Freitag , 19 April 2024
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Freie Wahlen in Libyen waren von Anfang an kein Thema

tripolis_panoramaWie lautet die Forderungen, die Gaddafi von der „internationalen Gemeinschaft“ gestellt wird? Rücktritt – und nichts anderes. Die alliierten Mächte, die gegen den bevölkerungsarmen Staat in Nordafrika Krieg führen, haben nun offiziell bekannt gegeben, dass sie die Rebellen als libysche Regierung anerkennen. Ein Vorschlag an Gaddafi, durch internationale Beobachter kontrollierte Wahlen durchzuführen, blieb bis heute aus. Auch Saddam Hussein wurde ein derartiges Angebot nie unterbreitet. Dürfen wir davon ausgehen, dass Gaddafi so einen Vorschlag zurückweisen würde? Vielleicht. Doch – im Sinne einer demokratischen Welt – sollte dieses Thema eigentlich zur Diskussion stehen.

Während die Meldung von Reuters lautet, die USA würden die Rebellen als offizielle libysche Regierung anerkennen, berichten andere Medien, dass es die „Libyen-Kontakgruppe“ sei, also die Gemeinschaft der Aggressor-Staaten,  die sich zu diesem Schritt entschlossen hätte. Grundsätzlich geht es darum, den Rebellen Zugang zu den im Ausland eingefrorenen Guthaben des Staates Libyen zu ermöglichen. Ob dies dem Ankauf von Waffen und anderem Kriegsgerät dienen soll, geht aus den Berichten nicht hervor.

Es gibt wenig Anlass, einem Regierungschef, der bei offiziellen Staatsbesuchen sein Beduinenzelt aufbaut, der den „Heiligen Krieg“ fordert, weil sich ein europäisches Land gegen den Bau von Minaretten ausspricht, und der Schweizer Geschäftsleute in Geiselhaft hielt, Unterstützung entgegen zu bringen. Trotzdem darf all dies kein Anlass sein, falsche Informationen über die Situation innerhalb Libyens zu verbreiten. Selbst die demographischen Hintergründe der Revolten werden von den meisten Medien ignoriert. Wesentlich schockierender ist die Tatsache, dass über Massenkundgebungen in Tripolis zur Unterstützung der Gaddafi-Regierung, an der zumindest Hunderttausende teilnehmen, in den etablierten Medien kaum ein Hinweis zu finden ist.

Warum wird von der „internationalen Gemeinschaft“ der kompromisslose Rücktritt Gaddafis gefordert? Es heißt, weil sich das Volk gegen ihn erhebt. Wie groß ist die Zahl der Libyer, die sich dem bewaffneten Aufstand anschließen? Wie groß ist die Zahl der Befürworter des Aufstandes? Wie viele Menschen stehen hinter Gaddafi?

Wir können davon ausgehen, dass es Studien darüber gibt. Entsprechende Informationen werden jedoch nicht veröffentlicht. Wer den einseitigen Berichten der Medien Glauben schenkt, mag davon ausgehen, dass es die Mehrheit der Libyer ist, die sich eine demokratisch gewählte Regierung wünscht. Dass Gaddafi als legitimer Kandidat bei freien Wahlen auftreten könnte, scheint dabei völlig ausgeschlossen. Warum?

Erinnern wir uns an Saddam Hussein. Er galt als Diktator und wurde als „Gefahr für die Weltsicherheit“ dargestellt. Nicht der geringste Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 ließ sich konstruieren. Es folgte die Lüge von den Massenvernichtungswaffen. Die Amerikaner marschierten im Irak ein, privatisierten kurzerhand die Ölvorkommen, und Saddam Hussein wurde in einem Schauprozess zum Tod durch den Strang verurteilt. Die Frage, ob er vielleicht als Sieger aus demokratischen Wahlen hervorgegangen wäre, wurde niemals gestellt.

Gaddafi weigert sich, dem Druck der alliierten Mächte nachzugeben. Der Kampf gegen die Aufständischen geht weiter, während einige NATO-Mitglieder tagtäglich Bomben- und Raketenangriffe durchführen. Dass dabei nicht nur Zivilisten ums Leben kommen, sondern, dank der Verwendung abgereicherten Urans, auch die Strahlenbelastung im Land ansteigt, wird selten, wenn überhaupt, kritisiert.

