Der größte Teil der Gäste des Jahr für Jahr unter strenger Verschwiegenheit abgehaltenen Bilderberg-Treffens stammt aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen. Doch auch einigen Spitzenpolitikern wird die Ehre zuteil. Während dieses Jahr Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) an den Geheimnissen teilhaben durfte, war es im Vorjahr Peer Steinbrück (SPD). Auch Merkel, Schmidt und Kohl waren geladen, bevor sie in ihr Amt gewählt wurden.
Im Gegensatz zu denjenigen, die den gleichgeschalteten Medien blindes Vertrauen schenken, sind Leser der Intelligence mit den in aller Verschwiegenheit jährlich abgehaltenen Bilderberg-Treffen bereits vertraut. Auch Die Zeit zeichnet sich in diesem Punkt durch Stillschweigen aus, obwohl – oder vielleicht, gerade weil – deren Matthias Naß schon mehrmals unter den elitären Gästen weilte.
Über die behandelten Themenpunkte werden von offizieller Seite nur grobe Umrisse bekanntgegeben. Zumindest annähernd vollständig dürfte die Liste der Teilnehmer sein. Jeder Anwesende unterliegt der sogenannten Chatham-House-Regel, die besagt, dass es zwar jedem offensteht, persönliche Vorteile aus den ausgetauschten Informationen zu ziehen, es aber strikt untersagt ist, diese an Außenstehende weiterzugeben. Eine Regelung, die sich mit den angenommenen Werten in unserer Gesellschaft nur schwer vereinbaren lässt. Wie können sich Politiker demokratischer Länder, die der Öffentlichkeit gegenüber Rede und Antwort stehen sollten, solchen Bedingungen unterwerfen? Davon abgesehen, wie ließe sich Insiderhandel nachweisen, wenn nur Eingeschworene über den Informationsaustausch bescheid wissen?
Wenn Außenstehende auch niemals erfahren werden, was genau bei diesen Zusammenkünften besprochen wird, so lassen sich doch gewisse Schlüsse aus der Anwesenheit einzelner Personen ziehen. Wenn ein Politiker wie Jürgen Trittin, dessen Parteilinie so volksnah erscheint, in einige Geheimnisse der Finanzwelt eingeweiht wird, dann dürfen wir mit einer Zusammenarbeit in dieser Richtung rechnen – und inwieweit die vorgespielte Volksnähe erhalten bleibt, darüber darf jeder für sich selbst spekulieren.
Gewiss ist es nicht so simpel, einfach glauben zu können, wer von den Bilderbergern eingeweiht wird, schafft den Weg an die politische Spitze. Aber trotzdem finden sich einige bemerkenswerte Parallelen. So zählte Guido Westerwelle im Jahr 2007, also zwei Jahre bevor er mit dem Amt des Außenministers betraut wurde, zu den Gästen (lt. Wikipedia). Im Mai 2005 wurde die Bilderberg-Konferenz in Rottach-Egern in Oberbayern abgehalten. Zu den Geladenen zählte Angela Merkel. Am 22. November desselben Jahres trat sie ihr Amt als Kanzlerin an. Damals war übrigens auch Gerhard Schröder als Noch-Kanzler dabei. Die Bundestagswahlen am 18. September 2005 ergaben eine äußerst knappe Mehrheit für die Union.
Helmut Kohl war Kanzler von Oktober 1982 bis Oktober 1998. Seine Besuche bei den elitären Bilderbergern werden für 1980, 1982 (Mai) und dann nochmals, bereits in Amt und Würden, für 1988 bei Wikipedia angegeben.
Helmut Schmidt wurde im Jahr 1973 für bedeutend genug erachtet, um an den Bilderberg-Geheimnissen teilzuhaben. 1974 wurde er zum Kanzler gewählt. Weitere Besuche erfolgten in den Jahren 1977 und 1980.
Während bis vor wenigen Jahren Behauptungen, dass es eine geheime Bilderberg-Konferenz gäbe, noch in den Bereich der sogenannten Verschwörungstheorien abgedrängt wurde, betreiben die Organisatoren seit 2010 ganz offiziell eine Webseite, auf der die Teilnehmerlisten der jeweils letzten drei Jahre einsehbar sind. Auf der Liste des Jahres 2011 findet sich der Name Peer Steinbrück, in seiner Eigenschaft als Mitglied des Deutschen Bundestages und ehemaliger Finanzminister.
Darauf zu spekulieren, dass 2011 schon beschlossen war, dass Steinbrück 2013 zum deutschen Kanzler gewählt werden wird, ginge zweifellos zu weit. Das Stimmungsbarometer müsste seinen Trend dafür noch gewaltig ändern. Beachtlich ist es aber doch, dass Steinbrück ein Jahr nach seiner Teilnahme bei der Konferenz in St. Moritz plötzlich die Spitzenposition in der größten Oppositionspartei übertragen wird. Auch wenn er – der Chatham-House-Rule entsprechend – über die Gründe für seine Einladung kein Wort verlieren darf, so wäre es doch begrüßenswert, wenn jene Journalisten, die ihn seiner gut bezahlten Vorträge und anderer wesentlich weniger wichtigen Details wegen befragen, ihn doch auch einmal auf die Bilderberg-Konferenz ansprechen würden. Am besten vor laufender Kamera, um den Wählern die Möglichkeit zu geben, seine Reaktion mitzuerleben (auch wenn er auf eine solche Frage zweifellos gut vorbereitet ist).
Inwieweit Politiker wählbar sind, die an berüchtigten Geheimtreffen teilnehmen, wäre dann eine gesonderte Frage.
Natürlich ließe sich zum letztgenannten Punkt feststellen, dass Deutschland mit Kanzlern wie Schmidt und Kohl ja noch recht gut gefahren sind. Allerdings, die Grube der Schulden- und Wirtschaftskrise wurde nicht erst 2008 gegraben, als sie offizielle bekannt wurde, sondern über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg. Beginnend mit der Akzeptanz eines seit 1971 ungedeckten US-Dollars als Leitwährung, dem System der Fiat-Währungen, zu denen auch die D-Mark schon zählte, fortschreitende Privatisierung von Staatseinrichtungen und so vieles mehr. Der Verdacht liegt nahe, dass Politiker das Vertrauen ihrer Wähler seit jeher missbrauchten. Die Bilderberg-Konferenzen sind sicher bloß ein augenfälliges Detail der Kollaboration zwischen Wirtschafts- und Finanzmächten und den Vertretern der Völker. Doch bis jetzt scheint es nur Wenigen aufzufallen, dass Geheimniskrämerei und Demokratie nicht zusammenpassen.