Donnerstag , 25 April 2024
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Yoga: Atemübungen und Sitzhaltung

padmasana_girlObwohl es sich beim Atmen um eine der wirklich wichtigsten Körperfunktionen handelt, schenken wir dieser nur sehr selten Aufmerksamkeit. Alle verschiedenen Konzepte der Yoga-Lehre erachten Atemübungen, korrekt Pranayamas genannt, als unverzichtbaren Bestandteil zur Verbesserung der Gesundheit, der Konzentration und letztendlich der Selbstfindung. Auch wenn vom Yoga-Neuling die physischen Übungen vorerst gewiss als nützlicher erachtet werden, stellen sich die positiven Effekte bei regelmäßiger Ausführung von Pranayamas sehr rasch merklich ein. Der Yoga-Lehre entsprechend, atmen wir nämlich nicht nur Luft, sondern auch Prana.

Forscher, die sich auf die natürliche Erhaltung unserer Gesundheit spezialisieren, verweisen immer wieder auf die Wichtigkeit der Atmung. Nachdem die Energie, die wir durch Nahrungsmittel zu uns nehmen, für den Verbrennungsprozess Sauerstoff benötigt, entspricht es zweifellos der Logik, dass es sich bei der Atmung um eine der wichtigsten Körperfunktionen handelt. Schließlich wissen wir alle, wie kurz die Zeitspanne ist, die wir ohne Luft überleben können.

Beim Beobachten der eigenen Atmung handelt es sich um einen der seltenen Vorgänge, bei denen wir selbst, und nicht äußere Eindrücke, im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen. Dass ein tiefer Atemzug innerhalb weniger Sekunden unseren Geist erfrischt, haben wir oft genug erlebt. Auch wer Leistungssport betreibt, ist mit der Wichtigkeit der richtigen Atmung bestens vertraut.

Beim Durchführen von Pranayamas handelt es sich bei der Versorgung mit Sauerstoff jedoch nur um einen willkommenen Nebeneffekt. Die Bezeichnung besteht aus zwei Begriffen: „Prana“ und „Ayama“. Wie die meisten Sanskrit-Wörter, lässt sich auch Ayama nur andeutungsweise übersetzen. Es bedeutet so viel wie kontrollieren, beeinflussen, beachten, steuern. Und Prana lässt sich am besten als „Lebensenergie“ verstehen. Luft bzw. Sauerstoff ist nur ein Teil davon. Prana umfasst alle im Äther enthaltenen Energieformen schlechthin. Wärme, Licht, Elektrizität, Magnetismus. All dies inhalieren wir, der Yoga-Lehre entsprechend, mit jedem Atemzug. Mit jedem bewussten Atemzug. Während die Luft unsere Lungen füllt, verteilt sich die gesamte Energie von Prana über ein System von Kanälen, die Nadis genannt werden, in unserem Körper. chakrasDie Yoga-Lehre geht davon aus, dass, parallel zum Netz der Nervenstränge, unser Astralleib durch ein ähnliches Netz von Nadis durchzogen ist. Die als Chakras bezeichneten Energiezentren, auf die wir zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführlich zu sprechen kommen werden, stehen in direkter Verbindung mit diesen Nadis. Chakras werden generell als Lotusblüten mit einer bestimmten Anzahl von Blütenblättern dargestellt, wodurch die Verbindung mit Nadis repräsentiert wird.

Die Chakras sind durch einen Kanal, der unserer Wirbelsäule entlang läuft, verbunden. Neben diesem Kanal befinden sich die beiden Hauptstränge der Nadis. Der rechte trägt den Namen Ida, und wird mit Prana versorgt, wenn wir durch die linke Nasenöffnung einatmen. Der linke Strang heißt Pingali und steht mit der rechten Nasenöffnung in Verbindung.

