Donnerstag , 18 April 2024
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Das Zeitalter der Widersprüche

orwell_plazaBewegt sich die Welt einheitlich und harmonisch auf eine Zukunft des Fortschritts mit für alle verbesserter Lebensqualität zu? Der subjektive Eindruck lässt eher das Gegenteil vermuten. Die Kaufkraft durchschnittlicher Einkommen sinkt regelmäßig ab, während die Vermögen Einzelner unvorstellbare Ausmaße annehmen. Schuldenberge sollen reduziert werden – mit Geld, das nur geliehen werden kann. Arbeitsplätze sollen geschaffen werden, während wirtschaftlich notwendige Einsparungen zu Personalabbau zwingen. Länder werden bombardiert, um sie zu befreien. Völker erheben sich gegen ihre Diktatoren, um sich dem unbarmherzigen Gesetz der Scharia zu unterwerfen. Und die Medien rechnen mit unserem Vertrauen, obwohl sie regelmäßig Lügen verbreiten.

Der moderne Bürger der westlichen Welt ist stolz auf seine Demokratie. Nur ein Mensch, der über das Recht der Mitbestimmung verfügt, ist auch wirklich frei. Gleichzeitig ist er politiküberdrüssig, interessiert sich nicht im geringsten für die Hintergründe jeglicher wirtschaftlicher Entwicklung und hofft heimlich vor sich hin, dass es halt nicht noch schlechter wird. Jene Parteien, die sein Land über Jahrzehnte hinweg in ein Schuldenchaos geführt haben, betrachtet er als „das geringere Übel“. Jeden Versuch, ihn über die Grundprinzipien von Wirtschaft und Politik zu informieren, weist er grob als Verschwörungstheorie zurück. „Die da oben“ werden schon wissen was sie tun.

Ein Währungssystem, das ausschließlich auf Kredit basiert, kann nicht funktionieren. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Der anfallenden Zinsen wegen, steigen die Schulden regelmäßig höher an als der Geldumlauf. „Aber es hat doch bis jetzt funktioniert!“, mag der Bürger denken. Ja, natürlich – aber jetzt sind wir eben an dem Punkt angelangt, an dem es nicht mehr funktioniert, weil die Reserven erschöpft sind.

Wenn ein Betrieb mit tausend Angestellten hundert Stellen streicht, dann sind es natürlich die „schwächsten“ Mitarbeiter, die den blauen Brief erhalten. Diejenigen, deren Ausbildung am schlechtesten ist, die zu oft krank sind, denen es an Motivation fehlt. Letztendlich sind sie doch selber schuld. Ein Teil scheidet immer aus. Auch der Löwe ernährt sich von jenen Beutetieren, die mit dem Rest der Herde ohnehin nicht mithalten können. Einer muss immer der Letzte sein. Und ungeachtet, wie sich vielleicht alle Mitarbeiter des Betriebes für die Erhaltung ihres Arbeitsplatzes einsetzen mögen, wenn hundert Stellen gestrichen werden, dann müssen hundert Leute eben gehen. Selber schuld!

Griechenland ist pleite. Immer wieder werden jene Fehler analysiert, die zur Eskalation geführt haben. Die drohende Zahlungsunfähigkeit bringt eine Abwertung der Kreditwürdigkeit mit sich. Ist ja logisch. Dadurch steigen die Zinsen. Das ursprüngliche Problem, die Unfähigkeit, die Zinsen für die Staatschulden zeitgerecht zu begleichen, wächst somit unverhältnismäßig an, schließt die Lösung des Problems restlos aus. Diejenigen Staaten, denen es noch nicht ganz so schlecht geht, verschulden sich nun tiefer, um den unabwendbaren Bankrott Griechenlands hinauszuzögern. Kann sich Deutschland, ein Land, dessen öffentliche Schulden bereits mehr als zwei Billionen Euro betragen, wirklich leisten, einem anderen Land zu helfen?