Ob sich Gaddafi tatsächlich als „Retter seines Volkes gegen die imperialistischen Mächte“ betrachtet oder ob es ihm eher darum geht, einige Milliarden für seinen Clan zu retten, lässt sich nur schwer beurteilen. Respektieren wir jedoch Demokratie als ideale Regierungsform, so müsste Gaddafi die Chance geboten werden, sich bei Wahlen als Kandidat zur Verfügung zu stellen. Den libyschen Stämmen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Mehrheitsentscheidung zu treffen. Und dies müsste jene Stämme einschließen, die auf Gaddafis Seite stehen.

Dass die Gaddafi-Regierung mit brutaler Härte gegen politische Gegner vorgegangen ist, darf kein Grund sein, den Libyern zu verwehren, ihrem Willen Ausdruck zu verleihen. Würde Gaddafi tatsächlich aus einer international kontrollierten Wahl siegreich hervorgehen, wäre dies der Willensausdruck des libyschen Volkes.

Für Gaddafi wäre es eine Herausforderung, die er annehmen könnte, ohne sein Gesicht zu verlieren. Würden die Aufständischen weiter kämpfen, obwohl Wahlen in Vorbereitung stehen, würde dies der Revolte jegliche Glaubwürdigkeit nehmen. Die USA, Frankreich und England könnten ihre Luftangriffe nicht mehr rechtfertigen. Stimmen die Behauptungen der internationalen Presse, dass es sich um eine Minderheit handelt, die hinter Gaddafi steht, dann könnte er sich, bittere Enttäuschung zeigend, ehrenvoll zurückziehen. (Dass er dem, durch Gewalt unterstützten, Druck ausländischer Mächte nicht nachgibt, ist eigentlich verständlich.) Warum hören wir also niemals von einer Forderung nach freien Wahlen, an denen Gaddafi sich beteiligen kann? Wäre dies nicht die größte Chance, dem anhaltenden Blutvergießen ein Ende zu setzen?

Doch stellen wir uns vor, Gaddafi würde den Vorschlag akzeptieren. Und nehmen wir an, er würde die Wahl gewinnen. Welche Blamage wäre dies doch sowohl für die derzeitigen Aggressor-Staaten als auch für die Medien, die regelmäßig darüber berichten, wie sich das Volk gegen den Diktator erhebt.

Allerdings, ein demokratisch gewählter Gaddafi würde sich weiterhin weigern, die Ölquellen zu privatisieren. Er würde sich weiterhin weigern, das Land internationalen Investoren zu überlassen. Er könnte weiterhin ein Beispiel setzen, dass es den Menschen wirtschaftlich deutlich besser ergeht, wenn das Geschehen in einem Land von Politikern, anstatt von einer Finanz-Lobby bestimmt wird.

Analysten der Geheimdienste verfügen mit Sicherheit über eine Vorstellung, wie eine Wahl unter solchen Voraussetzungen ausgehen würde. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass Demokratie, wie wir sie kennen, mit wirtschaftlicher Dominanz durch eine Elite einhergeht. Ein Regierungschef, auch wenn er demokratisch gewählt ist, der dem Druck der Finanzelite jedoch nicht nachgibt, würde zweifellos als Feindbild dargestellt werden. Die „freie Presse“ des Landes würde gegen diese Regierung genauso Stimmung machen wie die „internationale Gemeinschaft“. Nachdem im Fall Gaddafi davon ausgegangen werden kann, dass er sich dem Druck der Finanz-Lobby kaum beugen würde, wird auch verständlich, warum Wahlen, die ihn als Kandidat einschließen, niemals als Option zur Lösung der Probleme in Libyen betrachtet wurden.

Die Forderung nach einer Wahl, bei der sich nicht absolut jeder Bürger des Landes als Kandidat zur Verfügung stellen darf, kann nicht als demokratisch bezeichnet werden.

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