Montag , 9 Dezember 2024
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Der Sündenfall des griechischen Euro-Austritts

parthenon athenGriechenland kommt den von der EU und dem IWF geforderten Sparplänen nicht nach und vermeidet es, den einstigen Partnern klare Sparzusagen zu geben. Die ehemaligen Freunde aus Europa verlieren zusehends die Geduld mit Griechenland und liebäugeln damit, das Land „freiwillig“ austreten zu lassen.

3,3 Milliarden Euro. Das ist die geforderte Sparsumme, die die griechische Regierung im Haushalt finden muss, um auf neue Hilfsmilliarden aus Brüssel hoffen zu können. Was sich in Zeiten wie den unseren durch die fortwährende Gewöhnung an Billionen-Beträgen wie etwas vergleichsweise Kleines ausnimmt, ist in der griechischen Realität, in der sich im Jahre 2009 die gesamten Staatsausgaben auf rund 114 Milliarden Euro beliefen, kein Pappenstiel. Vor dem Hintergrund der bereits zurückliegenden Sparrunden wird deutlich, dass diese 3,3 Milliarden Euro im griechischen Haushalt zu finden keine leichte Aufgabe ist. Die Fixierung der internationalen Geldgeber auf die Ausgabenseite des griechischen Staates ist zwar angesichts eines vergleichsweise frühen Renteneintrittsalters, den hohen Beamtengehältern sowie der Tatsache, dass der Beamtenapparat der Hellenen selbst mit dem Begriff aufgebläht nur unzureichend beschrieben ist, nachvollziehbar, aber dennoch zu kurz gegriffen.

Natürlich müssen die Ausgaben Griechenlands herabgesenkt werden. Dennoch findet sich in ihnen keine monokausale Erklärung für das griechische Dilemma. Durch die Sparorgie, die wie immer am falschen, nämlich dem monetär unteren, Ende der Gesellschaft ansetzt und vor allen Dingen denjenigen den letzten Euro aus den Rippen leiern möchte, die bereits ohne das Brüsseler Spardiktat jeden Cent mehrmals umdrehen müssen, allein ist eine Genesung des kranken Mannes in Südeuropa jedenfalls wenig wahrscheinlich. Die Armen können sich gemeinhin gegen ihre finanzielle Versklavung nicht wehren, weshalb sie ein gerne gesehenes Opfer einer jeden Einsparpolitik sind. Demgegenüber stehen die Reichen und Mächtigen, die ihren Einfluss bei politischen Entscheidungen geltend machen können, und sei es nur, weil sie die politischen Eliten durch gemeinsame Ausflüge ins Nachtleben zu erpressen in der Lage sind.

Dass Griechenland verloren ist, dürfte für die Leser von TheIntelligence keine Überraschung sein. Es ist jedoch erstaunlich, dass die EU-Lenker nun in aller Öffentlichkeit mit einem Euro-Austritt der Hellenen liebäugeln, war dies doch bislang stets gleichbedeutend mit dem Scheitern der Gemeinschaftswährung. Mittlerweile gilt dieser Zusammenhang offenbar nicht mehr. Die Folgen eines griechischen Austritts werden als verkraftbar angesehen, der Einmaligkeit dieses Vorgangs zum Trotz. Zu Ende gedacht lautet das Signal, welches aus einem Euro-Ausstieg Griechenlands erwächst, dass Europa seine Sorgenkinder hängenlässt. Aus der „Union“ würde wieder eine Gemeinschaft, das zukunftsgerichtete Handeln auf dem Feld der europäischen Integration würde an vergangene Missetaten wie der Versündigung an den kommenden Generationen durch die Auftürmung von Schulden scheitern. Insofern muten sich die Sprechblasen, die so mancher Politiker ungefragt von sich gibt, selbst wohlwollend betrachtet tollkühn an.

Der befürchtete Domino-Effekt, der durch ein Ausscheren Griechenlands ausgelöst werden könnte, hätte zur Folge, dass zunächst ein Land wie Portugal unter den finanzwirtschaftlichen Druck gerät, dem sich momentan noch Griechenland ausgesetzt sieht. Konsequenterweise würden auch Spanien und Italien erneut unter das Brennglas der Finanzmärkte geraten. Eilig schieben die Politiker deshalb hinterher, dass es sich bei Griechenland um einen einzigartigen Fall innerhalb der europäischen Familie handeln würde, wodurch die Demütigungen für die griechische Bevölkerung einen neuerlichen Sattelpunkt erreichen.

Durch einen Staatsbankrott Griechenlands und einem Austritt aus der Währungsgemeinschaft wäre dem Land mittelfristig selbstredend ein großer Dienst erwiesen. Aus griechischer Sicht macht es keinen Sinn mehr, im Euro-Raum zu verbleiben. Es machte bereits seit Jahren keinen Sinn mehr. Dennoch wurden auf Teufel komm raus angebliche Rettungsversuche unternommen, die allenfalls als Versuche gelten können, die Zeit aufzuschieben. Doch wie im wahren Leben lässt sich nichts ewig hinauszögern, der Zahltag kommt unweigerlich.

Dieser dürfte für die EU jedoch ungleich unschöner ausfallen als für Griechenland. Die fälschlicherweise als Union bezeichnete Gemeinschaft europäischer Staaten müsste sich fragen lassen, weshalb sie es nicht geschafft hat, ein möglichst harmonisiertes Wirtschaftsgefüge innerhalb Europas herzustellen. Wieso sie weggeschaut hat, als US-Großbanken die griechischen Bilanzen frisierten, damit das Land dem Euro beitreten konnte. Auch steht die Frage im Raum, wieso sie den Griechen nicht eher auf die Finger gehauen hat, nachdem diese sich darauf verlegten, den eigenen Konsum auf Pump zu finanzieren und dabei auf wohlgefällige private Geldhäuser trafen, die ihnen jeden Kreditwunsch von den Augen abgelesen haben.

Die Antworten auf diese Fragen rücken die EU in kein besonderes Licht, sie schieben sie aus dem Lichtkegel heraus und zeigen die wahre Krankheit Europas: die Unfähigkeit der EU. Diese Erkenntnis ist für den Euro mehr als nur negativ. Zwar hat man sich an langwierige Verhandlungen auf europäischer Ebene gewöhnt, jedoch war bislang den wenigsten Menschen bewusst, dass am Ende dieser Verhandlungen nicht viel mehr steht als falsche und dumme Entscheidungen. Hinter uns liegt ein Zeitraum, der von dieser Art an Entscheidungen geprägt ist. Der nun forcierte Rausschmiss der Griechen durch die Hintertür der Brüsseler Zentrale mag für die Griechen richtig sein. Für diejenigen, die den Euro retten wollen, droht der Austritt jedoch zum Sündenfall zu werden, durch den das Projekt Europa um Jahre zurückgeworfen, wenn nicht gänzlich zerstört wird.

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