Samstag , 20 April 2024
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Eine Niere für die Freiheit!

nierenKönnen Sie sich vorstellen, für die Freiheit eine Niere zu verkaufen? Wohl kaum, weil Freiheit in unseren Breiten als Selbstverständlichkeit betrachtet wird – und das sollte sie auch sein! Im Iran ist das allerdings anders. Dort ist es „normal“, seine Niere zu verkaufen, um sich aus finanziellen Nöten zu retten, oder, um sich mit dem Geld (bis zu 23.400 Euro ist so ein Organ wert) den Weg in die Freiheit bahnen zu können. Farhat (richtiger Name ist der Redaktion bekannt) konnte sich vorstellen eine Niere zu verkaufen.

Als die Torturen der iranischen Regierung begannen, konnte er sich nichts anderes mehr vorstellen. Der 23-Jährige, dessen Familie aus Afghanistan stammt, was im Iran mit „Menschen zweiter Klasse“ gleichgesetzt wird, hatte nicht die Mittel um die Schlepper zu bezahlen, aber für ihn war klar: „Ich muss hier weg!“ Farhat arbeitete in der – ohnehin überschaubaren – Tourismusbranche. Demzufolge hatte er viel mit Menschen aus dem Westen (USA, Europa, Australien, …) zu tun. Eines Tages kam man bei der iranischen Regierung auf die Idee, dass er ja genauso gut als Spion arbeiten könnte. Also begann man ihn zu bespitzeln, ihn zu verhören und ihn auch immer öfter zu quälen.

Schon aus moralischen Gründen – er entstammt einer afghanischen Familie –, wäre Farhat nie auf die Idee gekommen, für die USA zu arbeiten. Er weiß genau, was die USA den Taliban beigebracht haben, dass sie es waren, die diese Terrororganisation dazu machten, was sie heute ist. Nie im Leben wäre es ihm in den Sinn gekommen, für die US-Regierung zu arbeiten. Dafür hatte er zu viele Insider-Informationen aus jenem Teil der Familie, die in Afghanistan geblieben ist.

Argumente, die bei Ahmadinedschads Verhörspezialisten auf taube Ohren stießen. Die Torturen nahmen kein Ende und die körperlichen und vor allem seelischen Qualen wurden für Farhat immer unerträglicher. Mit seinem Gehalt von rund 300 US-Dollar pro Monat war nicht daran zu denken, Schlepper zu bezahlen. Um die 5.000 Euro kostet die Flucht aus dem Iran nach Europa. Andererseits wuchs der Wunsch diesen Repressalien zu entfliehen, und zwar so rasch als möglich.

Dass der Organhandel fröhliche Blüten treibt, und die wohlhabenden Menschen auch diesbezüglich keine Nachteile haben, das kann sogar in unseren Breiten nicht mehr verdrängt werden. Im Iran stehen Deals wie diese an der Tagesordnung und sind Usus. Der Preis einer Niere hängt vom Reichtum des Empfängers ab. Üblich sind zwischen 20.000 bis 30.000 US-Dollar (15.600 bis 23.400 Euro). Meist werden rechte Nieren gewünscht. Mit diesem Geld wollte sich Farhat nach Europa durchschlagen.

Der Schritt zu diesem Geschäft war für ihn keine Überlegung, es war ein Entschluss. Auf wenig Gegenliebe stieß diese Idee aber bei der Familie von Farhat. Vor allem die Mutter konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sich ihr Sohn für Geld eine Niere entfernen lassen wollte. Also startete die Familie eine Kollekte und sammelte alles Geld zusammen, das irgendwie aufgetrieben werden konnte. Schließlich hatte man den Betrag zusammen und damit war das Thema „Nierenspende“ dann auch erledigt. Drei Monate war Farhat auf der Reise (oder besser gesagt auf der Flucht) nach Europa. In dieser Zeit wurde er drei Mal verhaftet, legte rund 350 Dschungel- und Bergkilometer in finsterer Nacht zu Fuß zurück und ist jetzt – vorerst zumindest – in Sicherheit. Und seine Nieren auch.

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