Freitag , 19 April 2024
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Oettingers Verhältnis zur Demokratie – Ein weiterer Sargnagel für die Moral

guenther_oettingerMal ehrlich, befürchtet haben wir es schon lange – aber womöglich nicht ernsthaft genug. Zumindest ich dachte bis zu diesem Tag, dass es bei unseren Politikern noch rudimentäre Hemmschwellenreste gibt, sofern das Volk sie (die Politiker) permanent und deutlich daran erinnert und sie (die Hemmschwellenreste) auszugraben versucht. Jedoch wurde meine Meinung erst durch das BVerfG-Urteil zu den Griechenlandhilfen in den Staub getreten, um nun ausgerechnet von unserem Sprachgenie Oettinger mit immens zerstörerischem Energieaufwand niedergeknüppelt zu werden

Die EU-Staaten sollen weniger wählerisch im Umgang mit Rohstofflieferanten sein“, wird der EU-Kommissar in Zeit-Online zitiert. Seine Vorstellung der Pläne für eine gemeinsame Energieaußenpolitik Europas konkretisiert er aber noch. „Wenn wir nur Demokratie und Marktwirtschaft zur Bedingung machen, können wir alle unser Auto verschrotten.“ Und es geht noch weiter: „Die Lage in den meisten Lieferländern für Rohstoffe und Energie entspricht nicht unserer Kultur von Rechtsstaat oder Vertragsfreiheit. Insbesondere China ist ein wichtiger Rohstofflieferant für die EU: Ich brauche nicht mehr zu sagen.“

Nein, wirklich nicht. Es ist alles gesagt aus dem Munde eines Mitbürgers, der von einem der aus den Lehren der Geschichte bestgestrickten Grundgesetze profitierte und in dessen Land noch weitestgehend Demokratie herrscht, zumindest gemessen an der Mehrheit der weiteren europäischen Mitgliedsstaaten. Allein die Tatsache, dass wir öffentlich den Zustand unserer Demokratie kritisieren dürfen, ohne sofort im übertragenen oder direkten Sinne mundtot gemacht und des Jobs beraubt zu werden, hat zunehmend Seltenheitswert, da denke ich nicht nur an Ungarn!

Doch was machen wir? Wir bescheinigen den Chinesen ohne Not „Fortschritte bei den Menschenrechten“, nachdem Ai Weiwei lediglich in sein Haus umhaftiert wurde, mundtot bleibt er trotzdem. Hier wären deutliche Worte von rückgratbesitzenden Menschen von Nöten gewesen. Ein starker Verhandlungspartner macht durchaus Eindruck und wird langfristig eher respektiert. Und was ist mit den Gräueltaten in Libyen, begangen durch ein Regime, das jahrelang nicht nur mit Worten unterstützt und vielleicht dadurch überhaupt dazu befähigt wurde? Dies nur als Beispiel, die Liste der menschenverachtenden Ungeheuerlichkeiten, die aus wirtschaftlichen Interessen geschehen und mehr oder doch weniger erfolgreich vor Öffentlichkeit und Opposition verschwiegen werden sollten, ist jetzt schon mit Bestimmtheit wesentlich länger, als wir es erahnen können. Neu ist, dass sich ein Individuum in der Maske des Demokraten und zivilisierten Menschen erfrecht, dieses ganz offen legitimieren zu wollen. Wir befinden uns ab jetzt auf der Zielgeraden, erst das Recht auf Meinungsfreiheit, ja, und dann auch auf Leben an sich, dürfte bald auch bei uns durch solche „Führungskräfte“ ernsthaft gefährdet sein, wenn es den Interessen dient.

Wir werden offensichtlich von einer Politikergeneration manipuliert, die nichts aus der Geschichte lernen will. Deren Beteuerungen für Menschenrechte und Gesetzestreue nur mediengerecht aufbereitete Worthülsen als Mittel zur eigenen Bereicherung sind und der völlig egal ist, wie und ob selbst die eigenen Kinder oder Enkel, denen sie zumindest zu den anberaumten Presseterminen so antrainiert liebevoll als möglich in die Augen blicken, auf diesem Planeten überleben können.

Und wieder müssen wir uns an die eigene Nase fassen! Gut, wir haben sie vielleicht nicht gewählt und wir haben bereits kritisiert. Aber wie oft halten wir im eigenen Umfeld schon den Mund, weil das Gegenüber ein angesehenes Mitglied in der Gemeinde ist, weil man die nachbarliche Harmonie nicht stören möchte – oder aus reiner Bequemlichkeit? Erst, wenn wir zu uns selbst ehrlich sind, können wir wirklich etwas ändern. Zeit wird es allemal!

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