Nichts kann offensichtlicher sein als der Widerspruch, der in dieser zur Zeit so eifrig behandelten Rettungsaktion liegt. Das angewandte Geldsystem muss zum Zusammenbruch der schwächsten Mitglieder einer Staatengemeinschaft führen. Denn, wie bereits erwähnt, aufgrund anfallender Zinsen steigt die Schuld immer höher an als der Geldumlauf. Erhöhen jene Staaten, um die es noch nicht so schlecht steht, ihre eigenen Verbindlichkeiten, so nähern sie sich dem Zeitpunkt der eigenen Pleite eben etwas schneller. Lösen lässt sich das Problem auf diesem Wege nicht. Es kann auf diesem Wege unmöglich gelöst werden. Nur eine Reform des Währungssystems, zinsenloses Basiskapital, das von öffentlicher Hand – und nicht vom privaten Finanzsektor – verwaltet wird, würde zu einem Ende der Schuldenkrise führen. Und genau dieser eine Punkt, diese einzige Rettungsmöglichkeit, steht absolut niemals zur Diskussion.

Und noch ein Widerspruch in diesem Bereich: Verschuldete Staaten benötigen einen beachtlichen Teil der Steuereinnahmen zum Begleichen der Zinsen. Wird das Geld dafür knapp, werden Steuern erhöht und in anderen Bereichen wird gespart. Damit wird die Kaufkraft des Volkes in Summe reduziert. Dies bedeutet, niedrigere Umsätze in der Realwirtschaft. Wie eine Studie des Marktforschungs-Institutes GfK im Juni enthüllte, stehen dem Deutschen im Durchschnitt nicht mehr als 14,60 Euro pro Tag für den Einzelhandel zu Verfügung. Also, für Essen, Trinken, Kleidung, Körperpflege, Bildung, Unterhaltung, Möbel, Küchengeräte und technische Spielereien. Wehe dem, der eine Schachtel Zigaretten täglich raucht und nach der Arbeit ein Bier in der Kneipe trinkt. Da bleibt wohl kaum mehr Geld für ein Buch übrig – oder für ein Stück Seife. Werden die Steuern auch nur leicht erhöht, werden die Unterstützungen für die Gescheiterten auch nur minimal reduziert, nimmt auch dieser Wert noch ab. Der Konkurrenzkampf wird härter. Mehr Betriebe schließen ihre Tore. Mehr Arbeitslosigkeit. Noch niedrigere Einkommen. Damit nehmen die Steuereinnahmen natürlich wieder ab. Weiter erhöhen? Wie lange?

Doch damit sind die Widersprüche, die von so vielen Menschen kommentarlos hingenommen werden, noch lange nicht zu Ende. Weswegen wurde dem Irak im Jahr 2003 der Krieg erklärt? Weil er über Massenvernichtungswaffen verfügte? Dabei handelt es sich um eine nachgewiesene Lüge. Sehen die Verantwortlichen auch nur irgend welchen Konsequenzen entgegen? Wurde der Verdacht eines Kriegsverbrechens ausgesprochen? Hat die politische Führung der Aggressorstaaten ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt? Wurden Bündnisse mit diesen Ländern, aufgrund eines ungerechtfertigten Angriffskrieges, aufgelöst?

Noch immer blieb das Argument, dass Saddam Hussein ein skrupelloser Diktator gewesen sei. Nun ist der Irak befreit. Mehr als eine Million Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Ein Sektenkrieg zwischen Sunniten und Schiiten ist entbrannt. Wie eine Studie belegt, leiden in der Umgebung von Falludscha mehr Menschen an Strahlenerkrankungen als in Hiroschima nach dem Abwurf der Atombombe. Und das nennt sich „Befreiung“? Und wer auf die Ausbeutung der Bodenschätze durch internationale Konzerne verweist, wird zum Verschwörungstheoretiker erklärt.