Lassen Sie sich durch diese Details aber vorerst nicht verwirren. Nehmen Sie einfach eine gerade Sitzhaltung ein. Es spricht nichts dagegen, auf einem Stuhl zu sitzen, wobei Sie jedoch darauf achten sollten, dass Ihr Rücken wirklich kerzengerade ist. Wenn Sie einen Yogasitz, mit überkreuzten Beinen am Boden, einnehmen, achten Sie darauf, dass Ihre Körperhaltung stabil ist. Beide Knie sollten den Boden berühren (Siddhasana), der Oberkörper aufrecht.

Wenn es die spezielle Übung nicht anders vorschreibt, atmen sie durch die Nase sowohl ein als auch aus. (Daran sollten Sie sich übrigens auch im täglichen Leben gewöhnen.) Füllen Sie Ihren ganzen Oberkörper mit Luft (Vollatmung). Stellen Sie sich beim Einatmen das gesamte Energiespektrum vor, das in Prana enthalten ist. Erlauben Sie Ihrem Geist dabei die Freiheit, Licht, Wärme, Elektrizität, Lebenskraft oder kosmische Energie zu fokussieren. Beim Ausatmen denken Sie an ihre inneren Verunreinigungen, derer Sie sich bewusst entledigen.

handhaltung_pranayamasWie die Abbildung zeigt, sollten Sie beim Verschließen eines Nasenloches eine bestimmte Handhaltung anwenden. Ballen Sie die rechte Hand zur Faust. Üben Sie mit dem Daumen etwas Druck auf den abgewinkelten Zeige- und Mittelfinger aus und strecken Sie gleichzeitig den kleinen und den Ringfinger gerade weg. Danach strecken Sie auch den Daumen. Wenn Sie mich jetzt fragen, warum die Nasenlöcher nicht einfach mittels Daumen und Zeigefinger verschlossen werden, muss ich Ihnen leider die Antwort schuldig bleiben. Doch jeder Yoga-Lehrer gibt es auf diese Art weiter, weil er es von seinem eigenen Lehrer so übernommen hat. Es gibt beim Yoga eine ganze Menge von Übungen oder Übungsschritten, deren Sinn nicht immer von Anfang an deutlich wird.

Dieserart verschließen Sie nun das rechte Nasenloch mit dem Daumen und atmen langsam und ruhig durch das linke Nasenloch ein und anschließend durch das gleiche Nasenloch wieder aus. Nach fünf oder sechs Atemzügen führen Sie eine leichte Drehung mit der Hand aus, um das linke Nasenloch mittels kleinem und Ringfinger zu verschließen. Wiederholen Sie die Übung, die Nasenlöcher abwechselnd, zwei- bis viermal.

Nach einigen gelösten Atemzügen durch beide Nasenöffnungen, verschließen Sie wieder zuerst das rechte Nasenloch, atmen somit durch die linke Öffnung ein, atmen aber auf der rechten Seite aus. Sie atmen rechts ein und links aus. Führen Sie zehn bis zwanzig Atemzüge auf diese Art durch. Im Anschluss folgen wiederum vier bis fünf Züge durch beide Nasenöffnungen.

Wenn Sie Ihre Hand zum Verschließen der Nasenlöcher nicht benötigen, lassen Sie beide Hände auf Ihren Knien ruhen. Wenn Sie möchten, können Sie Ihre Handflächen dabei nach oben richten und einen Kontakt zwischen Daumen und Zeigefinger herstellen, was sich günstig auf den Energiefluss im Körper auswirken soll.

Jetzt atmen Sie tief durch beide Nasenlöcher ein. Atmen sie sogleich zur Hälfte wieder aus und dann wiederholen Sie zehn ganz kurze Atemzüge im Sekundenrhythmus, wobei sie immer etwas mehr Luft ausatmen als Sie einatmen. Zur besseren Veranschaulichung über die Art des Ausatmens, stellen Sie sich vor, Sie spazieren durch die Straßen oder über einen Marktplatz, in beiden Händen Taschen tragend. Plötzlich setzt sich eine Fliege auf Ihre Nase. Was tun Sie?

