Freitag , 19 April 2024
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Ein Brief an Ansgar Heveling

ansgar hevelingAnsgar Heveling ist Abgeordneter des Bundestags, das ist meistens nicht so schlimm. Ansgar Heveling gehört der CDU an, auch das ist überhaupt nicht schlimm. Und Ansgar Heveling hat ganz viele Positionen, nämlich diese: Mitglied des Rechtsausschusses, Berichterstatter für Urheberrecht, geistiges Eigentum und Strafrecht. Mitglied der Enquête-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft Projektgruppe Urheberrecht, Berichterstatter für Rechtsverstöße im Internet. Stellvertretendes Mitglied des Kultur- und Medienausschusses

Da ist auch keine schlimme Position dabei, zumindest für mich nicht. Ansgar Heveling hat im Handelsblatt einen Gastbeitrag unter dem Titel Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren! geschrieben.

Dieser Kommentar ist auch nicht wirklich schlimm, meines Erachtens ist er sogar richtig lustig. Ansgar schreibt real humorige und traurige Sachen, ehrlich. Lustige Menschen, wenn sie denn auch noch traurig sind, sie geben einen guten Clown ab. Ich hörte dies heute in einem Kommentar im Deutschland-Funk, es gefiel mir ausnehmend gut. Wenn die Menschen traurig sind, dann haben sie Angst oder schlimme Sachen erlebt. Weil dies bei Ansgar Heveling ebenfalls zu vermuten ist, deswegen habe ich beschlossen, nicht über ihn zu schimpfen. Lieber schreibe ich ihm den folgenden Brief:

Lieber Ansgar Heveling,
wie geht es Ihnen heute? Ich hoffe sehr, dass sich die Wogen geglättet haben und Sie beim Bäcker wieder Brötchen bekommen, obwohl der Sohn des Bäckers ein ausgewiesener und aktiver Internet-User und Blogger ist.

Sie haben im Handelsblatt einen Kommentar veröffentlicht, zu dem ich ihnen aus ganzem Herzen gratulieren will. Es sei hiermit getan. Mir geht es beim Schreiben manchmal ähnlich. Ich habe von einer Sache nicht die geringste Ahnung – und ich will oder soll darüber schreiben. Meist hilft es mir sehr weiter, wenn ich mich zunächst in das Thema einlese, recherchiere und auch im Internet nach Fakten suche. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, wenn ich Ihnen das ebenfalls empfehlen möchte. Glauben Sie mir, es ist gar nicht so schlimm, und es hilft wirklich weiter. Meist fällt das Abfassen eines Textes danach deutlich leichter, sogar eventuelle Rückfragen kann man beantworten. Vielleicht haben Sie Lust, darüber nachzudenken oder es sogar einmal auszuprobieren. Nur Mut, sie können mir glauben es lohnt sich.

Jetzt zu Ihrem Kommentar. Sehen Sie es mir nach, wenn ich mir die eine oder andere Stelle besonders gemerkt habe und etwas dazu sage. Und gehen Sie ruhig davon aus, dass ich, dass das ganze Web 2.0 Ihnen gerne helfen möchte. Nichts davon, was jetzt folgt, nichts davon ist böse gemeint.

So schreiben Sie: „Während die „digital natives“ den realen Menschen zum Dinosaurier erklären, vergessen sie dabei, dass es sich bei dieser Lebensform um die große Mehrheit der Menschen handelt. Auf Mehrheitsverhältnisse haben Revolutionen indessen nie wirklich Rücksicht genommen.“

Das ist zwar ein schöner Satz, lieber Freund, aber er stimmt nicht. Keiner kommt auf die Idee, Sie für einen Dinosaurier zu halten. Sie sind einfach nur ein Komiker, ein Clown. Also atmen Sie einfach tief durch, keiner hält Sie für ein Tier – versprochen.

Weiter lese ich in Ihrem Kommentar: „Denn, liebe „Netzgemeinde“: Ihr werdet den Kampf verlieren. Und das ist nicht die Offenbarung eines einsamen Apokalyptikers, es ist die Perspektive eines geschichtsbewussten Politikers. Auch die digitale Revolution wird ihre Kinder entlassen. Und das Web 2.0 wird bald Geschichte sein. Es stellt sich nur die Frage, wie viel digitales Blut bis dahin vergossen wird.“

Nun gut, Sie haben das wirklich geschrieben, das steht wohl außer Zweifel. Zwei Dinge habe ich anzumerken. Es ist schön, dass Sie dies als geschichtsbewusster Politiker geschrieben haben. Ihre Einordnung macht mir die Einschätzung Ihrer Humoreske deutlich leichter. Also aufgepasst: Wir leben in einer Manchmaldemokratie. Es ist nicht mehr so, das wir nur das lesen dürfen, was Sie und andere Clowns als lesenswert erachten. Und auch unsere Art der Schreiberei, ob auf Papier oder elektronisch, es obliegt alleine uns. Vielleicht für Sie einen Hinweis, der diese Position verständlicher macht – es gibt kein Landes- oder Bundesamt für Textfreigabe und Inhaltsüberprüfung, das gab es früher. Und glauben Sie uns, das wird es nicht mehr geben. Verstanden?

