Dienstag , 23 April 2024
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Die sonderbare Politik des Weltsicherheitsrates

UN-SicherheitsratDie Menschen unserer Welt formen eine internationale Gemeinschaft. Als bedeutendstes Instrument zur Förderung von Frieden und Harmonie gelten die Vereinten Nationen. Während Resolutionen der Vollversammlung über keinen Rechtsstatus verfügen, sind die Entscheidungen des Sicherheitsrates verbindlich. Von den 15 Staaten, die diesem Sicherheitsrat angehören, verfügen fünf über ein Vetorecht. Das bedeutet, dass jedes dieser fünf ständigen Mitglieder alleine die Entscheidungen aller anderen Mitgliedsstaaten neutralisieren kann. Während sich die gesamte Welt für ein Ende der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten ausspricht, wurde ein Beschluss des Weltsicherheitsrates wieder einmal von den USA blockiert.

Beim Westjordanland handelt es sich mit 5.882 km² um das größte der von Israel seit 1967 besetzten Gebiete. Neben rund zwei Millionen Palästinensern, leben dort etwa 500.000 israelische Siedler. Das Ansiedeln der eigenen Zivilbevölkerung in besetzten Kriegsgebieten widerspricht dem Genfer Abkommen IV vom 12. August 1949. Trotz jahrzehntelanger internationaler Proteste finden sich in der israelischen Politik keinerlei Anzeichen, auf eine Ausweitung dieser Siedlungen zu verzichten.

Von den palästinensischen Autoritäten sowie einigen arabischen Staaten wurde eine Resolution zur Unterbindung der weiteren Besiedelung autonomer palästinensischer Gebiete durch die jüdisch-israelische Zivilbevölkerung beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beantragt. Wie von mehreren Zeitungen berichtet wurde, bemühte sich der amerikanische Präsident Barack Obama noch am Donnerstag, den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, in einem 50 Minuten dauernden Telefongespräch, zu einem Rückzug des Antrages zu bewegen. Dieser unterließ es jedoch, dem Drängen Obamas zu folgen. Dementsprechend kam es am Freitag zur Abstimmung.

Die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sind Frankreich, Großbritannien, Russland, die USA und China. Von den nichtständigen Mitgliedstaaten gehören zum gegebenen Zeitpunkt folgende Staaten dem Weltsicherheitsrat an: Deutschland, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Gabun, Indien, Kolumbien, Libanon, Nigeria, Portugal und Südafrika.

Nicht weniger als 14 Staaten, zu denen auch Deutschland zählt, haben für eine Annahme des Antrages gestimmt. Die Repräsentanten dieser 14 Staaten sprachen sich dafür aus, dem Niederwalzen palästinensischer Behausungen mittels israelischer Bulldozer ein Ende zu setzen.

Ein Abstimmungsergebnis von 14 zu 1 sollte eigentlich überzeugen. Es überzeugt die Palästinenser, dass sie weltweit enorme Unterstützung finden. Es beweist der israelischen Führung, dass ihr Vorgehen auf wenig Verständnis stößt. Es demonstriert der Welt, wer hier im Recht und wer im Unrecht ist.

Allerdings, den Bestimmungen der Vereinten Nationen entsprechend, verfügt jeder der fünf ständigen Mitgliedsstaaten über ein Vetorecht. Wird das Recht in Anspruch genommen, genügt diese einzige Stimme, um die Forderung der 14 anderen Staaten auszulöschen.

Die USA haben ihr Vetorecht ausgeübt und die Entscheidung der anderen 14 Mitgliedsstaaten dadurch für null und nichtig erklärt. Natürlich hätte auch China das gleiche tun können. Würde sich die internationale Gemeinschaft dafür aussprechen, dass Tibet seine ehemalige Unabhängigkeit wieder erlangt, könnte China, nach den Spielregeln der Vereinten Nationen, rechtskräftig dagegen protestieren. Auch Russland, Frankreich und Israels ursprüngliche Schutzmacht Großbritannien hätten, jeder für sich alleine, eine entsprechende Resolution unterbinden können. Sie haben es aber nicht getan. Einzig und allein die Vereinigten Staaten unterstützen das weitere Verdrängen der palästinensischen Bevölkerung aus ihren eigenen Gebieten. Und mit welcher Begründung?

Da gibt es die Äußerung von US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton, dass die Besiedelung der palästinensischen Gebiete durch die Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht Israel nicht „illegal“ (illegal), sondern „rechtswidrig“ (illegitimate) sei. Immerhin gestand sie dadurch ein, dass die israelische Vorgangsweise nicht korrekt ist. Sie als „illegal“ zu erklären, dafür wäre eine Akzeptanz des Antrages beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen von Nöten gewesen. Und das wusste die amerikanische Regierung durch die Inanspruchnahme ihres Vetorechts zu verhindern. Und getan wurde es, weil sich eine diesbezügliche UN-Resolution, also ein Unterbinden der weiteren rechtswidrigen Besiedelung palästinensischer Gebiete, negativ auf den dortigen Friedensprozess ausgewirkt hätte. So lautet die offizielle Stellungsnahme.

Um in der Region zu einer dauerhaften friedlichen Lösung zu gelangen, ist nicht nur die Gründung eines offiziell anerkannten Staates Palästina hinderlich (mehr als 100 Länder der Erde erkennen einen solchen bereits an), auch der Verzicht auf neue Siedlungen, das weitere Vertreiben palästinensischer Familien aus ihren Häusern, würde diesem Ziel entgegen wirken. An welche Art von Frieden wird hier gedacht?

Und was denkt sich die politische Führung der Vereinigten Staaten, sich derart provokant gegen die Entscheidung der internationalen Gemeinschaft zu stellen? Wenn 14 stimmberechtigte Staaten im Weltsicherheitsrat die Interessen des Restes der Welt unterstützen, welcher Überheblichkeit bedarf es, sich offen dagegen zu stellen?

Natürlich gibt es gerade in diesem Zusammenhang Gründe, die eine tiefere Analyse der Motive Amerikas, etwaige Einflüsse von außen, die mögliche Präsenz einer gewissen Lobby innerhalb der Vereinigten Staaten, nicht zulassen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, von Vorurteilen befallen zu sein. Demzufolge verhält sich die Weltöffentlichkeit, diesen jüngsten Skandal betreffend, gewohnt zurückhaltend. Allerdings, die palästinensische Führung hat den kommenden Freitag zum „Tag des Zornes“ erklärt. Insbesondere in der arabischen Welt werden für diesen Tag bereits jetzt massive Kundgebungen vorbereitet. Und der Rest der Welt sollte den Vorfall zumindest zum Anlass nehmen, wieder einmal darüber nachzudenken, wer es verdient, durch Vertrauen belohnt zu werden. Was passiert üblicherweise mit Einzelnen, die sich gegen die Interessen der Allgemeinheit stellen? Man wird sich in Zukunft hüten, sie in gemeinsame Projekte mit einzubeziehen.

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