Die erste Woche Dschungelcamp ist beendet und in den vergangenen sechs Tagen habe ich stets versucht, das Geschehen in amüsanter Weise zu kommentieren und das eine oder andere Geläster von der Leine zu lassen, was mir wohl auch einigermaßen gut gelungen ist, wenn ich das Feedback betrachte, welches mich per Twitter, Facebook, in den Kommentaren und per Email erreicht hat. Der heutige Bericht wird daher ein bisschen gegen die Gewohnheit gehen, denn es ist an der Zeit diese „Show“ einmal einer ernsteren Kritik zu unterwerfen. Aber vorher das, was an Tag 7 passiert ist:
Fakten zu Tag 7: Dschungelprüfung: Irgendwas mit „gefährlichen Tieren“ ++ Dschungelprüfling: Sarah ++ Erlegte Sterne: 0 von 11 (gar nicht erst angetreten) ++ Neuer Teamchef: Mathieu ++ Morgen zur Dschungelprüfung: Sarah ++ Spruch des Tages: „Every good things are five“ (geliefert von Sarah)
Über die Tatsache, dass die elf im Dschungelcamp eingesperrten Menschen, „Stars“ möchte ich sie nach wie vor nicht nennen, allesamt in finanziellen und/oder anderen Schwierigkeiten stecken, ist landesweit berichtet worden und wer über einen Funken gesunden Menschenverstand verfügt, dem könnte dieser Gedanke auch selbst in den Sinn gekommen sein. Wer sich für angeblich 50.000 € Gage vor aller Welt komplett lächerlich macht, der muss schon ein gutes Stück weit verzweifelt sein, auch wenn der ein oder andere nun sagen würde: „Für das Geld hätte ich das auch gemacht“. Seien wir ehrlich. 50.000 € sind ein anständiges Jahreseinkommen, aber kein Ausgleich dafür landauf, landab als Dschungelcamp-Bewohner gebrandmarkt zu sein. Wobei das für eine Privatperson möglicherweise nicht die gleichen Auswirkungen hat, wie für einen Menschen der, ob nun erfolgreich oder nicht, doch ein bisschen im öffentlichen Leben steht.
Einigen dieser elf Menschen, die da just die RTL-Quoten in die Höhe treiben, wird es vielleicht sogar gelingen nach ihrer Teilnahme den ein oder anderen Job an Land zu ziehen und dadurch aus der Misere zu gelangen. Es sei jedem von Herzen gegönnt. Und auch wenn ich persönlich ein Drittel der Kandidaten zumindest namentlich nicht gekannt habe, fällt manch einer durchaus als Sympath auf, eben als normaler Mensch. Aber leider nicht jeder und jetzt kommen wir zu dem Punkt, der auch in die Verantwortung des Senders fällt, der sich mit dieser Aktion die schon vollen Taschen noch voller macht.
Mir ist nicht bekannt nach welchen Kriterien ein Kandidat für dieses TV-Format ausgewählt wird, ob man sich bewirbt oder ein Angebot erhält und dann der Vertragspoker beginnt, wie viel Geld fließt und welche Tiere man notfalls essen würde und welche nicht. Was aber offenbar nicht passiert, ist eine Prüfung ob die Person psychisch soweit gefestigt ist, dass sie die möglichen 16 Tage – die der „Dschungelkönig“ aushalten muss – ohne bleibende Schäden überstehen kann. Und natürlich auch all das was danach kommt. Sie ahnen sicher worauf ich hinaus will, es geht um die junge Dame namens Sarah, die zum „Star“ wurde als sie bei einem Modelcasting den 8. Platz errungen oder erlaufen hat und seit Beginn der Dschungelstaffel zur Zielscheibe der Nation geworden ist.
Dieses arme Ding erfüllt zwar jegliches Negativ-Klischee was man einem Model nur nachsagen kann und lässt auch keine Gelegenheit verstreichen, sich noch tiefer in ihr kommendes Karrieregrab zu buddeln, sofern denn vorher eine „Karriere“ vorhanden war. Aber egal, danach wird definitiv kein Mensch mehr mit ihr zu tun haben wollen und während der heutigen Episode kam mir irgendwann der Gedanke, dass es ihr nur zu wünschen sei, ein stabiles familiäres Umfeld zu haben, dass sie vor sich selbst schützt, denn wenn sie im normalen Leben ein psychisches Manko ihr Eigen nennt, dann könnte ich mir vorstellen, dass sie… nein, ich will das gar nicht aussprechen.
Fakt ist ganz sicher, dass diese junge Dame nicht die allergeringste Ahnung hatte, auf was sie sich da einlässt und wahrscheinlich nur die 50 schnell verdienten Riesen gesehen hat. Die Tragweite des Ganzen wird wohl erst nach dem Auszug und der Betrachtung der Videoaufnahmen, sowie der Berichterstattung in den Medien auf sie einprasseln. Oder sie ist wirklich so schwach belichtet wie sie sich vor der Kamera gibt und das alles dringt gar nicht an sie heran. Als einer von geschätzten 40 Millionen Hobby-Psychologen in diesem Land lautet meine Diagnose: Akuter Realitätsverlust, oder das genaue Gegenteil davon, dann allerdings gepaart mit panikartiger Verdrängung durch große Klappe, also die typische „Flucht nach Vorne“. Anders kann ich mir nicht erklären, wie jemand ohne Unterlass von einem Haufen in den Nächsten hüpft und parallel dazu verbale Äußerungen tätigt, die an Hochnotpeinlichkeit nicht zu übertreffen sind.
Und genau dieses „Potential“ hätte RTL im Vorfeld abklopfen können oder müssen. Quote ist nicht alles und wer mit Menschen „spielt“ der trägt auch eine gewisse Verantwortung. Das Argument, dass alle Kandidaten „freiwillig“ mitmachen kann nur bis zu einem gewissen Punkt gelten. Manche Menschen muss man eben vor sich selbst schützen. Ich frage mich nur wer in dem Fall versagt hat. Möglicherweise muss sich auch Sarahs privates Umfeld die Frage gefallen lassen, warum es die Teilnahme nicht verhindert hat. Es gibt sicher 24-jährige die mit beiden Beinen fest auf dem Boden und im Leben stehen. Sarah kommt mir da eher wie zehn Jahre jünger vor, was im Grunde kein Problem darstellt, nur darf man so jemanden nicht auf ein Projekt wie das Dschungelcamp loslassen.
Meine Erkenntnis des Tages lautet daher, dass dieses Show-Format noch menschenunwürdiger ist, als ich es mir zum Start meines Selbstversuches vorgestellt habe. Ich werde den Rest des Tages nutzen mein Lachen zurück zu gewinnen, um morgen wieder humoresk über „Ich bin ein Star! Holt mich hier raus“ zu berichten. Mal sehen ob das klappt. Bis dahin können sie ja die Berichte der letzten Tage lesen oder ihre RTL-freie Zeit genießen.
Was bisher geschah lesen sie hier:
Prolog
Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4
Tag 5
Tag 6