Ein weiterer Auszug aus dem, von dem Sie glauben, es wäre ein Kommentar: „Nicht weil Bits und Bytes aus sich heraus wie kleine Pacmans an den Ideen und Idealen unserer bürgerlichen Gesellschaft knabbern würden. Nein, es sind die Menschen, die hinter den Maschinen sitzen und eine andere Gesellschaft wollen. Die die totale Freiheit apostrophieren und damit letztlich nur den „digitalen Totalitarismus“, wie es Jaron Lavier genannt hat, meinen. Es ist eine unheilige Allianz aus diesen „digitalen Maoisten“ und kapitalstarken Monopolisten, die hier am Werk ist. Auch wenn sie sagen, sie seien die Guten – nur weil man sagt, man sei gut, ist man es noch lange nicht.“

Sie haben Recht und den Nagel auf dem Kopf getroffen. Ich möchte eine andere Gesellschaft. Dafür arbeite und schreibe ich, ich möchte diese andere Welt wirklich. Und ob Sie es glauben oder nicht, es geschieht friedlich und dabei bleibt es auch. Was ein digitaler Maoist sein soll, es ist mir nicht ganz klar. Handelt es sich dabei um einen Blogger, der über dem Schreibtisch ein Bücherregal hat, auf dem entsprechende Werke Platz gefunden haben? Sollte ebenfalls eine Bibel, ein Talmud, ein Koran dabei sein, was dann? Wie bezeichnen Sie diesen Maoisten, falls sogar das Kamasutra dort eingeordnet ist? Für die Übermittlung der dann von Ihnen gewählten Bezeichnung wäre ich mehr als dankbar.

Sie, verehrter Freund, Sie haben es im Kommentar richtig krachen lassen. So lese ich weiter: „Aber wir sollten uns zu wehren beginnen, wenn einzelne Menschen hinter den vielen Maschinen uns unsere Lebensentwürfe vorschreiben. Noch ist es dazu nicht zu spät.“ Das geht mir dann doch zu weit. Ich bitte Sie sehr um Verständnis, meinen Lebensentwurf lasse ich mir von Ihnen nicht vorschreiben, das will ich wirklich nicht.

Den folgenden wahren Satz von Ihnen unterschreibe ich sofort: „Wir dürfen die Gestaltung der Zukunft nicht denen überlassen, die sich als digitale Avantgarde verstehen und meinen, sie wüssten, was das Beste für die Masse Mensch vor den Maschinen sei.“

Die Gestaltung meiner Zukunft unterlasse ich unter keinen Umständen Ihnen und Ihren Parteigängern. Sie wissen wirklich nicht, was das Beste ist für die Menschen. Das beweisen Sie uns täglich und es ist der einzige und wahre Grund, warum ich für eine andere Gesellschaft arbeite.

Nun zum letzten Abschnitt: „Nur sollte man das nicht zum politischen Programm erheben. Jetzt haben wir noch die Zeit, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Wir brauchen den Citoyen, dem Werte wie Freiheit, Demokratie und Eigentum auch im Netz am Herzen liegen.“

Da haben Sie aber einen schönen Abschluss gefunden, da gratuliere ich aber. Eine Frage doch noch dazu: Sind Sie sicher, dass wir unter Freiheit und Demokratie selbiges verstehen? Das Eigentum nehme ich bewusst aus der Frage heraus. Damit meinen Sie uns nicht. Eigentum ist von Ihnen ausschließlich für den Markt vorgesehen. Das haben wir bereits alle begriffen.

Mein Schluss beginnt mit meinem Dank. Sie haben die Wahrheit geschrieben, so wie Sie diese sehen. Die Wahrheit eines Clowns, das hat was. Ihnen wünsche ich real gute Entspannung und Erholung nach all dem, was Ihnen diese Tage passierte. Empfehlen kann ich Ihnen Twitter. Dann hätten Sie endlich auch die Chance auf eine zweite Pubertät. Aber zunächst viel Vergnügen beim Ausleben der Ersten.

In diesem Sinne…

© Peter Reuter

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