Genau so wie sie die Fliege wegzublasen versuchen, atmen Sie kräftig aus. Beim Einatmen nehmen Sie immer deutlich weniger Luft auf. Nach dem zehnten Ausatmen, sollten Ihre Lungen geleert sein. Diese Zahl können Sie mit der Zeit auch steigern. Diese Übung reinigt nicht nur die Nadis, sondern auch die physischen Atemwege. Sollten Sie leicht zu Husten beginnen, handelt es sich dabei um eine durchaus erwünschte Reaktion zur Reinigung.

Bei der nächsten Übung atmen Sie wieder durch beide Nasenöffnungen ein. Wie immer ruhig und entspannt. Ohne die Luft anzuhalten, atmen Sie, nun wesentlich langsamer, wieder aus. Der Vorgang des Ausatmens soll doppelt so viel Zeit in Anspruch nehmen wie das Einatmen. Sie können im Geist zählen oder, wenn Sie mit Mantras vertraut sind, ein solches wiederholen. Etwa drei kurze „Ohm“ beim Einatmen und sechs beim Ausatmen. Oder auch ein längeres Mantra mit dem Sie vertraut sind. Diese Übung wiederholen Sie zehn bis zwanzig Mal.

Möchten Sie die Wiederholungen exakt zählen, so können Sie die Fingerkuppen zu Hilfe nehmen, um Ihren Geist nicht durch das Zählen zu belasten. Jeder Finger besteht aus drei Teilen. Berühren Sie mit dem Daumen zuerst die vorderste Kuppe des Zeigefingers, danach die mittlere und dann die unterste. Das gleiche wiederholen Sie mit dem Mittelfinger usw.

Bei der nächsten Übung, die sowohl dem Körper als auch dem Geist Kühlung verschafft, atmen Sie durch den Mund ein. Strecken Sie Ihre Zunge heraus und formen Sie damit ein „U“. Atmen Sie tief durch die gewölbte Zunge ein, bis Ihre Lungen restlos gefüllt sind und dann langsam durch die Nase wieder aus. Es reicht, wenn Sie diese Übung zehnmal wiederholen.

Es gibt natürlich noch weitere Techniken, die bestimmten Funktionen dienen. Auch auf solche werden wir noch zu sprechen kommen. Für den Anfang reicht es aber durchaus, wenn Sie nach den Asanas die beschriebenen Übungen durchführen. Selbstverständlich können Sie auch während des Spazierens oder beim Autofahren praktizieren. Sie werden die positiven Auswirkungen auf Ihre Entspanntheit rasch feststellen.

Warnend möchte ich auf Atemübungen verweisen, die von neu gegründeten Organisationen verbreitet werden und zu sogenannter Hyperventilation führen können, wobei es sich um eine durchaus gefährliche Überversorgung des Gehirns mit Sauerstoff handelt. Von Übungen, die wiederholtes und rasches Einatmen erfordern, rate ich die Finger zu lassen.

Verbesserung der Sitzhaltung

Auch wenn ich anfangs erwähnt habe, dass Sie zum Sitzen einen Stuhl verwenden können, so ist einer korrekten Yoga-Haltung natürlich der Vorzug zu geben. Auch für noch zu erklärende Meditations- und Konzentrationsübungen ist eine solide Sitzhaltung empfehlenswert. Wie Sie vielleicht schon selbst feststellen konnten, reicht es nicht wirklich, den sogenannten Schneidersitz einzunehmen. Der Oberkörper ermüdet dabei, der Rücken wird rund, die Schultern hängen herab. Für Ungeübte ist es aber nicht einfach, eine Haltung einzunehmen, bei der beide Knie den Boden berühren. Dafür gibt es aber eine einfache Übung, bei der nichts anderes als die Schwerkraft ihre Wirkung zeigt.

sitzuebung1Setzen Sie sich mit gestreckten Beinen auf den Boden, den Oberköper gerade. Jetzt winkeln Sie das rechte Bein an und platzieren die Ferse auf dem linken Oberschenkel. Verharren Sie für kurze Zeit. Dann winkeln Sie das linke Bein ab, so dass der Fuß etwas vor dem rechten Unterschenkel am Boden ruht. Halten Sie Ihr Bein mit beiden Händen. Abhängig von Ihrer Gelenkigkeit, ragt das rechte Knie mehr oder weniger in die Höhe.

