Donnerstag , 28 März 2024
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Verschwörungstheorie – Der Schlüssel zum Entkräften systemkritischer Argumente

bernanke_bilderbergerVielleicht haben Sie selbst schon einmal versucht, jemandem zu erklären, wie die Schöpfung von Geld vonstatten geht oder auch, dass es regelmäßig, von den Medien unbeachtete, Treffen einflussreicher Persönlichkeiten gibt. Doch, obwohl alle diesbezüglichen Details in Enzyklopädien nachzulesen sind, wurde Ihnen plötzlich an den Kopf geworfen, dass Sie ein Anhänger von Verschwörungstheorien seien. Seit einigen Jahren taucht dieses Schlagwort immer häufiger auf und zwar gleichermaßen im Zusammenhang mit kritischer Analyse politischer Ereignisse als auch blankem Unsinn. Während die Ablehnung wirrer Spekulationen durchaus willkommen erscheint, gleiten bedeutende Themen jedoch gleichzeitig in den Bereich von Tabus.

Einen Menschen als Verschwörungstheoretiker zu bezeichnen, fällt im weiteren Sinne in den Bereich des sogenannten „Argumentum ad hominem“. Ein solches richtet sich nicht gegen die Aussage, sondern gegen die Person. Wird die Kompetenz oder Zurechnungsfähigkeit des Verfechters einer bestimmten These angezweifelt, stellt dies gleichzeitig die These in Frage, auch wenn sich diese durchaus verteidigen ließe. Versuchen Sie einer Gruppe überzeugter Konformisten Fakten näher zu bringen und von einem der Anwesenden wird ausgesprochen, dass es sich dabei um eine Verschwörungstheorie handle, führt dies in den meisten Fällen zu einem spontanen Ende jeglicher konstruktiver Diskussion. Wollen Sie ihren „guten Ruf“ nicht aufs Spiel setzen, so unterlassen Sie derartige Themen grundsätzlich.

Übrigens, bei solcherart von Tabus handelt es keineswegs um eine neue Erfindung. Lediglich die Thematik hat sich geändert. Wer vor hundert Jahren zu erklären versuchte, dass es historisch nicht belegbar sei, dass Jesus Christus, so wie in den Evangelien beschrieben, jemals gelebt hätte, wäre – marxistische Kreise wohl ausgenommen – mit ähnlicher Ablehnung gestraft worden.

Wie wird der Begriff „Verschwörung“ bei Wikipedia erklärt?

Eine Verschwörung (Lehnübersetzung von lat. coniuratio; auch: Konspiration) ist eine heimliche Verbündung mit dem Zweck, einen Plan auszuführen, der ein selbstsüchtiges, verwerfliches Ziel verfolgt und dessen Umsetzung zum Schaden anderer geschieht oder der die Beseitigung tatsächlicher oder vermeintlicher Missstände anstrebt. Eine Verschwörung beruht also nicht immer auf niederen Motiven, sie basiert jedoch stets auf Täuschung.

Dieser weit offenen Erklärung zufolge, „zum Schaden anderer … oder (zur) Beseitigung tatsächlicher oder vermeintlicher Missstände“, bedeutet, dass die Geschichte ebenso wie die Gegenwart von einer Unzahl von Verschwörungen geprägt wurde und wird. Das Komplott gegen Julius Cäsar fällt unter diese Erklärung ebenso wie die Französische Revolution, die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung oder die Teilung Europas, die im Februar 1945 in Jalta besiegelt wurde.

Was sagt man zu folgender Theorie: Eine Gruppe islamischer Fundamentalisten, deren Anführer sich in einer Höhle versteckt hält, beschließt, die westliche Welt durch Terroranschläge zu Fall zu bringen. Das Netzwerk erstreckt sich über den halben Erdball. Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen, gelingt es Terroristen vier Maschinen simultan in ihre Gewalt zu bringen. Als Waffen dienen Teppichmesser. Trotz ansonsten erstklassiger Luftraumüberwachung, fliegen diese Maschinen ungehindert ihre Ziele an. Neben den Zwillingstürmen in New York, stürzt auch das „Gebäude Nr. 7“ des World Trade Centers ein. Die Bilder erinnern an einen kontrollierten Abbruch. Trotz einer Unzahl von Videokameras rund um das Pentagon, gibt es nicht eine einzige Aufnahme eines Flugzeuges, das in das Gebäude stürzt, was aber nichts an der Behauptung ändert. (Dieses Video zeigt zwar ein längliches Objekt, das sich direkt vor der Explosion nähert, doch lässt sich dieses keineswegs als Flugzeug identifizieren.) Diese Theorie einer Verschwörung islamischer Fundamentalisten ist zwar voller Ungereimtheiten, mit denen sich Bände füllen lassen, doch wer wird in diesem Zusammenhang als Verschwörungstheoretiker bezeichnet?

Lee Harvey Oswald war zumindest nicht der alleinige Mörder von Kennedy. Verschwörungstheorie? Sogenanntes Buchgeld wird nicht von Zentral-, sondern von Geschäftsbanken in Umlauf gesetzt. Verschwörungstheorie? Seit 1954 finden sich alljährlich mehr als hundert höchst einflussreiche Menschen bei der Bilderberger-Konferenz ein. Obwohl es sich dabei um eine belegbare Tatsache handelt, bleibt das Aufgreifen dieses Themas in manchen Kreisen ein Tabu. Die Liste vermeintlicher Verschwörungstheorien ließe sich noch lange fortsetzen.

Und was fällt noch unter diesen Begriff? Geschichten, dass im Erdinneren Menschen leben, die noch dazu nur halb so schnell altern; Zusammenarbeit der US-Regierung mit Außerirdischen; Geheime UFO-Basen auf dem Mond; Gedankenbeeinflussung mittels elektromagnetischer Wellen durch Geheimdienste – und auch hier ließe sich noch eine Menge hinzufügen.

Wie lässt sich erklären, dass belegbare Fakten, die lediglich außergewöhnlich erscheinen, und hochspekulative Behauptungen bis hin zu blankem Unsinn unter den gleichen Begriff fallen? Unter dem Stichwort Verschwörungstheorie findet sich bei Wikipedia ein ausführlicher Artikel. Einen Satz bezüglich der Charakteristiken möchte ich hier anführen:

Vertreter von Verschwörungstheorien weigern sich – anders als Wissenschaftler, die Modelle vertreten –, ihre Hypothesen zu explizieren und überprüfbare Bedingungen zu nennen, bei deren Nachweis sie ihre Hypothesen für widerlegt betrachten.

Wir wissen um alle möglichen Hirngespinste, die aufgrund ihrer Absurdität von Haus aus nicht widerlegbar sind. Gerade deswegen erscheint es besonders schockierend, wenn verbreitete und durchaus berechtigte Zweifel an offiziellen Darstellungen, wie etwa im Zusammenhang mit den Ereignissen von 11. September 2001, mit wirklich abzulehnenden Verschwörungstheorien in den selben Hut geworfen werden. Wenn ein ehemaliger deutscher Minister, ich spreche von Andreas von Bülow, das Ergebnis seiner eigenen Recherchen in Buchform veröffentlicht, dann sollte seine Arbeit seriöse Diskussionen nach sich ziehen, anstatt ihn in die Reihe der Verschwörungstheoretiker abzuschieben. Wenn eine Gruppe von Historikern behauptet, Kaiser Nero hätte im Jahr 64 Rom in Brand gesteckt und eine andere Gruppe findet Argumente, die dem widersprechen, so stehen sich einfach zwei Thesen gegenüber. Bei Ereignissen der jüngeren Geschichte jedoch wird jede Opposition gegen eine These, die von offizieller Seite und/oder von der Mehrzahl der etablierten Medien vertreten wird, im weitesten Sinne als „Spinnerei“ abgetan.

Natürlich gibt es eine Erklärung dafür, warum dem so ist: Sowohl die Regierungen der westlichen Staaten als auch die Medien genießen breites Vertrauen. Wir gehen davon aus, dass auf demokratischem Wege eingesetzte politische Vertreter sich um das Wohlergehen des Volkes bemühen. Als Kontrollinstanz dienen, neben der Gerichtsbarkeit, die Medien, deren erstes Ziel – so wird angenommen – die objektive Information ihrer Leser/Zuseher sein sollte. Zwar nicht in allen, doch zumindest in wesentlichen, Punkten zeigt sich dabei eine beständige Harmonie. (Dies soll nicht bedeuten, dass Politiker nicht ausreichend kritisiert werden. Die zitierte Harmonie bezieht sich auf die Mehrzahl der wesentlichen Entscheidungen.) Gehen wir von der Möglichkeit aus, dass eine von der Regierung eingesetzte Kommission ein nicht der Wahrheit entsprechendes Ergebnis liefert, dieses von den Medien jedoch nicht angezweifelt wird, so würde die Übereinstimmung der übermittelten Informationen bedeuten, dass sowohl die Regierungskommission als auch die Medien unter dem Einfluss einer dritten Gruppe stünden. Und genau dabei würde es sich schließlich um eine Verschwörung handeln.

