Samstag , 20 April 2024
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Zur Verteidigung der Wissenschaft in Deutschland – eine Streitschrift

alles_doktorenLange Jahre war ich auf Bundesebene mitverantwortlich für die Wissenschaftspolitik in Deutschland. Als Abgeordneter der Deutschen Bundestages im Forschungsausschuss, als stellvertretender forschungspolitischer Sprecher und als Parlamentarischer Staatssekretär. Es ist an der Zeit, sich schützend vor die gute Wissenschaft in Deutschland zu stellen. Denn offensichtlich sind die derzeitige Forschungsministerin und auch die Kanzlerin dazu nicht bereit. Der Verbleib eines Betrügers im Amt eines Bundesministers schadet dem Wissenschaftsstandort Deutschland auf fundamentale Weise.

Solange die Kanzlerin einen Minister, der die Wissenschaft auf betrügerische Weise geschädigt und sich seinen Doktortitel durch Betrug erschleichen wollte, im Amt lässt, solange ist jedes Reden der Kanzlerin, Bildung und Wissenschaft seien der wichtigste Rohstoff für die Volkswirtschaft und entscheidender Standortfaktor nichts als leeres Gerede. Denn hier geht es nicht um eine Bagatelle. Nicht derjenige, der den Betrug kritisiert, kriminalisiert das Verhalten des Ministers, sondern derjenige verhält sich schädlich, der durch Betrug versucht, sich akademische Titel zu erschleichen.

Was macht die Bundesforschungsministerin? Sie schweigt. Und sie vergeht sich damit an der guten Wissenschaft in Deutschland. Was macht die Kanzlerin? Sie schweigt und lässt den Minister im Amt – ein Schlag gegen alle, die sich um gute Bildung und Wissenschaft in Deutschland bemühen. Ein Schlag ins Gesicht all derer, die durch ausgezeichnete Forschung und akkurate wissenschaftliche Leistungen den Wohlstand in unserem Industrieland sichern. Denn, wenn der Betrüger im Amt bleibt, ist dem Betrug in Wissenschaft und Forschung Tor und Tür geöffnet. Dann ist künftig alles egal. Dann darf kopiert, abgeschrieben, betrogen werden, ohne dass es Folgen hätte. Das darf nicht passieren!

Unser Industrieland braucht eine exzellente und nach strengen Kriterien arbeitende Wissenschaft, wie der Mensch die Luft zum Atmen. Ich war etliche Zeit Senator der Fraunhofer-Gesellschaft. Deshalb weiß ich, wie zentral wichtig die Qualitätssicherung in der Forschung ist. Der globale Wettbewerb ist mittlerweile so hart geworden, dass nur noch höchste Qualität in der Lage ist, den Wettbewerb zu bestehen. Raubkopien, Plagiate, billige Nachahmung der internationalen Mitbewerber machen dem Wirtschaftsstandort Deutschland schwer zu schaffen. Es gibt nur einen Weg, diesen Wettbewerb zu bestehen: höchste Qualität in Wissenschaft und Forschung.

Deshalb ist es richtig, wenn die Lehrer, Hochschullehrer und Professoren bei ihren Schülern und Studenten von der Schule an streng auf exaktes, strengen wissenschaftlichen Kriterien genügendes Arbeiten achten. Deshalb ist es richtig, wenn schon von der Schule an die kleinsten Versuche, durch Betrug oder Abschreiben zu „Ergebnissen“ zu kommen, streng bestraft werden. Denn es geht um den Wirtschaftsstandort (!) Deutschland. Nur exaktes, strengen Kriterien genügendes wissenschaftliches Arbeiten ist in der Lage, den globalen Wettbewerb zu bestehen. Das muss in allen Bereichen gelten: in der Schule, in der Fachhochschule, an der Universität, in der Forschung.

Wenn die Kanzlerin und ihre schweigende Forschungsministerin nun einen Minister im Amt lässt, der sich offensichtlich durch Fälschung und Betrug den akademischen Grad eines Doktors der Wissenschaften zu erschleichen versucht hat – dann ist künftig alles Kopieren, Abschreiben, Betrügen und Mogeln eine Bagatelle, dann kommt es künftig „nicht mehr so drauf an“.

Die Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in Deutschland ist gut. Und die deutschen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben international einen guten Ruf. Einigen Universitäten gelingt es mittlerweile sogar, international im Wettbewerb mit den besten Universitäten der Welt zu konkurrieren. Das ist aber nur möglich, wenn auf höchste Standards geachtet wird.

Die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Gemeinschaft der Helmoltz-Zentren, die Institute der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, die Universitäten und Fachhochschulen – sie alle brauchen exaktes wissenschaftliches Arbeiten als entscheidendes Kriterium, um im internationalen Wettbewerb überhaupt bestehen zu können. Wer schummelt, abschreibt, kopiert und sich Ergebnisse zu erschleichen versucht, wird nicht bestehen können gegen Yale und Oxford, gegen Oulu in Finnland und die starken Hochschulen in der Schweiz.

Deshalb geht es um keine Bagatelle. Die Entwicklung des MP3-Standards durch ein Institut der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft ermöglicht einen Jahresumsatz von mehreren Milliarden Euro. Es ist die Entwicklung eines Professors mit seinem Team. Man kann an diesem Beispiel sehen, wie zentral wichtig gute Wissenschaft für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Wissenschaft und Forschung leisten einen entscheiden Beitrag zu unserem Wohlstand.

Deshalb ist Wissenschaft keine Bagatelle!

Die Kanzlerin ist aufgerufen, einen nachweislichen Betrüger aus höchsten politischen Ämtern zu entfernen. Denn er hat versucht, sich akademische Lorbeeren durch Betrug anzueignen. Es genügt nicht, wenn der Titel aberkannt ist. Denn solange er im Amt bleibt, ist sein betrügerisches Verhalten weiter legitimiert.

Die Bundesforschungsministerin ist aufgerufen, sich entschieden, klar und unmissverständlich vor die gute Wissenschaft in Deutschland zu stellen. Wenn sie weiter schweigt, schädigt sie den Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland auf unverantwortliche Weise.

Ein Beitrag von Ulrich Kasparick.

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