Nun also wirft der amerikanische Futurologe Alvin Toffler seinen Blick auf die nächsten 40 Jahre. Wie sieht die Welt bis 2050 aus? Der mittlerweile 82jährige Toffler ist diesbezüglich kein Unbekannter. Bereits 1970 veröffentlichte er in einem Werk mit dem Titel „Der Zukunftsschock – Strategien für die Zukunft“ seinen Blick auf das heutige Jahr 2010. Die zu verarbeitende Menge an Informationen durch Wissenschaft und technologischen Fortschritt, so Toffler 1970, werde bis 2010 so rasant zunehmen, dass viele Menschen diese nicht mehr verarbeiten können und sich zunehmend von der realen Welt abkapseln. Was damals vielleicht etwas skuril klang, ist heute gängiger Inhalt der sozialen Berichterstattung. Noch skuriler dürfte seine Vorhersage 1970 aufgefasst worden sein, dass 2010 gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Familien gründen werden. Aber… der Mann hatte Recht. Einfacher vorherzusagen, aber ebenfalls damit ins Schwarze getroffen, waren die Prognosen, dass sich Nachrichten in Sekundenschnelle verbreiten werden, und dass Umweltkatastrophen zunehmen und in ihren Auswirkungen verheerender sein werden.
Kein Wunder also, dass seine zum 40jährigen Jubiläum des „Zukunftsschock“ erschienende Prognose für das Jahr 2050 unter Experten weltweit Beachtung findet. So wird der Anteil der Frauen in wichtigen Führungspositionen in Politik und Wirtschaft eine Größenordnung erreichen, die selbst heutige Erwartungen sprengen wird. Die Überalterung der Gesellschaft wird die Langzeit-Pflegekosten um das Vierfache ansteigen lassen. Das nicht mehr zu verhindernde Abschmelzen des Polareises wird Konflikte um die dann dort frei zugänglichen Rohstoffe heraufbeschwören, aber nicht nur das. Durch die damit verbundene Erhöhung des Meeresspiegels wird ein Großteil der Menschen gezwungen sein, umzusiedeln – was zu innergesellschaftlichen Spannungen führen wird.
Informationstechnologisch wird die Welt in den nächsten 15 Jahren das so genannte Petabyte-Zeitalter (1.000 Terrabyte) erreicht haben. Die somit möglich werdenden Datentransporte und Videokonferenzen werden die Gebundenheit an ein Büro endgültig überflüssig machen. Das ist nicht die eigentliche Überraschung. Aber die dann absolut selbstverständliche örtliche Ungebundenheit und die Tatsache, dass es der Normalzustand wird, überall zu arbeiten, wird die Staaten zwingen, sich stärker als heute um gemeinsame rechtliche Rahmenbedingungen rund um den Globus zu kümmern – beispielsweise mit einem einheitlichen Steuersystem.
Darüber hinaus wird der Einfluss der Religionen auf die Politik nicht ab- sondern zunehmen. Der Anteil der Christen auf der Südhalbkugel wird rasant steigen, einschließlich dem damit verbundenen Einfluss in Regierungsentscheidungen. Dagegen werden Muslime in nichtgekannt großer Zahl in die westlichen Industrienationen wandern, wodurch es zwangsläufig zu einem höheren muslimischen Einfluss in der Politik dieser Staaten kommen wird.
Weltmarktpolitisch stehen ebenfalls große Veränderungen an, denn ein starkes Wirtschaftswachstum in Südamerika, verbunden mit einem engeren Zusammenschluss der zukünftig stärkeren Wirtschaftsnationen China, Brasilien und Indien wird den US- bzw. EU-zentrierten Weltmarkt dezentralisieren. Diese Entwicklung wird noch dadurch begünstigt und beschleunigt, dass die westlichen Industrienationen, allen voran die USA, zunehmend von den in China lagernden 17 seltenen Erdmetallen abhängig sein werden, die zur Produktion modernster Technologie (Waffensysteme, Hybridfahrzeuge, Radartechnik u.v.m.) unerlässlich sind. Überhaupt werden Medizin, aber auch sonstige Produkte, durch die Bio- und Nanotechnologie revolutioniert, bis hin zu der Möglichkeit, nicht mehr nur den Computer eines Menschen zu „hacken“ sondern den Menschen direkt.
Weitere Umwälzungen geopolitischer Art seien zu erwarten, wenn in den nächsten 40 Jahren die Welt in die Post-Petroleum-Ära eintritt und die Etablierung alternativer Energierecourcen Staaten wie Russland, Saudi-Arabien, Irak, Iran u.a. zu Verlierern dieser Entwicklung macht. Die größte terroristische Gefahr wird nicht von Al Qaeda ausgehen, sondern von so genannten Netzwerk-Netzwerken, die von Al Qaeda inspiriert sind. Überhaupt wird das Netzwerk global zum einflussreichsten Schlüsselwort. Innovationen werden wesentlich stärker als heute von Konsumentenwünschen und ihrem Eingebundensein in vernetzte Entwicklungsprozesse geleitet. Erfindungen finden nicht mehr „in-house“ statt sondern unter der vernetzten Einbeziehung weltweit operierender Experten und Spezialisten.
Und wie gesagt: die Reaktion auf all diese Veränderungen, ihre Verwaltung und Steuerung, wird deutlich weiblicher.
Das 13-seitige PDF mit allen 40 Thesen gibt es hier in englischer Sprache.