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Weniger Rüstungsexporte, zumindest auf den ersten Blick

rollender__panzerVerehrte Damen und Herren, der guten Ordnung halber muss ich offensiv darauf hinweisen, dieser Bericht enthält unendlich viele Zitate. Abgeschrieben und kopiert habe ich ebenfalls wie ein Guttenberg. Selbstredend lege ich die Urheberschaft ohne Kompromisse offen. Es handelt sich um die nachfolgende Presseerklärung der Bundesregierung vom 6. Dezember 2012, also vom Nikolaustag. Die dort propagierte Betrachtungsweise des veröffentlichten Zahlenwerkes hat allemal die Weiterverarbeitung in eine Doktorarbeit verdient.

Nun mag ich sie nicht länger auf die Folter spannen, hier ist der Originaltext:

Weniger Rüstungsexporte

Die Bundesregierung hält unverändert an den strengen Regeln der Rüstungsexportkontrolle fest. 2010 ging das Volumen der Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter um 5,7 Prozent zurück. Das geht aus dem Rüstungsexportbericht 2010 hervor, den das Bundeskabinett heute beschlossen hat.

Der Bericht weist für Rüstungsgüter Einzelausfuhrgenehmigungen im Gesamtwert von etwa 4,7 Milliarden Euro aus. Das sind 290 Millionen weniger als im Vorjahr. Der größte Teil der Exporte – 71 Prozent – ging an EU-, NATO- und ihnen gleichgestellte Länder.

Die Genehmigungswerte für Drittländer gingen 2010 um 44,5 Prozent deutlich auf 1,38 Milliarden Euro zurück.

Auf Entwicklungsländer entfielen dabei im Berichtsjahr Einzelgenehmigungen im Wert von 365 Millionen Euro und damit 43 Millionen Euro oder 10,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies entspricht einem Anteil von 7,7 Prozent des Gesamtwerts aller Einzelgenehmigungen. Im Jahr 2009 waren es noch 8,2 Prozent.

Strenge Exportkontrolle

Die Genehmigungsentscheidungen richten sich nach dem gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union für Waffenausfuhren vom Dezember 2008 und den politischen Grundsätzen der Bundesregierung zum Rüstungsexport vom Januar 2000.

Entscheidungen über Rüstungsexportvorhaben werden nach einer sorgfältigen Abwägung der jeweiligen außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente getroffen.

Die Bundesregierung legt jährlich einen Rüstungsexportbericht vor. Darin werden die erteilten Exportgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen aufgeschlüsselt.

Der Bericht der Bundesregierung über die Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter 2010 wird dem Deutschen Bundestag zugeleitet und anschließend als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.

Entnommen habe ich diese Mitteilung der Seite www.bundesregierung.de.

Liest man mit der uns unterstellten Naivität diese Zeilen, man dürfte sich fast freuen. Es gehen zwar immer noch viel zu viele Waffen aus diesem Land in andere Hände, aber – es werden deutlich weniger. Die Freude nimmt immer größere Ausmaße an, denn die Regierung erklärt uns, dass außenpolitische, sicherheits- und menschenrechtspolitische Argumente den Ausschlag geben bei der Lizenzierung. Außen- und Sicherheitspolitik – auch in meinem Empfinden sagt die Regierung die Wahrheit, nichts als die Wahrheit.

Menschenrechtspolitische Argumente werden ebenfalls berücksichtigt, tja… Dies scheint mir ebenfalls zu stimmen, je mehr ich darüber nachdenke. Da in diesem Text nicht präzise beschrieben ist, welche Menschen damit gemeint sind, auch nicht welche Rechte welcher Menschen, solange stimmt auch diese Aussage.

Jetzt zum Punkt, warum die Freude nicht sehr lange bei mir anhielt. Die Mitteilung wurde von den Kollegen des Spiegel aufgenommen. Sie schreiben über das Thema heute auf www.spiegel.de:

Berlin – Der Export von Kriegswaffen aus Deutschland hat im vergangenen Jahr deutlich um rund 60 Prozent zugenommen. Die Einnahmen der Rüstungsindustrie aus diesem Geschäft stiegen im Vergleich zum Vorjahr von 1,3 auf 2,1 Milliarden Euro. Das geht aus dem Rüstungsexportbericht hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch billigte.

Allerdings nahm auch die Ausfuhr von Kriegsgütern in Entwicklungsländer deutlich zu. Im Jahr 2010 wurden dem Ministerium zufolge einschlägige Güter im Wert von 108 Millionen Euro in solche Länder exportiert. Allein der Export nach Pakistan habe sich auf 65 Millionen Euro belaufen, der Irak kaufte demnach Kriegswaffen für 27,6 Millionen Euro. Im Jahr 2009 hatte der Gesamtwert der Kriegsgüterexporte in Entwicklungsländer noch bei 52 Millionen Euro gelegen.

Das Ministerium betonte, die Ausfuhrgenehmigungen seien nur nach „eingehender Prüfung im Einzelfall“ erteilt worden, damit die Waffen „nicht für Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden oder zur Verschärfung von Krisen beitragen“.

Gut, soviel aus dem Bericht des Spiegel. Die Regierung legt auch hier verschärften Wert darauf, dass eingehende Einzelfallprüfungen dazu führen, dass unsere Knarren nicht für Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden. Auch zur Verschärfung von Krisen dürfen sie nicht eingesetzt werden. Das wurde den Waffen ausdrücklich von der Genehmigungsbehörde verboten. Da sage einer, wir achten nicht auf einen absolut und ausschließlich Menschenrechtsfördernden und Krisen entschärfenden Einsatz dieser vormals für die Vernichtung von Menschen konzipierten technischen Gebrauchsgegenstände. Es ist einfach nicht zu glauben, was wir alles glauben sollen.

Zum Schluss trotzdem eine ausdrückliche Ehrenerklärung für diese Regierung: Man hat keine falschen Zahlen veröffentlicht, da bin ich mir ganz sicher.

Die genehmigten Exporte stimmen im Volumen auf Heller und Pfennig. Das Einzige, was es festzuhalten gilt: Man hat sich die Zahlen herausgepickt, welche die schönste noch zulässige Interpretation dieses schlimmen Geschäftes mit dem Tod zulassen. Zahlen, welche den tatsächlichen Umfang des Geschäfts mit diesem Teufelszeug abbilden, die waren und sind nicht für uns bestimmt. Deswegen suche ich diese Zahlen in der Presseerklärung dieser Regierung vergeblich. Am meisten schmerzt die Annahme, es würde uns nicht interessieren und wir sollten es eigentlich nicht wissen – zumindest glaubt sie es, diese Regierung.

In diesem Sinne…

© Peter Reuter

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