Dienstag , 16 April 2024
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Der Bundespräsident erklärt den Krieg

christian_wulffIch gebe zu, es ist eine kräftige Überschrift, die ich gewählt habe. Auch wenn mir das keiner unterstellen mag, über diese Überschrift habe ich lang und ernsthaft nachgedacht. Und jetzt steht sie da, absichtlich. Zunächst sei gesagt, ich hatte anfangs zum Vorgang der Finanzierung durch unseren Bundespräsidenten eine gespaltene Meinung. Da ist zunächst mein Anspruch an dieses Amt und an die das Amt verkörpernde Person, dass sie über alle Zweifel erhaben und integer ist. Wie auch andere meiner Freundinnen und Freunde zugaben, wären wir selbst in dieser Position, fast wäre es sicher, am eigenen Anforderungsprofil gemessen wäre der Weg zum Scheitern nicht sehr weit.

Auf der anderen Seite fragte ich mich, was es die Welt wohl angeht, wenn ich auf unbestreitbar einwandfreie Art und Weise den Bau oder den Kauf meines Hauses finanziere. Ich spreche jetzt von der juristischen Würdigung, nicht von einer moralischen Beurteilung. Eines sollte doch wohl unumstritten sein, auch dem Präsidenten dieser Republik sollte es jederzeit möglich sein, sich ein Haus anzuschaffen.

Nun gibt es einen moralischen Aspekt bei und in diesem Vorgang, welcher sogar etwas mehr als einen leichten Beigeschmack hat, vielleicht riecht er sogar schon übel. Die wohlfeile Wortakrobatik, welche Herr Wulff zur Erklärung nutzte, sie ist sonst mehr in live im Fernsehen übertragenen Diskussionen anzutreffen, welche im „hohen Haus“ stattfinden. Die Rhetorik, ursächlich meinte man damit Redekunst, konnte bis gestern nicht wirklich verblüffen. Diese Art von Sprachblasenkunst und von degenerierter Wortakrobatik, diesen Umgang mit uns und der uns unterstellten Unfähigkeit, diese zu erkennen und sie zu beurteilen, dies schockiert wahrhaftig nicht.

Bis zu diesem Zeitpunkt unterschied sich der Vorgang in keinster Weise von der Berliner Normalkost, welche tagtäglich serviert wird.

Dies ist nun ein anderer Vorgang geworden. Die von mir geschätzte Süddeutsche berichtet vom Versuch des Herrn Wulff, in direktem Kontakt mit Herrn Diekmann, dem Chefredakteur der BILD-Zeitung, eine Berichterstattung über die ihm zugeflogene „Fastgratisfinanzierung“ zu verhindern. Da war wohl einer richtig sauer. Er hat Herrn Diekmann mit dem endgültigen Bruch gedroht. Auch vom Führen eines Krieges soll er gesprochen haben. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ein Präsident droht der Presse mit dem endgültigen Bruch. Wenn ich jetzt diesen Umstand auf die gleiche Art und Weise interpretiere, wie Herr Wulff die Finanzierung verschwieg, dann gehört die Zeitung dem Bundespräsidialamt, zumindest aber der CDU. Das hat ja wohl gesessen, war aber Herrn Wulff noch nicht genug. Der Rubikon sei für seine Frau und ihn überschritten. Dies sei eine unglaubliche Geschichte. Zumindest in diesem Punkt kann ich ihm nur recht geben. Ach so, mit einer Anzeige gegen die Journalisten drohte er ebenfalls, unser Herr Bundespräsident. Pikant ist dabei, Herrn Wulff war bekannt, dass die Presse recherchierte. Es gab einen Rechtsstreit durch alle Instanzen wegen der Einsicht in das Grundbuch. Da hatte Herr Wulff ebenfalls verloren.

Ich habe jetzt eine Erklärung abzugeben, welche in keiner Weise satirisch gemeint ist, da lege ich Wert darauf: Der Chefredakteur der BILD-Zeitung, der Herr Diekmann, er verdient für sein Verhalten in der Jetztaffäre Wulff Respekt und Anerkennung. Ich bin ihm dankbar dafür. Es erscheint mir wichtig, dies hier und in aller Deutlichkeit auszudrücken. Jetzt ist es also eine Affäre geworden, welche sich der Herr Bundespräsident selbst eingebrockt hat, tja.

Der immer wieder geforderte Respekt vor dem Amt, welchen das Amt zweifellos hat – nur nicht immer die Personen, welche dieses Amt innehaben, lässt mich zum Kern kommen: Wann lernen die Politiker, zu denen gehört ohne Zweifel auch ein Bundespräsident, wann lernen sie den Respekt vor dem Volk. Falls die Politik das Volk vergessen haben sollte, ein freundlicher Hinweis von uns, wir sind der Souverän. Schon vergessen? Übrigens: Die Finanzierung für den Souverän, sie ist in der Regel deutlich teurer. Aber da sind wir schon wieder bei der Normalität, welche man uns predigt.

Aber er sagt auch andere Sachen in seinen Interviews und Reden, der Herr Bundespräsident Wulff. So sagte er im Interview mit der Zeit am 30.06.2010 unter anderem:

„…all das empfinde ich als Bereicherung, und deswegen habe ich mein politisches Engagement nicht infrage gestellt.“

Nie?

Es gab eine Ausnahme: Während der Parteispendenaffäre habe ich mich gefragt, ob ich im richtigen Metier, in der richtigen Partei bin, als damals immer mehr Verstrickungen und Rechtswidrigkeiten bekanntwurden. Wenn das beschönigt, als nicht so schwerwiegend oder „kann doch mal vorkommen“ verharmlost worden wäre, dann hätte ich nicht weitergemacht. Wo kommen wir hin, wenn die Politik die eigenen Gesetze ignoriert?“

In diesem Sinne…

© Peter Reuter

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