit Wagemut und Format, die mutig neue Wege gehen, den Menschen was abverlangen und auch mal etwas unberechenbar sind. Nur kein Risiko ist das BRD-Glaubensbekenntnis. Im Grunde laben wir uns dann gerne an Skandalen, wie dem von Wulff. Sie bestätigen unsere Meinung, die wir von den Politikern immer schon hatten. So können wir gemütlich auf dem Sofa bleiben und das Schauspiel des Sturzes verfolgen. Eine kurze Schnappatmung des politischen Organismus und dann geht es wieder weiter im ewigen Reigen dieser politischen Seifenoper. Wer dann Angst bekommt, dass sich vielleicht wirklich was ändern könnte, der kann beruhigt sein: Sie kommen immer wieder die Wulffs und Guttenbergs. So lange, bis der Bogen überspannt ist und die Mechanik der politischen Erfordernisse das folgenlose Glasperlenspiel einfach zerbricht. Im Märchen hieß das: Der Kaiser ist nackt.

Ein Kommentar von Christian Weilmeier

Check Also

Ist Notwehr die einzige Möglichkeit gegen die NSA vorzugehen?

Die Enttäuschung von Otto Normalbürger ist groß. Da die Bundesregierung nicht gegen die Angriffe der …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert