Noch dunkel erinnert man sich an die Zeit vor der politischen Sommerpause. Selbst die Fußball-Weltmeisterschaft konnte nicht komplett verhindern, dass das Volk immer ärgerlicher wurde, ob der herrschenden Nicht-Herrscher. Es gingen bereits Gerüchte um, das in Deutschland so oft und gerne verwendete Wort „Nachbarschaftsstreit“ ein wenig abzukürzen und fortan, politisch korrekt, durch „Koalition“ zu ersetzen. Und was passiert dann? Die Sommerferien schlagen zu. Beim Boxen wäre die eingesetzte Terminologie wohl: Der Pausen-Gong hat beide Parteien gerettet.
Zwar wurde auch während der unverdienten Freizeit ein bisschen hin und her gefrotzelt, aber das Mütchen im Volk hat sich doch ordentlich abgekühlt. Doch nach jeder Pause kommt, nicht nur beim Boxen, unweigerlich die nächste Runde und man durfte gespannt sein, wie der Bruderkampf weitergeht. Aus rein Suchmaschinen-taktischen Gründen taucht an dieser Stelle des Textes jetzt auch noch das Wort Klitschko auf. Somit besteht zumindest die wage Chance, dass auch Boxsportinteressierte auf diesen Artikel stoßen. Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Wer erwartet hat, dass die Kombattanten, Pardon: Koalitionäre, sich weiterhin munter gegenseitig in die Pfanne hauen, wie man es früher nur von der Opposition gewohnt war, wurde allerdings herb enttäuscht. Offenbar gab es in den vorangegangenen Wochen geheime Friedensverhandlungen oder es liegt daran, dass drei Kürzel durch das Land geistern, die, wenn auch nur indirekt, von den Zwistigkeiten ablenken: S21 – AKW – HRE.
S21 – Die Stuttgarter „Wir sind das Volk“ Bewegung, die auf kommunaler Ebene begann, dann zu einem regionalen Thema wurde und seit geraumer Zeit sogar Nordlichter zu Aktivisten werden lässt, die sich auf ihren Twitter-Avatar das Logo der Steuerverschwendungs-Gegner implantieren. Und auch in Berlin ist das, etwas aus dem Ruder gelaufene, Milliardenprojekt mittlerweile angekommen.
AKW – Der Atomdeal, den die Regierung einvernehmlich und zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten abgeschlossen hat, mit Laufzeitverlängerung und allem was dazugehört. Ein bisschen Steuern in die Staatskasse und Mega-Profite für die Betreiber. Und als würde das nicht reichen, wurde gleich noch der Bremshebel abgebrochen, damit bloß niemand auf die uncharmante Idee kommt, dieses Trauerspiel nach dem politischen Ableben der Verantwortlichen zu beenden. Genauso stellt man sich eine Lobbykratie vor.
HRE – Die aus heiterem Himmel zum zweiten Mal kurz vor der Pleite stehende – kann man das eigentlich noch so nennen – Bank, die mit der Kleinigkeit von zusätzlichen 40.000.000.000 Steuer-Euros doch noch ein paar Jahre weiterwurschteln kann, bevor der endgültige Exitus kommt. Denn bis dahin wird es keine Rettungspakete mehr geben, da helfen auch die paar lächerlichen Atom-Milliarden nichts, sofern die überhaupt fließen werden. Möglicherweise werden die Hilfsgelder ja auch nur zur Befriedigung weiterer Bonus-Empfänger benötigt, damit wenigstens aus dieser Riege niemand in unzumutbare Armut stürzt.
Der geneigte Leser wird wohl zustimmen, dass es sich bei diesen drei Themen nicht wirklich um vertrauensbildende Maßnahmen in Sachen Politik handelt. In Kombination mit den vorsommerpauslichen, internen Gemetzeln könnte man eigentlich meinen, das Fass sei voll. Wessen Kopfinhalt also noch nicht zu 100% ver-RTLisisiert oder beBILDert ist, der wird sich hoffentlich seine Gedanken machen und somit hat das Ganze unter Umständen doch sein Gutes. Nennen wir es vollkommen politisch unkorrekt: Stimmvieh-Sensibilisierung. Der Blick geht also voller Spannung auf die kommenden Wahlen, ob nun regulär, oder vorgezogen.