Donnerstag , 18 April 2024
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Antidemokratisch und trotzdem offiziell anerkannt: Die Zeugen Jehovas

zeugen_jehovasDie Zeugen Jehovas – wer kennt sie nicht, jene von ihrer Mission Überzeugten, die stets Ausschau nach Menschen halten, die mit ihrem Leben so ganz und gar nicht zufrieden sind. Entweder stehen sie an den belebten Plätzen unserer Stadt, halten dort stumm geduldig ihre Zeitschriften in die Höhe, oder sie klingeln an den Türen der Häuser und Wohnungen. In der Regel zu zweit. Das Angebot ist dasselbe: „Wir kommen mit einer frohen Botschaft!“ Sie meinen es gut, sie meinen es ehrlich, diese bescheiden auftretenden Zeugen ihres Gottes. Daran hege ich keinen Zweifel. Hier und dort treffen sie auch auf Interessierte, auf Leute, die eine gewisse Verbundenheit verspüren. Aus welchem Grunde auch immer.

Es ist mir durchaus klar, dass der eine oder andere Zeitgenosse seine Hände nach einer spirituellen Hilfestellung ausstreckt, nach einem Geländer – wenn ich es mal so formulieren darf -, an dem entlang er sich durch sein Dasein tasten kann. Allein daran erkenne ich weder Neues noch Negatives, obwohl ich persönlich diesen Drang in keinster Weise verspüre, ja jenen Krücken mit einem gewissen Misstrauen begegne. Der Bedarf nach Glückseligkeit, vermittelt durch eine religiöse Vereinigung, der wird von jeher von einer großen Nachfrage begleitet. Und an dieser Stelle betreten sie die Bühne des Lebens, die Seelenfänger, mit ihrem recht simplen Weltbild. Hier wird dann der Suchende mit der alles umfassenden Erläuterung bedacht, die ihn ohne jeden Umweg stracks zur Erleuchtung führt.

Wir basteln uns ein Paradies: Hier die Guten, dort die Bösen. Hier die Lüge, dort die Wahrheit. Hier der Tod, dort das Leben. Allein bei uns gibt es die Erlösung. Das sagt Gott. Kein Zweifel. Wir haben das Licht. Und nun nimm sie dir, diese Hoffnung. Das war´s dann auch schon. Das Ganze zumeist per ständiger Wiederholung wiederholt, in der Regel in einer höchst eigenen Sprache, rundet harmonisch das Empfangene ab. Gut, sage ich, wer dergestalt seine Zufriedenheit erlangt. Es steht jedem frei selbst zu entscheiden. Jeder soll sich den Pfad aussuchen dürfen, den er meint gehen zu müssen. Das ist heute nicht der Ansatz meiner Bedenken. Was ich hingegen, mit einem Blick auf die Zeugen der Wachtturm-Gesellschaft, für äußerst bedenklich halte, ist nicht allein die Tatsache, dass innerhalb jener Organisation Menschen genau mittels der beschriebenen Hoffnungsmaschinerie eine streng genormte Nivellierung erfahren, eine konsequente Gleichschaltung, ohne die – und das gilt für jede Diktatur – eine Sektenebene nicht lange existent sein kann.

Nein, ich zeige mit Erschrecken darauf, dass einige der für diesen Bereich verantwortlichen Politiker, jenen Machern eine Unbedenklichkeit bescheinigen, indem sie ihnen den Status einer ‚Körperschaft des öffentlichen Rechts‘ zugestehen. Das halte ich für einen fatalen Irrtum. Diese Haltung wäre für mich nur dann nachvollziehbar, wenn es sich herausstellte, dass die besagten Entscheidungsträger entweder nicht ausreichend genug recherchiert haben, oder, falls doch, es ihnen schlichtweg egal ist, welche Spuren jene Endzeitpropheten innerhalb ihrer Kreise hinterlassen. Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren, aber momentan gehe ich davon aus, dass nicht hinlänglich untersucht wurde. Letzteres nicht zuletzt deshalb, weil, wie ich vermute, der hierfür nötige Sachverstand fehlt. Und ja, es ist ja auch alles andere als leicht, hinter die Kulissen einer organisierten Bruderschaft zu blicken, die mittlerweile ziemlich gut darauf vorbereitet ist, genau die Türen verschlossen zu halten, die für einen unangenehmen Durchzug sorgen könnten.

