Ein aktueller Mordfall aus Uganda beschäftigt die Welt. Und auch mich. Vor wenigen Tagen wurde David Kato, seines Zeichens ein bekannter Schwulenaktivist des Landes, vermutlich mit einem Hammer erschlagen. Diesmal scheint nicht die Hautfarbe des Mannes zu Hass und seinem Tod geführt zu haben, sondern die Tatsache, dass sein Inneres für das gleiche Geschlecht schlug und er sich für alle anderen Homosexuellen in seinem Land engagiert eingesetzt hat. 2011 und die Intoleranz hat ein neues Opfer gefunden. Vermutlich nur einer von noch vielen weiteren Opfern, die ihm ins Grab folgen werden, denn neben Uganda gibt es zahlreiche weitere Länder, die nicht ausschließlich und einzig nur Schwule und Lesben verdammen. Auch hier in Deutschland.
David Kato musste stellvertretend für all diejenigen ihr Leben lassen, deren innere Natur sich dafür entschieden hat Zuneigung und körperliches Interesse am gleichen Geschlecht zu empfinden. Nichts hat sich im Denken der meisten Menschen seit Jahrzehnten bei diesem Thema verändert und ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass auch heute noch zahlreiche Männer und Frauen davon reden, dass „diese Leute vergast gehören“. Dass solche Aussagen ein einziges Armutszeugnis für die Aussprechenden ist, muss ich hier wohl kaum erwähnen. Ebenso wenig all die heftigen Debatten, die derartig saudumme Sprüche ausgelöst haben. Intoleranz vom Feinsten und das in vielen Bereichen des Lebens, denn das Thema Homosexualität ist nur eines von vielen, die aufzeigen wie intolerant doch die Menschheit ist. Auch wenn sie es kaum öffentlich zugibt, sondern lieber hinter vorgehaltener Hand und hinter dem Rücken von einzelnen hetzt, mobbt und tötet.
Doch welch Verlogenheit verbirgt sich eigentlich hinter der Tatsache der ach stets so laut ausgesprochenen Toleranz? Wir tolerieren, dass man uns Dioxin unter die Lebensmittel jubelt, lassen uns genmanipulierte Nahrungsmittel kredenzen, akzeptieren dass in China oder den USA die Todesstrafe praktiziert wird und aktiv zum Tode vieler, nicht selten unschuldiger Menschen führt. Aber zeigen uns intolerant gegenüber Rauchern, „Fleisch- oder Müslifressern“ und finden es abnormal, wenn die Nachbarin sich trotz drei Kindern scheiden lässt.
Wir tolerieren, dass es Staatsoberhäupter gibt, die ihr Volk auch im Jahr 2011 kleinhalten und dafür sorgen, dass Erwachsene wie Kinder verhungern müssen, weil der Profit und der Starrsinn der Entscheider wichtiger ist. Tolerieren aber keineswegs, wenn Menschen sich innerhalb einer Religion Kraft und Sinn für ihr Leben holen. Wir akzeptieren, dass Kindern das Lachen oder das Spielen auf Grünflächen gerichtlich untersagt wird, aber tolerieren nicht den Jugendlichen, der sich durch eine wilde Frisur oder ungewöhnliche Kleidung seinen Weg ins Erwachsenenalter sucht. Wir tolerieren täglich die öffentlich dargestellte und verbreitete Pornografie, akzeptieren dem gegenüber aber nicht, dass alte Menschen ebenfalls noch Gefühle leben möchten.
Wer braucht bei all dem noch einen realen Hammer? Dieser schwingt imaginär ständig in den Händen und Köpfen vieler. Hier und weltweit. Wie viele Jahrhunderte braucht die Menschheit noch, um sich in wahrer Toleranz zu üben? Wer denkt darüber nach, dass vielleicht auch andere uns einmal mit tiefem Hass, Neid und Intoleranz verletzend oder tödlich begegnen, nur weil wir nicht in eine Schublade passen? Wer hält dann den Hammer von unserem leicht zerbrechlichen Schädel fern? Ich hoffe, dass Sie, meine geschätzten Leser, nicht in die Quere intoleranter Menschen gelangen und noch mehr hoffe ich, dass Sie selbst wissen, was es bedeutet wahrhaft tolerant zu sein und danach zu leben. Oder, sollte dem nicht gänzlich der Fall sein, Sie sich darin üben ehrlich tolerant zu werden.
Herzlichst
Ihre Claudia