Um sich die Zeit des Wartens zu vertreiben, können Sie jetzt Ihre Nackenmuskeln lockern. Heben Sie ihren Kopf langsam nach hinten und senken Sie ihn danach so weit wie möglich nach vorne. Führen Sie jede Bewegung des Kopfes ausnahmslos extrem langsam aus. Ein derartiges „Nicken“ sollte etwa fünf Sekunden in Anspruch nehmen. Wiederholen Sie es zehn- bis zwanzig Mal. Richten Sie danach Ihren Oberkörper so gerade wie möglich und Sie werden sehen, dass Ihr rechtes Knie plötzlich gar nicht mehr so sehr in die Höhe ragt.

Jetzt drehen Sie Ihren Kopf von links nach rechts, wieder nach links usw. Wiederum extrem langsam.

sitzuebung2Ob es Ihnen wirklich gelingt, die Ferse am Oberschenkel zu behalten und gleichzeitig mit dem Knie den Boden zu berühren, hängt nicht nur von Ihrer Gelenkigkeit, sondern auch von Ihrem Köperbau ab. Lassen Sie die Ferse auf den Boden zwischen Ihren Beinen gleiten, müsste das rechte Knie der Unterlage zumindest sehr nahe kommen. Schieben Sie jetzt einen Polster unter Ihr Gesäß, ist der Bodenkontakt mit Sicherheit gegeben.

Strecken Sie beide Beine ordentlich durch und wiederholen Sie den Vorgang mit der linken Ferse am rechten Oberschenkel. Jetzt lassen Sie Ihren Kopf kreisen. Ist es beim „Ja- und Nein-Sagen“ schon äußerst empfehlenswert, die Bewegungen langsam durchzuführen, beim Drehen des Kopfes wird es noch wesentlich wichtiger. Durch diese Übung lockern Sie nicht nur die Muskulatur des Halses und des oberen Rückens, sie hilft auch, Kalkablagerungen an den Nackenwirbeln abzubauen.

Nachdem Sie mit Ihrem Kopf etwa zehn Kreise im und zehn gegen den Uhrzeigersinn durchgeführt haben, sollte nun auch Ihr linkes Knie den Boden berühren. Pressen Sie eine Ferse zwischen den Beinen an den Körper und legen den andern Fuß darauf, dann haben Sie eine Haltung eingenommen, die als Siddhasana bezeichnet wird.

siddhasana12

Quälen Sie sich nicht, und fügen Sie sich vor allem keine Verletzungen zu, um den Lotussitz, Padmasana, einzunehmen. Zeigt sich aber kein nennenswerter Widerstand, so führen Sie diesen folgendermaßen durch:

Wie schon zuvor beschrieben, ruht ein Fuß abgewinkelt am inneren Teil des Schenkels. Der Unterschenkel berührt bis zum Knie den Boden (und wenn dies nicht gelingt, bemühen Sie sich erst gar nicht weiter). Unter Zuhilfenahme der Hände, platzieren Sie nun den anderen Fuß auf den Unterschenkel, auf der Höhe des Knöchels. Üben Sie auf keinen Fall Gewalt an. Wenn sich das Bein nicht völlig schmerzfrei anheben lässt, unterlassen Sie den Versuch. Durch wiederholtes Durchführen der beschriebenen Übung, kann es Ihnen aber trotzdem mit der Zeit noch gelingen, einen Lotussitz einzunehmen. Wenn nicht, machen Sie sich darüber keine Kopfzerbrechen. Wenn Sie Ihre Atem- und Konzentrationsübungen sowie Ihre Meditation im Siddhasana ausführen, erfüllt dies vollkommen den Zweck.

Der nächste Beitrag, am kommenden Sonntag, wird sich mit Konzentrationsübungen und der Bedeutung des Bewusstseins auseinander setzen. Bis dahin wünsche ich eine entspannende Woche.

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