Warum wurde im Jahr 2001 Afghanistan angegriffen? Weil sich Osama Bin Laden dort versteckt hielt und die Regierung ihn nicht ausliefern wollte? Erinnern wir uns noch, dass diese Regierung zuerst Beweise sehen wollte? Die Indizien haben nicht einmal dazu ausgereicht, Osama Bin Laden vor einem amerikanischen Gericht in Abwesenheit schuldig zu sprechen. Deswegen blieben auf seinem FBI-Steckbrief die Anschläge vom 11. September auch unerwähnt. Aber sie reichten aus, um ein Land zu besetzen. Und die politische Führung in Deutschland hat sich dem sogar angeschlossen. Deutsche Soldaten töten und sterben Tausende Kilometer fern der Heimat. Und der Widerstand der afghanischen Bevölkerung gegen ihre „Befreiung“ scheint nicht brechen zu wollen. Auch wenn es unklar ist, wann und auf welche Art Bin Laden ums Leben kam, seit Mai gilt er hochoffiziell als tot. Und die Besetzung Afghanistans wird weiter geführt.

Die Menschen in Tunesien erhoben sich gegen die Diktatur Ben Alis – und wählten am vergangenen Sonntag eine radikal-islamistische Partei. Die Menschen Ägyptens revoltierten gegen Mubarak – und leben nun unter einer Militärdiktatur. Die neue Regierung Libyens kündigte bereits an, das Gesetz der Scharia einzuführen. Handelt es sich dabei um das Streben nach Demokratie, wenn dieses in einer Theokratie endet? Gleichzeitig bittet die Übergangsregierung die NATO, die Bombenangriffe, die dem „Schutz der Zivilbevölkerung“ dienen sollten, weiterzuführen. Obwohl Gaddafi tot ist. Obwohl die Regierung gestürzt ist.

Die Medien wiederholen ohne jegliche Hemmungen jeden Unsinn, der von internationalen Nachrichtenagenturen verbreitet wird. Sogar Der Spiegel verbreitete im April die mehr als nur lächerliche Meldung, dass Gaddafi seine Soldaten mit Viagra versorgt hätte, um mehr Frauen vergewaltigen zu können. Eine Behauptung, die auf die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice zurückging. Die wesentlich glaubwürdigeren Berichte von Mahdi Nazemroaya, der zwei Monate in Libyen verbracht hatte, über Vergewaltigungen durch die Rebellen, die ihren Opfern am Ende sogar noch die Brüste abschnitten, wurden von den etablierten Medien jedoch restlos ignoriert.

Vergleichen wir mit der Realität, erscheinen die Zukunftsvisionen George Orwells noch als harmlos. Menschen, die Monat für Monat darum kämpfen, ihre Miete bezahlen zu können, wird eingeredet, dass sie in Wohlstand lebten. Staaten verschulden sich, anstatt ihr angestammtes Recht in Anspruch zu nehmen, ihre eigene Währung in Umlauf zu setzen. Bürgern wird die Hälfte ihrer Einnahmen weggenommen, um dieses korrupteste aller Systeme zu finanzieren. Staaten werden überfallen, um internationalen Konzernen den Zugang zu den dortigen Rohstoffen zu ermöglichen. Staatsoberhäupter, die ihre Länder schuldenfrei halten, werden zu Diktatoren erklärt. Die Bevölkerung Libyens litt unter Tausenden von Luftangriffen – zu ihrem eigenen Schutz. Skrupellose Spekulanten treiben die Preise für Erdöl, andere Rohstoffe und Nahrungsmittel in ungeahnte Höhen – und nichts wird dagegen unternommen. Maßnahmen zum Schutz der Volksgesundheit werden gesetzt, während Hunderttausende von Chemikalien die Umwelt verseuchen. Wir werden dazu erzogen, vor Zigarettenrauch ängstlich zurückzuweichen, während die nukleare Belastung auf unserem Planeten regelmäßig ansteigt. Menschen, die untragbarer Zustände wegen in Depressionen verfallen, werden als geisteskrank erklärt. Und wer es wagt, auf all diese Punkte zu verweisen, wird der Angstmacherei bezichtigt oder der Verbreitung von Verschwörungstheorien. Verdient es dieser Zustand tatsächlich noch, als Zivilisation bezeichnet zu werden? Aber immerhin, wir leben in einer Demokratie. Und somit dürfen unsere demokratisch gewählten Politiker weiterhin unser Geld verschwenden. Schlimmer noch, nicht unser Geld, sondern das unserer Kinder und Kindeskinder. Denn, diesem System entsprechend, sollten die ihr Leben lang Zinsen für jene Schulden bezahlen, die jetzt neu entstehen.

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