Wäre ausreichend recherchiert worden, ja hätte ein Blick hinter die Schminke stattgefunden, und zwar kompetent, dann wäre es sicher aufgefallen, dass innerhalb dieser Gemeinschaft der zwischenmenschliche Bereich von Glaubenssätzen reglementiert wird, die recht kritikwürdig sind. Die per Hand geschnitzten Dogmen, die sich, was Gängelung betrifft, von denen der christlichen Kirchen erheblich unterscheiden, hätten dann unmöglich übersehen werden können. Wovon spreche ich hier, auf was zeige ich gerade? Da es die Führungsebene der Zeugen Jehovas mittlerweile perfekt versteht, jedem der gegen sie gerichteten Vorwürfe geschickt auszuweichen, ziehe ich es vor, nur einen deutlichen Hinweis darauf zu geben, was künftig genauer unter die Lupe genommen werden muss. Die nachfolgende Auflistung reflektiert sinngemäß wie inhaltlich meine eigene Meinung, die auf die von mir persönlich gemachten Erfahrungen beruht!

Da der Staat des Grundgesetzes, für die Zeugen Jehovas „Bestandteil der Welt Satans“ ist, und die Teilnahme an staatlichen Wahlen von den Zeugen Jehovas als „nicht vereinbar mit dem Willen Gottes“ angesehen wird, frage ich mich, was das für Staatsbürger sind, die mit dieser Meinung durch diese unsere Lande laufen. Die Zeugen Jehovas gefährden grundlegende Prinzipien unserer Verfassung, ja berühren in nicht akzeptabler Weise die Grundrechte Dritter. Die Zeugen Jehovas diskriminieren religiös Andersdenkende, beschneiden somit die Religionsfreiheit. Eingedenk dieser Grundlage, ist das Kindeswohl der innerhalb der Reihen aufwachsenden Kinder nicht nur nicht gewährleistet, sonder wirksam verletzt. So meine Meinung!

Gut, könnte man hier einwenden, solche, oder ähnliche Auswüchse sind es doch letztlich, die eine Sekte kennzeichnen, das dürfte inzwischen genügend bekannt sein. Ja, sage ich, das ist zwar traurig, dennoch aber wahr. Das ist in einer Demokratie kaum per Gesetz zu regeln. Damit muss unsere Gesellschaft fertig werden. Richtig, das mag ich unterstreichen. Aber, gebe ich zu bedenken, das gilt für eine Ebene, die sich auf der Spielwiese der Sekten befindet. Das gilt für ein abgestecktes Terrain, vor dem ausreichend gewarnt wird. Wie eingangs bereits angeführt, gibt es für die dort gelebten Dramen unaufhörlich ein Angebot, das den Bedarf entsprechend spiegelt. Wie ich hoffe, sind wir uns doch aber wohl darüber einig, dass eine Sekte keine Anerkennung, bzw. die damit verbundenen Förderungen, seitens des Staates erfahren sollte. Oder?

„Wir sind keine Sekte!“ Höre ich es lauthals aus den Reihen der Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft rufen, und dieser Ruf erschallt in den vergangenen Jahren des Öfteren durch unsere Republik. „Wir halten uns strikt an Gottes Instruktionen!“ Weshalb die Führung der Zeugen Jehovas so scharf auf den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, das liegt sichtbar auf der Hand: Vergünstigungen, die Geld in die Kasse bringen! Aus dieser Position heraus können sie einerseits von ihren Anhängern eine Kirchensteuer kassieren, und zahlen andererseits weniger Steuern und Verwaltungsgebühren an den Staat. Letztlich dürfte die Tatsache, dass sie dann, genau wie die evangelische und katholische Kirche, in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen festen Platz beanspruchen können, für sie äußerst vielversprechend sein. Letzteres, mit einem Blick auf den Missionierungsdrang dieser Bruderschaft.

Voran im Jahre 2006 Berlin, haben mittlerweile die meisten der Bundesländer die Zeugen Jehovas mit den etablierten Kirchen auf eine Stufe gestellt, indem sie sie nach und nach als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten. Ausschlaggebend dafür mag das im Jahre 2000 gesprochene Urteil des Bundesverfassungsgerichts sein, das nach einem langen Rechtsstreit das letzte Wort sprach, und das zugunsten dieser Gemeinschaft ausfiel. Das Land Rheinland-Pfalz hingegen hat die Zeugen nicht als Körperschaft anerkannt. Der dort seit dem Jahre 1994 amtierende Ministerpräsident Kurt Beck hatte vor zwei Jahren dem Sinn nach erklärt, dass eine derartige Aufwertung der Zeugen Jehovas für ihn nicht leicht zu ertragen sei.

Der aktuelle Stand der Dinge: Mitte Februar des Jahres 2011 teilt das Kultusministerium in Stuttgart mit, dass die Zeugen Jehovas in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden, ergo in beiden Ländern den großen Kirchen nicht gleichgestellt werden. Ihre Lehre, so die verantwortlichen Ministerien, verstoße gegen das deutsche Grundgesetz. Nun steht die Entscheidung in Bremen und Nordrhein-Westfalen noch aus.

© Peter Oebel

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