Vor einem Jahr, im September 2011 platzte drangsalierten Arbeitslosen im Jobcenter Köln-Kalk endgültig der Kragen: Sie organisierten sich und leisteten Widerstand, verteilten Info-Material an die unzähligen stoisch wartenden Leidensgenossen. Die Pseudo-Behörde reagierte mit einer juristischen Eskalation und erteilte gnadenlos Hausverbote, die von der wiederholt durch das Jobcenter alarmierten Polizei durchgesetzt wurden. Die Aktivisten klagten und gewannen jetzt: Die Hausverbote erwiesen sich als rechtswidrig.
Eine Aktivistin der KEA, der Initiative “Kölner Erwerbslose in Aktion”, siegte am 20. September 2012 vor dem Verwaltungsgericht in Köln. Die Prozessbevollmächtigte des Jobcenters Köln erkannte die Rechtswidrigkeit eines ausgesprochenen Hausverbots an, der Prozess wurde eingestellt – Kosten gehen zu Lasten des Jobcenters. Die Aktivistin hatte ein Hausverbot für zwölf Monate wegen des Verteilens des Überlebenshandbuchs der KEAs in der Wartezone des Jobcenters Köln-Kalk bekommen.
Eine besonders schikanöse Drangsalierung dabei: Das Verbot galt in zehn (!) Kölner Jobcenter-Standorten – inklusive der darin liegenden Stadtbibliothek und anderen kommunalen Einrichtungen, etwa der Meldestelle. Das ging zu weit, befand das Gericht, das sich im Übrigen intensiv mit der Frage befasste, ob die Klägerin oder wer sonst, gesagt habe “Das Hausverbot können Sie sich sonstwohin schieben.”
Das Überlebenshandbuch der KEA passt der repressiven Hartz IV-Bürokratie nicht ins Regiment, denn es enthält wichtige Informationen für den Umgang mit Jobcentern. Insbesondere findet man dort Tipps, sich gegen kriminelle Machenschaften der Bürokraten zur Wehr zu setzen, etwa Falschaussagen zu Lasten der Arbeitslosen, Verschwindenlassen von Anträgen oder Akten – man soll immer Zeugen mitbringen und andere gerichtsfeste Beweise bereithalten. Aber auch praktische Tipps zu Lebensmittelgutscheinen, Miete und Heizung sowie eine Erste-Hilfe-Ausstattung an Verwaltungsrecht (Widerspruch, Rechtsmittel) findet sich dort.
Gewarnt wird insbesondere vor der sogenannten “Eingliederungsvereinbarung”, die das Bürokraten-Opfer in die Sanktionsfalle locken soll. Dabei geht das Jobcenter rabiat vor, übt moralischen Druck aus und versucht mit allen Mitteln, die Unterschrift zu erzwingen, kann den Arbeitslosen die „Vereinbarung“ sogar per Verwaltungsakt aufdrücken. KEA-Empfehlung: Gegen bürokratische Sanktionen Widerspruch einlegen, Bedenkzeit fordern, weitere Beratung einholen. Wer freiwillig unterschreibt, wird zum Freiwild und oft mit weiteren Sanktionen gegängelt. Sanktionen dürfen dagegen nicht verhängt werden, wenn die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erlassen wurde.
Auch im Landkreis Harz kämpfen Hartz IV-Opfer um ihre Rechte. Letzte Woche stellte ein Drangsalierter sogar Strafanzeige gegen eine Mitarbeiterin der „Rechtsstelle“ der Kommunalen Beschäftigungsagentur Landkreis Harz. Grund: Verstoß gegen die „Verletzung von Privatgeheimnissen“ und „Üble Nachrede“. Gleichzeitig wurde beim Sozialgericht Eilklage eingereicht, wegen Verletzung des „Sozialgeheimnisses“ und des „Schutzes der Sozialdaten“. Der betroffene 60-jährige Kleinunternehmer soll anscheinend durch massive Schikanen dazu gebracht werden, seine mehr als 20-jährige Selbständigkeit aufzugeben, die durch die Finanzkrise derzeit Aufstockung nötig hat. Eine wildgewordene entmenschende Bürokratie ist auch in diesem Fall zu erahnen, dabei geht es offenbar weniger um das Geld als um die Schaffung eines Klimas der Angst bei den unteren 50 Prozent der Bevölkerung: Der Kleinunternehmer hatte dem Jobcenter vorgerechnet, dass die getroffenen Sanktionen den Steuerzahler fünfmal teuerer kommen, als wenn man ihm sein Kleingewerbe ließe. Die Installierung des Hartz IV-Regimes, daran sollte erinnert werden, verdanken wir der rotgrünen Bundesregierung unter Schröder (heute im Gasgewerbe) und die SPD scheint sich heute nicht nur durch ihren Rechtspopulisten Sarrazin am billigen und sozialpolitisch feigen Multikulti- und Proll-Bashing zu beteiligen.