Dienstag , 19 März 2024
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Kanadischer Goldrausch in Spanien – die Krise macht es möglich

goldnugget 1Gold ist gefragt in Zeiten der Finanzkrise, es droht die Inflation, Wertanlagen werden gesucht. Für Gold prognostiziert man optimistisch eine Verfünffachung des Wertes – das macht gierig auf neue Lagerstätten. Kanadische Bergbaufirmen sind berüchtigt für ihre ökologisch rabiaten Abbaumethoden, die ganze Landstriche als postapokalyptische Giftsümpfe zurücklassen. Im zweitgrößten Land der Welt mit einer Bevölkerungsdichte von 3 Einwohnern je Quadratkilometer müssen daran nur wenige sterben. Anders sieht es in Griechenland mit 85 und Spanien mit 90 Menschen je qkm aus, wo kanadische Firmen jetzt Gold schürfen wollen. Doch beide Länder wurden von der Finanzkrise weichgeklopft, den Umweltschutz zugunsten von dringend benötigten Arbeitsplätzen zurückzustellen.

No es oro todo lo que reluce (Es ist nicht alles Gold was glänzt – Titel eines spanischen Blogbeitrages)

Die kanadische Firma Asturgold (Hauptsitz Vancouver) stellte Investitionen von 150 Millionen Euro in Aussicht, wenn sie in der traditionellen Kohlebergbauregion Asturien neue Schürfgebiete erschließen darf. Dort wird in der Nähe des Ortes Tapia de Casariego das größte Goldvorkommen Europas vermutet, das man innerhalb eines Jahrzehnts aus dem Boden holen möchte. Dem stehen ökologische Bedenken gegenüber, der Goldabbau könnte das Land und das wertvolle Grundwasser mit giftigen Chemikalien verseuchen. Die Initiative Oro No! stellt sich dem Bergbauprojekt entgegen, man will von Fischfang, Tourismus und Landwirtschaft leben, eine Mine würde alles zerstören. 500 Arbeitsplätze für zehn Jahre seien ein schlechter Tausch für eine auf Generationen hin verwüstete Landschaft. Natürlich finden sich auch Oro Si!-Leute, die bereits so verzweifelt sind, auf den Teufelspakt für das Gold einzugehen, aber sie scheinen weitaus in der Minderheit zu sein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind unklar, doch die Herrschaft Rajoys (PP) in Madrid deutet auf eine die Wirtschaftsbarone bevorzugende Politik hin.

In der Bauboom-Phase hatte Madrid unter der Sozialisten-Regierung Zapatero erst 2007 das Bodenrecht verschärft, um Korruption zu erschweren, aber auch für den Natur- und Umweltschutz. Dabei ist vor allem die Wirtschaftskriminalität im Bausektor ein Politikum in Madrid: 2009 hat kein Geringerer als der weltbekannte Untersuchungsrichter Baltasar Garzón Real gegen 37 teils hochrangige Politiker der rechtspopulistischen Partida Popular (PP) ermittelt, die sich mutmaßlich von einem Baubaron bestechen ließen. Die PR-Firma des Baulöwen, „Special Events“, organisierte unter anderem die Wahlkämpfe der PP, einer Partei, die sich nicht wirklich von ihrer im Franko-Faschismus verwurzelten Vergangenheit distanziert hat und die in Deutschland mit einer Mischung aus CDU/CSU, Schill-Partei und NPD vergleichbar wäre. Garzón ermittelte z.B. gegen den PP-Schatzmeister Luís Bárcenas, 1,3 Mio. Schmiergelder genommen zu haben, auch gegen den PP-Ministerpräsidenten von Valencia, Francisco Camps Ortiz.