Die Annahme, dass bestimmte wirtschaftliche Mächte ihren Einfluss sowohl gegenüber der Politik als auch der medialen Berichterstattung geltend machen, wirkt auf den ersten Blick gewiss schockierend. Bei näherer Betrachtung zeigt sich ein logischer Zusammenhang und es würde zu mehr Verwunderung führen, wenn eine derartige Konstellation nicht gegeben wäre. Über den Einfluss des Banken- und Konzernwesens auf die Politik hat TheIntelligence schon einmal ausführlich berichtet. Von den Besitzverhältnissen abgesehen, hängen auch Medien vom Kapitalfluss ab, der zu einem wesentlichen Teil durch Werbung für übernationale Konzerne aufrechterhalten wird. Unter diesem Aspekt handelt es sich also keineswegs um eine Verschwörung, wenn einflussreiche Kreise sich der Politik ebenso wie der Medien bedienen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Die Möglichkeiten sind gegeben und es wäre absurd, diese nicht in Anspruch zu nehmen. Zu jeder Epoche und überall auf der Welt gab es Menschen, die über mehr Macht und Einfluss verfügten als die Massen. Zu glauben, dass sich seit der Entmachtung des Kaisers daran etwas geändert haben könnte, wäre schlichtweg naiv. Als, zu Zeiten der Feudalherrschaft, der europäische Hochadel seine eigene Existenz als erstes Ziel verfolgte, ließe sich theoretisch von einer „aristokratischen Verschwörung“ sprechen. Gleichzeitig „verschworen“ sich aber auch die sogenannten Zünfte, um ihr Geschäft gegen Außenseiter abzusichern. Und wenn wir es absurd finden, den Begriff der Verschwörung in diesem Zusammenhang zu verwenden, so brauchen wir auch die führenden Bankiers der modernen Welt nicht einer solchen zu bezichtigen. Sie verfolgen einfach ihre persönlichen Ziele unter Zuhilfenahme aller legalen Mittel – was möglichen Einfluss auf die Gestaltung von Gesetzen einschließt.

Uns vom Volk hat das natürlich alles nicht zu interessieren, denn schließlich können wir es ja auch nicht ändern. Es mag sogar gewissen Komfort mit sich bringen, das Denken den Experten zu überlassen. Und wenn es der Fall ist, dass auch unter diesen keine Einigkeit besteht, wie etwa in der Diskussion bezüglich der globalen Erwärmung, so können wir unsere Meinung ganz einfach jener Gruppe anpassen, der von den Medien der Vorzug eingeräumt wird. So schützen wir uns davor, als Verschwörungstheoretiker bezeichnet zu werden.

In Ländern mit totalitären Regierungen standen und stehen andere Begriffe für Systemkritiker zur Verfügung. Dem chinesischen Dissidenten und gleichzeitig Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, der zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, warfen die Gerichte nicht das Verbreiten von Verschwörungstheorien vor, sondern „Untergrabung der Staatsgewalt“. Derart harte Maßnahmen zur Systemerhaltung sind dann von Nöten, wenn sich ein bestimmter Anteil der Bevölkerung von systemkritischen Thesen mitreißen ließe. Solange Vertreter solcher Thesen von der überwiegenden Mehrheit des Volkes milde belächelt werden, bedarf es keiner Gesetze, die derartige Kritik verbieten. Dementsprechend ist die gegebene Situation – das schlichte Verwerfen kritischer Konzepte als billige Verschwörungstheorie – durchaus zu begrüßen. Immerhin ist eine breite Palette von Informationen allgemein zugänglich. Ob Kritik Sinn ergibt oder ob es sich bloß um wirre Spekulationen handelt, darüber darf sich der Leser immer noch selbst sein Urteil bilden. 

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