Freitag , 29 März 2024
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Der Krieg, seine Ziele, der Herr Köhler und (s)ein Rücktritt

horst_koehler_afghanistanUm es gleich und deutlich zu sagen, meist habe ich den Herrn Köhler geschätzt. Er ist ein fleißiger und intelligenter Mann, auch als uneitel mag ich ihn bezeichnen. Zur Erinnerung, weil unsere Zeit so unglaublich rasant vorwärts eilt: Dieser Köhler, welchen ich meine, er war damals unser Bundespräsident. Ebenfalls zur Erinnerung, Knall auf Fall ist er zurückgetreten, teilte uns dies mit – und weg war er. Horst Köhler hatte zuvor als Bundespräsident in Afghanistan ein Interview zur Rolle der Bundeswehr gegeben, wie er diese sah und einschätzte. In diesem Gespräch waren folgende Äußerungen zu vernehmen:

„Und aus meiner Einschätzung ist es wirklich so: Wir kämpfen dort auch für unsere Sicherheit in Deutschland, wir kämpfen dort im Bündnis mit Alliierten auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen. Alles das heißt, wir haben Verantwortung. Ich finde es in Ordnung, wenn in Deutschland darüber immer wieder auch skeptisch mit Fragezeichen diskutiert wird. Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“

Das hatte ich damals hören und lesen müssen – und es verblüffte und irritierte mich deutlich. Es war aber kein Privileg von mir, auch vielen anderen Menschen erging es wohl ebenso.

Ich schrieb darüber, über meine Irritation und mein Unvermögen, diese Aussage als konform zu unserem Grundgesetz zu betrachten. Um keinem Irrtum aufzusitzen, mich nicht durch falsche Zitate oder wegen der falschen Wiedergabe des Gesprächs in die Nesseln zu setzen, deswegen besorgte ich mir den Originaltext des Interviews. Herr Bundespräsident Köhler hatte es wirklich so formuliert und ausgesprochen, kein Irrtum, kein Fehler. Der Vergleich machte deutlich, sein Originalton – leider.

Nun gut, Herr Köhler trat den Rückzug an, Herr Wulff übernahm den Staffelstab und die Zeit fuhr einfach weiter. Sie ließ den jetzigen Präsidenten an Bord, nur noch Herrn Köhler ließ sie stehen, weit hinter uns.

Jetzt ist der Horst Köhler wieder das – jawohl, er ist wieder da. Seine Zeit kam in und mit Hilfe der „Zeit“, und wieder ist es ein Interview. Daraus mag ich wie folgt zitieren:

„Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äußerungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt.“ Es sei die Rede gewesen von „der Befürwortung von Wirtschaftskriegen“ und „möglichem Verfassungsbruch“.

Köhler hatte am 31. Mai des vergangenen Jahres seinen Rücktritt bekannt gegeben. Vorausgegangen war ein Interview mit dem Deutschlandfunk, in dem der damalige Bundespräsident so verstanden worden war, dass zu den künftigen Aufgaben der Bundeswehr auch die Sicherung von internationalen Handelswegen mit militärischen Mitteln gehöre. Daraufhin sah sich Köhler heftiger Kritik ausgesetzt. Daraufhin zog er sich „mit sofortiger Wirkung“ zurück.

Man habe sich damals fragen müssen, sagte Köhler nun, ob man dem Bundespräsidenten angesichts der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts Schlimmeres vorwerfen könne. „Meine Äußerungen wurden im Vorfeld der Diskussion um die Verlängerung des Afghanistanmandats der Bundeswehr bewusst missverstanden und für parteipolitische – auch innerparteiliche – Ziele instrumentalisiert“, sagte er weiter. Mit seinem Rücktritt zog Köhler die Konsequenzen aus der Kritik an seiner Amtsführung: „Es ging mir um Respekt und Wahrhaftigkeit in der politischen Kultur unseres Landes.“

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber meine Irritation wächst und wächst nach diesem Interview in immer größere Dimensionen. Als Satiriker und Kabarettist zähle ich mehr zu den groben Keilen, ich weiß. Trotzdem, unterstellen Sie bitte nicht, ich könne nicht lesen oder noch schlimmer, ich könne nicht oder nicht mehr zwischen den Zeilen lesen.

Der Horst sagt uns, die wir ihn gelesen haben, dass wir ihn falsch verstanden hatten – damals, wahrscheinlich auch heute. Das stimmt nicht, verehrter Herr Köhler, ich habe sie ganz genau verstanden. Sie haben gesagt, dass die Gesellschaft akzeptieren muss, dass zur Durchsetzung unserer Interessen, auch der wirtschaftlichen, ein militärischer Einsatz gerechtfertigt sein kann. Ich habe kapiert. Das nennt man dann Friedensmission und verteidigt dann unsere Sicherheit in Afghanistan oder irgendwo – und ein paar Opfer bleiben da halt dann leider auch nicht aus.

Wenn man weiter richtig versteht, dann grämen sie den Menschen, welche sie verstanden haben. Habe ich das so richtig verstanden?

Sie schreiben vom bewussten Missverstehen, vom Instrumentalisieren für die Parteipolitik. Unsere Meinungen zu ihren Aussagen waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt. Das Amt hat Schaden genommen.

Wenn ich diese ihre Aussage richtig verstehe, so sind und waren sie außerhalb jeglicher Kritik. Wenn man sie nicht versteht, dann schadet man dem Amt, welches immer im Recht ist, stets Recht hat. Gratulieren darf man aus ganzem Herzen, der Bundesminister der Verteidigung rüstet gerade seinen Bereich um. Die von ihnen definierten Schwerpunkte bilden den Rahmen für den Umbau der Armee. Auch das mit den Opfern ist eingetreten, mittlerweile so oft und so viele arme Menschen, mit und auch ohne Uniform – wir gewöhnten uns längst daran. Passt also alles, voll in der Spur.

Sie schütteln sicherlich den Kopf über all das, was ich denke und was ich schreibe. Ihre und meine Ansichten, das passt halt nicht, ist nicht deckungsgleich. Deswegen, sehr geehrter Herr Köhler, deswegen bin ich ganz froh, dass sie nicht mehr mein Bundespräsident sind.

Jetzt wünsche ich einen frohen und ausgefüllten Ruhestand, genießen sie es einfach…

© Peter Reuter

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