Baltasar Garzón von den Rechten kaltgestellt

Doch die mediale und politische Schlagkraft der frankistisch-rechtspopulistischen Rechten in Madrid ist enorm. So musste Zapateros Justizminister Mariano Fernández Bermejo zurücktreten, weil ein großer Teil der rechtskonservativen spanischen Richterschaft am 18.02.2009 gegen ihn in Streik (!) getreten war. Die Rechte warf dem Justizminister eine Verschwörung mit Richter Garzón gegen die PP vor, weil beide gemeinsam an einem Jagdausflug teilgenommen hatten. Am 26.06.2009 drückten die konservativen Kräfte eine Streichung des seit 1996 geltenden Prinzips der universellen Zuständigkeit der Rechtsprechung bei schweren Verletzungen der Menschenrechte durch. Richter Garzón hatte bekanntlich auf Basis dieses Prinzips nicht nur den US-gestützten Diktator Pinochet, sondern auch fünf ranghohe US-Beamte wegen Folterverbrechen in Guantánamo angeklagt – ferner die chinesische Regierung wegen der Besetzung Tibets 1959. Damit war nun Schluss und Baltasar Garzón wurde sogar später ins Ausland vertrieben, wo er heute den Wikileaks-Gründer Julian Assange vertritt.

Auf Betreiben von Garzón wurde 1998 der chilenische Diktator Augusto Pinochet in London verhaftet, es lief ein Auslieferungsersuchen aus Spanien. Bewiesen war zu diesem Zeitpunkt schon seine Verantwortung für den Mord an 3.000 Menschen, die Folter von mehr als 30.000 Menschen, einschließlich brutaler Vergewaltigungen, begangen an mindestens 3.000 Frauen. Der Massenmörder bekam Asyl in London und die Briten verweigerten nach einem langwierigen Rechtsstreit die Auslieferung an Madrid – anders als heute im Fall Assange, wo London unbedingt ausliefern will, obwohl sowohl das Delikt als auch die Beweislage gegen Assange vergleichsweise läppisch erscheinen. Die politische Instrumentalisierung der Justiz wird in diesen Fällen sehr viel klarer als derzeit etwa im Fall Pussy-Riot in Moskau.

So wurde Richter Garzón in Madrid aus politischen Gründen seines Amtes enthoben, weil er korrupte Politiker (vorzugsweise fanden sich solche in der PP) und ihre Schmiergeldgeber abhören ließ. In Spanien ist diese Ermittlungsmethode, anders als in den meisten anderen Ländern, wohlweislich nur bei Terrorismus erlaubt. In unseren Mainstream-Medien hörte man darüber öfters nur, Garzon habe als Richter ‚seine Kompetenzen überschritten‘, dass dahinter die organisierte Verdunklung politischer Korruption steckte, wurde totgeschwiegen. So schaffen sich korrupte Politiker ihre jeweiligen juristischen Schlupfwinkel, deutsche Parlamentarier weigern sich z.B. seit vielen Jahren, die UN-Korruptionsregeln für Abgeordnete zu ratifizieren. Doch die Medien schweigen zu diesem deutschen Skandal verbissen, ebenso in Spanien zur Korruption der PP, derweil die große Finanzkrise ablenkende Panik verbreitet und ganze Staaten in erpresserische Zwickmühlen bringt.

Zapatero musste seinen Platz für den PP-Politiker Rajoy räumen, weil an ihm die unsozialen Sparaufgaben hängen geblieben waren. Wie in vielen EU-Ländern überließ die Finanzelite das Abkassieren qua verschärfter Ausbeutung den Sozialdemokraten, so dass die von den Medien eingeseiften Wähler wieder zurück zu den Rechten flohen – die ihre Hände in Unschuld wuschen, um die Bevölkerung dann noch dreister zur Ader zu lassen. Nächste Station auf der neoliberalen Bahnfahrt zurück in den Ausbeuter-Kapitalismus: Nationalismus, Rassismus, Hetze gegen Ausland und Ausländer, Neofaschismus. Wer fragt da noch nach dem Schutz von Mensch und Umwelt vor einer gierigen Bergbau-Industrie, die Europas letzte Goldreserven abschürfen will? In Spanien wie Griechenland greifen große Finanzinteressen immer ungenierter in souveräne Staaten ein, scheren sich dabei weder um Menschenrechte noch Umweltschutz noch um territoriale Integrität.

Auch für Athen kam jüngst ans Licht: Kanadier wollen Gold. Konzerne hatten Milliarden Dollars in die Ausbeutung von Bodenschätzen investiert, waren aber an griechischen Behörden gescheitert, die Genehmigungen annullierten und sich wohl – entgegen der deutschen Medienhetze gegen angeblich korrupte Griechen – auch nicht bestechen ließen, so Gerd Rueger im Beitrag BlackRock: US-Finanzmacht auch im DAX.

 

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