Der ehemalige US-Präsident (2000 – 2008) George W. Bush, Vizepräsident Dick Cheney, Minister für Verteidigung Donald Rumsfeld und einige ranghohe Berater wurden des Verbrechens der Folter sowie mehrerer Verstöße gegen internationales Recht und gegen die Genfer Konvention für schuldig befunden. Zwar führt das Urteil selbst, das vor der „Kuala Lumpur Kommission für Kriegsverbrechen“ gefällt wurde, zu keinen direkten Konsequenzen, doch wurden die Protokolle der fünftägigen Verhandlung dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ebenso zur weiteren Bearbeitung überlassen wie den Vereinten Nationen und dem Sicherheitsrat.
Ins Leben gerufen wurde die „Kuala Lumpur Kommission für Kriegsverbrechen“ vom ehemaligen malaysischen Ministerpräsidenten Mohathir Mohamad mit dem Ziel, Untersuchungen bezüglich der Anschuldigung von Kriegsverbrechen, insbesondere im Irak, in Afghanistan, in den palästinensischen Territorien und im Libanon, durchzuführen.
Das erste Urteil wurde im November des Vorjahres gefällt. Nach vier Verhandlungstagen wurden der ehemalige US-Präsident George W. Bush und der ehemalige britische Premierminister Tony Blair, beide in Abwesenheit, wegen „Verbrechen gegen den Frieden“ für schuldig befunden. Während The Intelligence damals ausführlich darüber berichtete, zogen es die westlichen Massenmedien in gewohnter Einigkeit vor, den Vorfall zu verschweigen. Insbesondere die skandalöse Gegebenheit berücksichtigend, dass die Vereinigten Staaten durch das bewusste Unterlassen einer Ratifizierung des Römischen Statuts dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht unterstellt sind, handelt es sich zweifellos um die Pflicht der Presse, die Weltöffentlichkeit über alternative Maßnahmen in Kenntnis zu setzen. Weder im November noch jetzt zeigen sich die Massenmedien bereit, ihren Auftrag zu erfüllen.
Die Seriosität der nichtstaatlichen Kriegsverbrechens-Kommission in Malaysia wird allein schon durch die Tatsache untermauert, dass sich unter den Anwesenden bei den jüngsten Verhandlungen mehrere ehemalige hochrangige UN-Funktionäre befanden, wie ein von Press-TV veröffentlichtes Video zeigt. Der ehemalige UN-Diplomat Denis Halliday erklärte die Situation mit folgenden Worten: „Die Vereinten Nationen sind und waren eine schwache Körperschaft. Sie wurden von den Mitgliedsstaaten für ihre eigenen Interessen korrumpiert. Sie (die Mitgliedsstaaten) respektieren nicht den Auftrag (der Vereinten Nationen), sie respektieren nicht das internationale Recht, sie respektieren nicht die Genfer Konvention. Solange das so weitergeht, werden die Vereinten Nationen weiterhin überflüssig sein, möglicherweise sogar gefährlich, mit Sicherheit aber handelt es sich um eine korrupte Organisation.“
Zwischen dem 7. und dem 11. Mai wurden vor der Kuala-Lumpur-Kommission Anschuldigungen bezüglich Folterungen durch Beauftragte der US-Regierung behandelt. Mehrere Betroffene kamen zu Wort und erzählten von ihren monatelangen Qualen. Zu den grausamen Folterungen zählten Schläge, Elektroschocks, teils an den Genitalien, Schlafentzug, Bedrohung durch aggressive Hunde ebenso wie durch Messer und Schusswaffen, Entzug von Nahrung und/oder Wasser, die Verabreichung verdorbener Nahrungsmittel, die Verabreichung halluzinogener Drogen sowie mehrerer anderer Foltermethoden, die sowohl physische als auch psychische Qualen verursachten. Eine detaillierte Liste der bestialischen Behandlungen wurde von der Prawda veröffentlicht. Einer der Zeugen war Abbas Abid, ehemaliger Chefingenieur des irakischen Wissenschafts- und Technologieministeriums, dem in mittelalterlicher Manier die Fingernägel herausgerissen wurden.
Michael Chossudovsky, Direktor des „Centre for Research on Globalization“, zählt zu den Mitgliedern der Kuala-Lumpur-Kommission und war bei der Verhandlung persönlich anwesend. Dementsprechend findet sich ein detaillierter Bericht auf der Webseite der Organisation.
Während eines ganzen Prozesstages wurde von den Vertretern der Anklage mittels Zeugenaussagen, Aufzeichnungen und anderen Dokumenten demonstriert, dass es sich bei den nachgewiesenen Folterungen nicht um Einzelfälle gehandelt hatte, sondern um ein koordiniertes System, dessen Autorisation bis in die höchste Befehlsebene reicht. Bis zu US-Präsident George W. Bush, Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Zu den weiteren Beschuldigten zählten mehrere US-Regierungsberater, deren Expertisen ohne jegliche Grundlage den Eindruck erweckten, als handle es sich bei Folter um keine Verstöße gegen internationales Recht.
Die Anklagepunkte erstreckten sich von Folter über die Autorisierung und Errichtung einer grausamen und unmenschlichen Schreckensherrschaft bis zu Verstößen sowohl gegen internationales Recht als auch gegen mehrere Punkte der Genfer Konvention. Diesbezüglich wurden die Konventionen III und IV aus dem Jahr 1949 und der sogenannte „Gemeinsame Artikel 3“, ebenfalls aus dem Jahr 1949, angeführt. Darüber hinaus handelt es sich bei den vorliegenden Verbrechen um Verstöße gegen die „Charta der Vereinten Nationen“ und im speziellen gegen die darin enthaltene „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“.
Alle acht Angeklagten wurden in Abwesenheit in allen Punkten für schuldig befunden.
Unter Hinweis auf die nicht vorhandene Rechtskraft, weder in Malaysia noch im Rest der Welt, wurde deutlich gemacht, dass es sich lediglich um ein sogenanntes „Feststellungsurteil“ handle. Allerdings, und darin liegt der eigentliche Sinn des Verfahrens, wurden die gesamten Prozessunterlagen sowohl an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag als auch an die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat übermittelt. Reaktionen aus Washington sind bislang keine bekannt.
Auch wenn das vorliegende Urteil lediglich über symbolischen Charakter verfügt, so wurden vor der Kuala-Lumpur-Kommission eindeutig belegbare Fakten behandelt. Gehen wir von der noch immer verbreiteten Annahme aus, dass die internationale Presse einen Auftrag zu erfüllen hat, nämlich die Weltöffentlichkeit über wesentliche Ereignisse zu informieren, so tritt die Frage in den Vordergrund, warum bis jetzt nicht eine einzige der namhaften Zeitungen auch nur den kleinsten Hinweis auf die durchaus aufwendigen und seriösen Untersuchungen in Kuala Lumpur anbietet. Berichte finden sich in der Borneo Post, im Malaysia Star, in der Teheran Times oder bei Prensa Latina, um aus den wenigen Informationsquellen einige herauszunehmen. Wer schreibt den heimischen Medien vor, worüber sie zu berichten haben – und worüber nicht?